Interview mit dem Regisseur vom Coming-of-Age-Film „Young Hearts"
Im herzerwärmenden „Young Hearts“ verlieben sich die zwei 14-jährige Jungs Elias und Alexander in einer Kleinstadt ineinander. Ein Gespräch mit dem belgischen Regisseur Anthony Schatteman
Die Charaktere in Coming-out-Filmen sind meist in der Pubertät oder noch älter, deine Hauptpersonen Elias und Alexander jedoch sind erst 14. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Mich hat vor einigen Jahren eine Freundin gefragt, welchen Film ich für ihren neunjährigen Sohn empfehlen könnte, der sich wohl in einen Mitschüler verliebt hatte. Mir fiel tatsächlich keiner ein. Denn in allen mir bekannten Coming-out-Filmen oder -Serien gibt es sexuelle Anspielungen, sei es in „Call Me By Your Name“, „Love, Simon“ oder „Heartstopper“. Ich wollte deshalb einen Film machen, den man Menschen in jedem Alter zeigen kann. Mit Hauptfiguren, die gewissermaßen noch völlig unschuldig sind; die zwar die Liebe entdecken, aber noch keine sexuellen Wünsche haben.
Es sieht im Film genauso aus, wie ich meine Kindheit erlebt habe – bis auf die Romanze. Die gab es leider nicht, denn ich war das einzige schwule Kind in der Stadt.
Du hast in „Young Hearts“ auch sehr viel Persönliches eingearbeitet. Wie Elias‘ Vater war auch deiner ein erfolgreicher Sänger und gedreht hast du sogar in deinem Heimatdorf. Das hat sich erst nach und nach so ergeben. Der Plan war lediglich, eine beglückende Familienromanze um zwei schwule Jungs zu drehen. Ich habe dann aber festgestellt, dass in meinem eigenen Leben genug passiert war, was ich in das Drehbuch einbringen konnte. Dass wir in meiner Heimatstadt gedreht haben, war auch nicht vorgesehen. Dazu haben mich die Locationscouts gedrängt. Sie wussten, dass die Inspiration für die Geschichte dort wurzelt, und daher war es naheliegend, auf diesen Straßen auch zu drehen. Es sieht im Film nun also genauso aus, wie ich meine Kindheit erlebt habe – bis auf die Romanze. Die gab es leider nicht, denn ich war das einzige schwule Kind in der Stadt. Aber ich zeige im Film auf utopische Weise, wie ich es mir gewünscht hätte.
Welche Botschaften, hoffst du, nehmen die Zuschauer*innen aus dem Film mit? Es ist heutzutage zwar deutlich einfacher, als queerer Mensch aufzuwachsen, aber es fällt Kindern und Jugendlichen immer noch schwer, über ihre Gefühle zu sprechen. Ich würde mich freuen, wenn der Film solche Gespräche erleichtert.
Ich muss gestehen, dass ich bei diesem Film ein paarmal Tränen in den Augen hatte. Das ist genau, was ich mit „Young Hearts“ erreichen wollte! (lacht)
Wie reagieren denn Kinder auf den Film? Bei der Berlinale lief der Film erstmals in einem Saal voller Kinder und ich war entsprechend nervös. Beim ersten Kuss gab es dann auch laute „Iiihh“-Rufe. Am Ende aber standen die Kids auf den Sitzen und applaudierten. Es war also wirklich cool zu sehen, wie mein Film sie verändert hat und dass sie die beiden Charaktere ins Herz geschlossen haben. Das ist mehr, als ich mir hätte erträumen können.
Young Hearts, Belgien/Niederlande 2024
Regie und Buch: Anthony Schatteman
Mit Lou Goossens, Marius De Saeger, Geert Van Rampelberg u. a.
Ab 16.01. im Kino
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