„The BB Show“ im SO36

Interview mit Bleach: „Ich bin eine Rockstar-Dragqueen“

4. Dez. 2024 Emma Meyer
Bild: Javier Alejandro Cerrada
Berliner Dragikone Bleach beim Cover Shooting für SIEGESSÄULE.

Ob bei Demos, Dragshows, Karaoke-Nächten oder Partys ... Bleach ist überall! Mit ihren subversiven Performances hat sich die punkige Reinkarnation von Marilyn Monroe einen Namen im Berliner Underground gemacht. Am 5. Dezember lässt sie es mit ihrer großen Revue „The BB Show“ im SO36 krachen. Anlass genug für ein Treffen mit der provokanten Dragqueen

Bleach, was hat dich nach Berlin gebracht? Ich bin in Essex in England aufgewachsen, aber meine Mutter ist Schwedin, also zog ich mit 16 für ein paar Jahre nach Schweden. Dort gab es nicht wirklich eine Dragszene, also zog ich nach Berlin, nachdem mich eine Cousine, die ich erst zweimal getroffen hatte, einlud, ein Café mit ihr aufzumachen. So entstand das kleine vegane homosexuelle Café Valentin in Kreuzkölln – ein Ort, an dem Poledance und Kabarettnächte verschmolzen, und der Ort, an dem ich in Berlin mit Drag begann.

Was hat dich inspiriert, in die Welt des Drags einzutauchen? Schon als Kind liebte ich Punk und diese Bowie-Performance von „Boys Keep Swinging“. Später, in Stockholm, war ich von der großartigen Admira Thunderpussy fasziniert. Für mich lässt sich Drag am besten als „trashig, queer und unterhaltsam“ beschreiben. Wenn ich an Drag denke, denke ich an Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben und ihre eigene Welt erschaffen.

Deine Auftritte kombinieren Elemente von Punk, Trash und Glamour. Wie würdest du deine Dragpersona beschreiben? Ich bin eine Rockstar-Dragqueen. (lacht) Die Punkszene Berlins und die Weisheit älterer Queens haben mich enorm beeinflusst. Besonders jetzt, wo wir die Zerstörung der Welt miterleben, ist dies ein Weg, aktiv gegen das, was geschieht, zu protestieren. Wie könnte man die Realität besser dekonstruieren, als sich zu verkleiden, auf Tische zu steigen und darüber zu schreien?

Bild: Javier Alejandro Cerrada
Für Bleach ist Drag „trashig, queer und unterhaltsam“.
„Drag ist mehr als eine Performance – es ist eine Kunstform, die im Widerstand wurzelt und die eine enorme Wirkungskraft besitzt.“

Dragkultur ist in den letzten Jahren zunehmend Mainstream geworden. Was hältst du von diesem Wandel? Es ist entscheidend, die Geschichte von Drag zu ehren und den gesamten Prozess dahinter wertzuschätzen. Drag ist mehr als eine Performance – es ist eine Kunstform, die im Widerstand wurzelt und die eine enorme Wirkungskraft besitzt. Wir müssen uns gegen die Kommerzialisierung unserer Queerness wehren.

Du lebst in einer Beziehung mit einer anderen Dragperformerin, Nancy Nutter. Zusammen führt ihr zahlreiche Projekte – Dragshows, Partys, Festivals, Filme ... Wie beeinflusst diese Mischung aus persönlicher und künstlerischer Zusammenarbeit deine Dragpraxis? Nancy und ich nennen uns gerne heterosexuelle Dragpartner. Wir haben einmal eine Show gemacht, in der wir Heterosexualität auseinandergenommen haben, was eine großartige Erfahrung war. Unsere nächtlichen Brainstorming-Sessions sind pure Magie. Bei meiner „BB-Show“ ist sie von Anfang an dabei, als Produzentin.

Ob bei Demos oder Kultur-Events, du setzt dich für trans* und queere Rechte ein. Dieses Jahr hast du zum Beispiel den Kampf für den Erhalt des Tuntenhauses unterstützt. Wie beeinflusst dein Aktivismus deine künstlerische Ausdrucksweise? Als Dragkünstlerin sehe ich es als meine Verantwortung, mich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Ich würde mich selbst nicht so hochtrabend als Aktivistin bezeichnen, ich bin eine Entertainerin. Wenn mich aber jemand vor ein Publikum stellen will, um eine Botschaft zu verbreiten, ist es mir eine Ehre.

Kannst du einen Vorgeschmack deiner „BB Show“ geben? Wer genau ist Babychino? Babychino ist ein nackter Nympho-Junge, eine sanfte Version meiner queeren Männlichkeit, während Bleach das genaue Gegenteil ist: wütend, schreiend, fast gewalttätig. Die „BB-Show“ ist ihre jährliche Kollision. Bleach wird immer wütender, stirbt und wird als Babychino wiedergeboren. Die diesjährige Show ist eine wilde Zusammenarbeit mit über 20 Performer*innen, darunter die Punkband PunXnKWeenZ. Die Zuschauer*innen werden auch einige meiner Monster-Ronson’s-Veranstaltungen erleben, wie Poppers oder Naked Karaoke. Im SO36 aufzutreten, wo einst Legenden wie Bowie und Iggy Pop spielten, ist ein Traum. Drei Stunden lang lebe ich meine Rockstar-Fantasie!

Bild: Javier Alejandro Cerrada
Dragqueen Bleach im weihnachtlichen Look.

Du hast physische Werbematerialien für diese Show erstellt. Was ist deine Vision dahinter? In einer Welt, in der alles digital ist, wollte ich wieder echte, greifbare Verbindungen schaffen. Zusammen mit meinem langjährigen Fotografen und Dragkid Javier Alejandro Cerrada habe ich Poster, Flyer und Tickets entworfen, die man tatsächlich in der Hand halten kann. Es geht darum, von unseren Handys wegzukommen und sich wirklich zu engagieren.

Was bringt die Zukunft für dich? Im Moment arbeite ich an einem Konzept namens „B Merch“: eine Show rund um meinen Merchandise. Wir Künstler*innen sollten unsere eigenen wirtschaftlichen Systeme schaffen, den Internetgiganten trotzen und unsere Kunst zurückerobern.

„Als ich nach Berlin kam, wollte ich unbedingt auf dem Cover der SIEGESSÄULE sein, und sechs Jahre später passiert es!“

Ein letztes Wort? Kindheitsträume werden wahr! Als ich nach Berlin kam, wollte ich unbedingt auf dem Cover der SIEGESSÄULE sein, und sechs Jahre später passiert es!

The BB Show
05.12., 22:00, SO36
so36.com

Folge uns auf Instagram

#Drag#SO36#Performance#Show#Kunstform#Widerstand#Karaoke#Drag Performance#Bleach#The BB Show#Underground#Interview

Das Siegessäule Logo
Das Branchenbuch mit Haltung
Queer. Divers. Überzeugend.