Lamin Leroy Gibba über TV-Erfolg „Schwarze Früchte“

Die Dramedy-Serie „Schwarze Früchte“, die erste öffentlich-rechtliche LGBTIQ*-Show mit mehrheitlich Schwarzem Cast und Crew, ist ein voller Erfolg. Das Maxim Gorki Theater zeigt heute Abend die ersten beiden Folgen mit anschließendem Q&A. Der Showrunner und Hauptdarsteller Lamin Leroy Gibba wird vor Ort sein. SIEGESSÄULE-Autor*in Samu/elle Striewski sprach vorab mit ihm über die Resonanz der Serie, queere BIPoC-Repräsentation und den kreativen Prozess
Lamin, bist du zufrieden mit der Resonanz, die deine Serie „Schwarze Früchte“ erzeugt hat? Absolut! Ich und das Team kriegen über die sozialen Medien extrem viele Rückmeldungen, aber es ist besonders überwältigend, bei Screenings in die Live-Interaktion mit den Zuschauer*innen zu gehen. Es ist toll, jetzt im Austausch zu hören, welche komplexen Ideen und Fragen die Menschen haben. Manche erzählen, dass sie sich selbst in der Geschichte und den Figuren sehen können. All die Details werden tatsächlich wahrgenommen. Das ist sehr berührend, vor allem, weil so viel Arbeit und Herzblut in das Projekt geflossen ist.
Wie kam es überhaupt zu dem Projekt? Das Projekt hat angefangen mit der Idee, eine Serie zu entwickeln, die ich selbst gerne sehen wollte. Das heißt, mit komplexen Schwarzen und queeren Figuren, die im Zentrum der Geschichte stehen, mit Humor, Tiefe und einer ganz eigenen Tonalität. Die beiden Figuren Lalo und Karla standen von Anfang an, dann entwickelten sich Schritt für Schritt die anderen Figuren, die Handlung und dann ging es weiter in Richtung Produktion und es kamen so viele tolle Filmschaffende ins Team. Von der ersten Idee im Sommer 2019 bis zum Release waren es über fünf Jahre. Es ist komisch, jetzt diese langjährige Arbeit an dieser ersten Staffel abgeschlossen zu haben. Aber es freut mich sehr, dass die Serie draußen ist und Leute so viel mit ihr anfangen können.
Somit waren Schwarze und queere Menschen deine erste Zielgruppe? Ja, wir haben uns das Publikum perspektivisch so vorgestellt, wie die Protagonist*innen der Serie. Gleichzeitig bin ich der festen Überzeugung, dass Geschichten universeller werden, je spezifischer sie erzählt werden. Ich denke jede*r kann sich in Aspekten von Lalo und Karla wiedererkennen, auch wenn sie komplett andere Lebensrealitäten haben. Die Reaktionen, die wir bekommen, zeigen, dass sich die unterschiedlichsten Menschen mit den Figuren identifizieren können, und sich insbesondere Schwarze und queere Personen von der Serie gesehen fühlen. Das bedeutet uns so viel!
„Ich bin der festen Überzeugung, dass Geschichten universeller werden, je spezifischer sie erzählt werden.“
War es schwierig, das Drehbuch mit dem Wissen zu schreiben, dass es sowohl an diese bestimmte Community gerichtet ist und gleichzeitig an die breitere Gesellschaft? Nein, weil ich genau aus der Perspektive geschrieben habe, aus der ich selbst über die Welt nachdenke. Auch die anderen Autor*innen und Beteiligten am Produktionsprozess haben ihre eigenen, ganz unterschiedlichen Perspektiven mitgebracht und die sind am Ende alle mit drin. Der Blick von außen, der einem suggeriert, dass die eigene Perspektive in der breiteren Gesellschaft nicht relevant ist, wirkt natürlich auf einen ein. Aber für mich gehört zur Arbeit des Geschichtenerzählens dazu, sich davon zu befreien. Im Kern der Serie, steckt die Selbstverständlichkeit, mit der die Protagonist*innen gezeigt werden, ohne sich erklären zu müssen. Wir wollten einen ehrlichen Einblick in all die widersprüchlichen Tiefen dieser Figuren aufzeigen. Es war toll, mit den Produktionsfirma Jünglinge Film, Studio Zentral und der ARD Degeto zusammenzuarbeiten, denen es wichtig ist, neue Geschichten zu erzählen und damit auch ein neues Publikum zu erreichen.
