Boxen, Ringen, Gut Punching

Kampfsport als Sexfantasie: „Fight Club“ im Böse Buben

13. Apr. 2023 Philip Eicker
Bild: canva

Im „Fight-Club“ treffen sich schwule und bisexuelle Männer, um gegeneinander zu kämpfen – weil sie gerade das sexuell reizvoll finden. Gastgeber Leo*, ein leidenschaftlicher Hobby-Ringer, zeigt ihnen die richtigen Griffe und passt auf, dass sich niemand ernsthaft verletzt

Als Leo vor mehr als zehn Jahren anfing, Kampfsport zu trainieren, ging ihm vieles durch den Kopf – aber an Sex dachte er sicher nicht. Eher ans nackte Überleben. Mixed Martial Arts waren für den heute 42-Jährigen in erster Linie Selbstverteidigung: Mit Hieben und Tritten im Stehen und mit Ringergriffen auf dem Boden wollte er sich im Notfall zur Wehr setzen – gegen Neonazis und andere gewalttätige Homo-Hasser.

„Die sind in der Slowakei und in Polen leider noch immer sehr präsent“, berichtet der Programmierer, der mittlerweile in Berlin lebt. Mit Anfang 30 trainierte er in der Höhle der Löwen: In seinem slowakischen Gym standen viele Mitkämpfer unter dem Einfluss der rechten Propaganda von der angeblichen Gender-Lobby, die traditionelle Familien bedrohen würde. „Wenn die gleich am Anfang erfahren hätten, dass ich schwul bin, wäre ich nicht in Berlin, sondern im Grab gelandet“, sagt Leo.

Aber im Laufe von zwei Jahren habe er das Vertrauen seiner Trainingspartner gewonnen, ihre Ängste vor Schwulen hätten nachgelassen. „Und am Ende waren es diese hetero Jungs, die mir nach meinem unfreiwilligen Coming-out neue Hoffnung gegeben haben.“

Verschmelzung von Sex und Sport

Dass Kampfsport auch eine Sexfantasie sein kann, hat Leo erst vor fünf Jahren erfahren. Damals war er schon in Berlin und wollte einen Selbstverteidigungskurs für Schwule organisieren. „Anstatt zu lernen, wie man sich gegen Homophobie verteidigt, wollten einige Leute Sex von mir“, erinnert er sich. Inzwischen macht es ihm Spaß zu erkunden, wie Sport und Sex verschmelzen können. Seit dem letzten Sommer organisiert er eine Kampfsport-Party im Berliner Sexclub Bösen Buben. Im „Fight-Club“ gibt es zwar auch Musik und Drinks, vor allem aber wird in zwei Räumen auf Ringermatten gekämpft – so lange, bis einer aufgibt oder Leo sagt: „Es reicht! Sonst verletzt ihr euch noch.“

„Die meisten haben kaum sportliches Vorwissen, aber viele geile Träume im Kopf."

Viele Gäste ringen gleich um 19:00 Uhr los. Andere warten bis 21:00 Uhr. Dann zeigt Leo in seinem Workshop Griffe und Techniken. Im Schnitt kommen rund 20 Männer zum „Fight-Club“, die Altersspanne reicht von 20 bis 50. Sie alle verbindet die Lust auf einen Zweikampf, aber ihre sexuellen Fantasien unterscheiden sich. Die einen reizt das schweißtreibende Ringen auf der Matte, die anderen eher gezielte Schläge auf die Bauchmuskeln, in der Community als Gut Punching bekannt.

„Die meisten haben kaum sportliches Vorwissen“, sagt Leo, „aber viele geile Träume im Kopf. Sie schätzen es, dass ich ihnen ein paar Tricks zeigen und auch Ratschläge geben kann.“ Einer der wichtigsten: Bei Kontaktsportarten bitte kein Metall am Körper tragen! „Auch Ohr- und Piercing-Ringe müssen raus vor dem Kämpfen“, betont Leo. Und wenn im Zweikampf der Druck auf Gelenk, Knochen oder Halsvenen zu groß wird, muss der Unterlegene „abklopfen“, also seine Niederlage einräumen.

„Ich bin angenehm überrascht, dass viele von ihnen die Chance nutzen und gleich nach ihrem Kampf Sex haben."

Im Unterschied zur „Sport-Club-Party“ bei den Bösen Buben geht es im „Fight-Club“ nicht um den Fetisch Sportklamotten, sondern um Kontaktsport. „Vor allem das Kräftemessen reizt die Jungs“, berichtet Leo. „Ich bin angenehm überrascht, dass viele von ihnen die Chance nutzen und gleich nach ihrem Kampf Sex haben. Denn das ist ja das Besondere am ,Fight-Club‘.“

Für den Gastgeber bleibt das Ringen vor allem eine sportliche Herausforderung, keine sexuelle. „Aber so ein muskulöser, verschwitzter Ringer mit einem hübschen Arsch ist schon sexy“, räumt Leo ein und beginnt zu philosophieren: Warum findet er den Sportler geil, aber nicht den Sport an sich? „Liegt das an den verschwitzten Körpern? Oder an unserem Bild von extremer Männlichkeit?“ Fetische würden uns wohl schon in der DNA mitgegeben, vermutet Leo. „Was genau der Reiz bei der Sache ist, das ist für jeden Kämpfer verschieden. Aber ich bin froh, dass wir bei den Bösen Buben ein Raum schaffen, wo jeder diese Fantasien, Träume und Fetische sicher erforschen kann.“

Fight-Club, 20.04., 19:00, Böse Buben

boese-buben-berlin.de

*Name von der Redaktion geändert

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