Grüne Spitzenkandidatin Antje Töpfer: „Wir sehen euch und euer Engagement“
Am Sonntag wählt Brandenburg einen neuen Landtag. SIEGESSÄULE-Autor Christoph R. Alms sprach mit Dr. Antje Töpfer von Bündis 90/Die Grünen über Queerpolitik, Antidiskriminierung und darüber, was am Sonntag auf dem Spiel steht. Die Wissenschaftlerin aus Ludwigsfelde ist die einzige weibliche Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen in Brandenburg
Antje, während Donald Trump wegen der Nutzung eines Songs für seinen Wahlkampf gleich von mehreren Künstler*innen verklagt wurde, darf Kamala Harris das Lied „Freedom” von Beyoncé für ihren Wahlkampf nutzen. Hast du auch einen Song, der dich im Wahlkampf besonders motiviert? Einen bestimmten Song gibt es eigentlich nicht – ich liebe einfach Musik und höre ganz unterschiedliche Genres. Ich mag zum Beispiel total gern Techno, bei dem man so richtig mitgehen kann, aber ich mag auch „Una Mattina” von Ash.
Wurde denn dieser Song bereits auf einem der CSDs gespielt, die du in diesem Jahr besucht hast? „Una Mattina” selbst noch nicht. Das ist aber auch gar nicht schlimm, denn ich liebe die Musik, die auf den CSDs gespielt wird, gerade weil sie eine*n oft so gut mitnehmen und man dazu so gut tanzen kann. Hierfür braucht es dann auch kein bestimmtes Lied.
In Brandenburg startete die CSD-Saison ja bereits im Mai, sie hält noch immer an. Wie viele CSDs in Brandenburg konntest du besuchen? Ich selbst habe es aufgrund der Vielzahl an Terminen als grüne Spitzenkandidatin zur Landtagswahl nicht geschafft, an jedem einzelnen CSD in Brandenburg teilzunehmen. Aber ich war zum Beispiel auf dem ersten CSD in Rathenow im Havelland, auf dem CSD in Frankfurt/Oder und Słubice und ich werde am 21. September am CSD Oberhavel in Oranienburg mitdemonstrieren.
„Wir sind da, wir sehen euch und euer Engagement, wir unterstützen euch und den Einsatz für eine offene und vielfältige Gesellschaft.“
Was war dein bisher schönstes CSD-Erlebnis? Der erste CSD in Rathenow war für mich besonders schön. Diesen fand ich auch sehr wichtig, nicht nur weil es der erste CSD hier überhaupt war, sondern auch, weil es ein eher kleinerer CSD im ländlichen Raum war. Ich finde es ganz, ganz wichtig, gerade bei derartigen, eher kleineren Veranstaltungen ein Zeichen mit meiner und unserer Anwesenheit zu setzen: Wir sind da, wir sehen euch und euer Engagement, wir unterstützen euch und den Einsatz für eine offene und vielfältige Gesellschaft. Gemeinsam gehen wir auf die Straßen für Vielfalt und für Gleichberechtigung von queeren Menschen in diesem Land.
Wie möchtest du CSDs und andere queere Initiativen oder Vereine künftig besser unterstützen? Neben einer angemessenen finanziellen Unterstützung ist vor allem eine gute Vernetzung notwendig. Auch wenn es in diesem Jahr wieder mehr CSDs gab, so sollten wir beispielsweise bei der Terminwahl eine gute Abstimmung und Kommunikation fördern. Dann können wir uns in Brandenburg künftig noch besser gegenseitig bei den jeweiligen Pride-Veranstaltungen bestärken.