Welche Hoch- und Tiefpunkte gab es in dem langjährigen Produktionsprozess? Der Showrunner und gleichzeitig Hauptdarsteller der Serie zu sein, war unbeschreiblich viel Arbeit. Aber ich hatte Zeit, mich darauf vorzubereiten. Es war so ein besonderer Moment, als das Team das erste Mal beisammen war. Das war echt ein Highlight. Wir haben viel Zeit in die Team-Zusammenstellung investiert und alle haben so viel Leidenschaft in das Projekt gesteckt und mit den verschiedensten Zugriffen und Ideen das Projekt bereichert. Ich sehe im Endprodukt wirklich den Beitrag jeder einzelnen beteiligten Person. Natürlich gab es auch Herausforderungen, die zu jedem Dreh dazugehören. Dafür braucht es dann einerseits viel Flexibilität und gleichzeitig muss einem selber klar sein, was die Vision der Serie ist. Das war Teil meiner Aufgaben, den Kern des Projekts immer im Blick zu behalten und mit den vielen Beteiligten zu kommunizieren.
„Der Showrunner und gleichzeitig Hauptdarsteller der Serie zu sein, war unbeschreiblich viel Arbeit.“
Wir haben viel über deine Rolle als Autor und Showrunner gesprochen. Wie blickst du auf deine schauspielerische Leistung? Lalo war eine Figur, die ich immer spielen wollte. Ich wollte mich mit der Rolle selbst herausfordern und sie in all ihrer Widersprüchlichkeit verstehen, selbst wenn sie zwischendurch auch Fragwürdiges macht. Im Schreibprozess haben wir alle Figuren immer laut durchgesprochen, weil es uns wichtig war, dass sie alle ihre eigenen Idiolekte haben. Wichtig war für mich, mich schauspielerisch nicht zu früh – also schon Jahre vorm Dreh – vorzubereiten, um am Set noch Überraschungen zulassen zu können. Schauspiel hat für mich viel mit zuhören zu tun und mit der Fähigkeit, auf die anderen Schauspieler*innen und die Regie zu reagieren. Daher habe ich mich beim Spielen selbst am freiesten gefühlt, da konnte, oder musste, ich dann alle anderen Orga-Aufgaben zur Seite schieben. Es ist bereits länger her, dass ich die Rolle gespielt habe und durch den Schnitt habe ich ebenfalls eine weitere Distanz zu ihr aufgebaut. Aber ich weiß, sie wird mich weiter begleiten und ich bin gespannt, wie Menschen weiterhin auf Lalo reagieren!
Worum geht's bei „Schwarze Früchte“?
Lalo (Lamin Leroy Gibba) ist Mitte Zwanzig, Schwarz und queer. Als sein Vater überraschend stirbt, versucht er, den Verlust mit übersteigertem Tatendrang zu verdrängen. Gemeinsam mit seiner besten Freundin Karla (Melodie Simina) driftet er durch Hamburg und versucht, zwischen Dating, Familie, Beruf und Erwachsenwerden seinen Platz im Leben zu finden. Verfügbar in der ARD-Mediathek.
Schwarze Früchte: Screening + Party
Freitag, 31.01, 21:00
Maxim Gorki Theater – Studio Я
Ab 23:00: Party mit ABIBA und NASRA (Hip-Hop, Trap, Breakbeat, Jungle)
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