Gesundheit

Infektion mit „Affenpocken": Ruhe vor dem Sturm?

14. Nov. 2022 Axel Schock

Aktuell ist die Zahl der „Affenpocken“-Fälle stark rückläufig. Ist der Ausbruch also bereits überstanden? Oder ist zu befürchten, dass jederzeit eine neue Infektionswelle starten könnte?

Mit wem man derzeit auch spricht, ob mit Ärzt*innen in den HIV-Schwerpunktpraxen, mit Zuständigen in den offiziellen Impfstellen oder in der Senatsverwaltung, überall ist die Erleichterung zu spüren. Seit Ende Juli gehen die „Affenpocken“(MPX)-Infektionen kontinuierlich zurück, in Berlin bewegt sich die Zahl der wöchentlich registrierten Fälle inzwischen in einem enorm niedrigen einstelligen Bereich.

Und auch bei der MPX-Impfung gibt es Entspannung, nachdem in den letzten Wochen vom Hersteller weitere 146.000 Impfdosen an den Bund geliefert und landesweit verteilt werden konnten. 24.000, und damit der größte Anteil, ging nach Berlin. „Einige Länder verzichten zugunsten stärker betroffener Länder auf ihr Kontingent oder Teile ihres Kontingents“, teilt das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage mit. Doch wie lange wird der Vorrat reichen? Denn viele haben die dringend empfohlene zweite Dosis, mit der die Dauer des Impfschutzes verlängert werden kann, noch nicht erhalten.

Aktuell ist die Impfung vor allem für Männer empfohlen, die Sex mit Männern haben und häufig den Partner wechseln. Sie sind aufgrund des erhöhten Expositions- und Infektionsrisikos besonders gefährdet. Das Robert Koch-Institut schätzt diese Gruppe auf etwa 130.000 Personen. Davon ausgehend orderte das Bundesgesundheitsministerium beim Pharmaunternehmen Bavarian Nordic 261.000 Impfdosen. Viel zu wenig, kritisierten schon vor Monaten Institutionen wie die Deutsche Aids-Hilfe. Dort schätzt man den tatsächlichen Bedarf auf eine Million Impfdosen.

MPX-Ausbruch schwer einschätzbar

In Berlin habe die Nachfrage nach Impfungen gegen „Affenpocken“ von Anfang an das Angebot weit überstiegen, erklärt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung gegenüber SIEGESSÄULE. Auch die seit Oktober neu verteilten Impfdosen werden nicht ausreichen. Das Bundesgesundheitsministerium bleibt vage: Man verfolge „den Impfstoffbedarf sehr aufmerksam“ und beziehe dabei „unter anderem die epidemiologische Entwicklung, Ergebnisse aus dem Impfmonitoring und Erkenntnisse zur Impfbereitschaft ein“.

Tatsächlich lässt sich die weitere Entwicklung des MPX-Ausbruchs nur schwer abschätzen. Die Fallzahlen sind derzeit zwar niedrig, Ursache dafür ist aber nicht zwangsläufig die Impfkampagne, wie Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus, betont. Die Kurve sei bereits nach dem CSD in Berlin deutlich gefallen, bevor in großem Maße geimpft werden konnte. Der Rückgang der Infektionen sei daher wohl vor allem auf Verhaltensänderungen zurückzuführen. Bedeutet im Umkehrschluss: Sobald wieder neue Infektionen nach Berlin gelangen bzw. es wieder mehr Sexualkontakte mit wechselnden Partner*innen gibt, könnte es von Neuem losgehen, erläutert der Wissenschaftler David Hillus im Rahmen einer Veranstaltung des „Berlin Fast Track City Sunnit“.

Schutz von Geimpften

Wie gut sind Geimpfte dann vor einer Infektion oder Erkrankung geschützt? Diese Frage kann derzeit niemand seriös beantworten, weil dazu noch keine klinischen Daten vorliegen. Der zum Einsatz kommende Impfstoff war ursprünglich für klassische Pocken entwickelt worden. Die Wirksamkeit gegen „Affenpocken“ ist zwar belegt, aber bisher noch nicht im Rahmen einer formalen Studie untersucht worden. Diese Lücke will nun ein von Prof. Leif Erik Sander geleitetes Charité-Forschungsteam, zu dem auch David Hillus gehört, mit der bundesweiten Studie „SEMVAc“ schließen.

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