Sofern Bündnis90/Die Grünen wieder Teil der Landesregierung werden: Was möchtest du queerpolitisch umsetzen? Wir haben ein queerpolitisches Maßnahmenprogramm und wollen insbesondere den Aktionsplan „Queeres Brandenburg” fortführen, den wir gemeinsam mit Vertreter*innen der Brandenburger Community evaluiert und weiterentwickelt haben. Derzeit planen wir auch den Einsatz gegen queerfeindliche Gewalt zu intensivieren, Beratungsstrukturen zu stärken, queere Geflüchtete und Regenbogenfamilien angemessen zu unterstützen und ein Netzwerk für queere Bildung anzustoßen. Ich möchte außerdem die queeren Initiativen, Vereine und Organisationen in ihren jeweiligen Bedarfen unterstützen. Hierbei ist neben dem Ansatz der sogenannten Trägervielfalt auch entscheidend, Vereine zu finanzieren, die sich in den vergangenen Jahren als verlässliche Kooperationspartner*innen erwiesen haben. Hier ist es mir ein Herzensanliegen, Strukturen für die queere Community in Brandenburg zu verstetigen.
„Es ist mir ein Herzensanliegen, Strukturen für die queere Community in Brandenburg zu verstetigen.“
Gibt es darüber hinaus noch queerpolitische Vorhaben, für die du dich besonders einsetzen willst? Aus den letzten Jahren als Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg habe ich gelernt, dass ein guter Austausch auf Augenhöhe unerlässlich für ein gemeinsamen Vorankommen ist. Deshalb möchte ich noch mehr mit den queeren Akteur*innen ins Gespräch kommen: Was hilft am besten, um die queere Community in Brandenburg zu unterstützen? Was ist für euch das richtige Instrument oder eine geeignete Maßnahme? Die jeweiligen Antworten möchte ich zum Ausgang für das künftige politische Handeln nehmen, anstatt Geld auszugeben, das dann irgendwie verpufft.
Nicht nur auf die Landesebene, auch auf die Bundesebene haben Politiker*innen mitunter sehr konkreten Einfluss, zum Beispiel durch einen Sitz im Bundesrat. Was sagst du zu dem Vorhaben, durch eine entsprechende Änderung ein „Grundgesetz für Alle” zu erhalten? Auf verschiedenen queerpolitischen Veranstaltungen habe ich bereits zugesagt, dass wir uns als Bündnis90/Die Grünen Brandenburg für eine derartige Änderung des Grundgesetzes einsetzen. Nach wie vor sind queere Menschen die einzige unter dem NS-Regime verfolgte Gruppe, die noch immer keinen ausdrücklichen Schutz erhalten. Die Ergänzung um die „sexuelle und geschlechtliche Identität” im Gleichheitsartikel des Grundgesetzes ist also gewichtig. Dafür stehe ich mit meinen Namen ein – selbstverständlich auch als Teil einer etwaigen zukünftigen Landesregierung.
„Das gesamte Landesparlament rutscht ohne die Grünen, aber auch ohne andere progressive Parteien im Landtag sehr weit nach rechts.“
Nicht nur die Grünen, auch die SPD und Die Linke wollen sich hierfür einsetzen. Während die SPD den Gewinn der Landtagswahlen nicht einfach wird, könnten die anderen zwei Parteien sogar an der Fünfprozenthürde am Einzug in den Landtag scheitern. Was bedeutet ein Brandenburger Parlament ohne Bündnis90/Die Gründen oder Die Linke? Das möchte ich mir gar nicht vorstellen. Das gesamte Landesparlament rutscht ohne die Grünen, aber auch ohne andere progressive Parteien im Landtag sehr weit nach rechts. Gute, konstruktive und auch queerpolitisch wichtige Oppositionsarbeit wird es nicht mehr geben. Ich fürchte auch, dass Queerpolitik, aber auch Antidiskriminierungspolitik keine Rolle mehr spielen wird. Der Ton wird ferner rauer und definitiv menschenfeindlicher gegenüber Minderheiten in unserer Gesellschaft ausfallen.
Was wünschst du dir von den Brandenburger Wähler*innen? Bitte gehen Sie und geht zur Wahl und wählt demokratisch – für eine offene, vielfältige und bunte Gesellschaft in Brandenburg … und am besten: mindestens Zweitstimme grün.
Folge uns auf Instagram
#Landtagswahlen#Grüne#Wahlen in Brandenburg#Bündis 90/Die Grünen#Queerpolitik#Brandenburg#Interview