Gegendemo zum AfD-Aufmarsch vor dem Lebensort Vielfalt am Südkreuz
Die AfD-Jugend will am Samstag gegen die geplanten Kitas der Schwulenberatung protestieren. Bündnis 90/Die Grünen Tempelhof-Schöneberg haben jetzt eine Gegendemo angemeldet
Anfang 2023 will die Schwulenberatung Berlin am Südkreuz den neuen Lebensort Vielfalt eröffnen – ein Mehrgenerationenhaus für LGBTIQ* mit u. a. 69 Wohnungen, einer Pflege-Wohngemeinschaft und Büro- und Beratungsräumen. Zum Haus gehören auch zwei Kindertagesstätten, in dem rund 90 Kinder Platz finden sollen. Das Besondere daran: Laut der Schwulenberatung sind die Erzieher*innen überwiegend selbst Teil der LGBTIQ*-Community und das in den Kitas genutzte Spiel- und Arbeitsmaterial orientiert sich nicht an konservativen Rollenmustern sondern an vielfältigen Lebenswelten. Man hoffe, den Kindern dadurch eine vorurteilsfreiere Umgebung bieten zu können.
Dieses bundesweit einzigartige Projekt ist nun schon seit mehreren Wochen Zielscheibe von rechten Medien und Gruppierungen, die versuchen mit Schlagworten wie Pädophilie und Umerziehung von Kindern die Kitas zu diffamieren.
Am Samstag plant die rechtsextreme Jugendorganisation der AfD „Junge Alternative“ unter dem Titel „Pädo-Kita verhindern“ eine Kundgebung vor dem neuen Lebensort Vielfalt, um ihre queerfeindliche Hetze auf die Straße zu tragen. Im Aufruf der Jungen Alternative heißt es, dass man gegen „die Normalisierung von Pädophilie“ und „die Indoktrination in Schulen und Kitas“ demonstriere. Auf der dazugehörigen Webseite werden auch die zukünftigen Bewohner*innen des Lebensortes Vielfalt grundlos mit Pädophilie in einem Zusammenhang gebracht und auf erschreckende Weise diffamiert. Es heißt dort: „Die ,schwul-lesbische Kita' soll am ,Lebensort Vielfalt' im gleichen Haus wie ein Mehrgenerationen-Projekt entstehen, sodass die Erwachsene(n) direkt neben der Kita wohnen. Welche Menschen dieses Haus anzieht, dürfte klar sein.“
Demo am Samstag, Beginn: 13:00
Der Kreisverband Tempelhof-Schöneberg von Bündnis 90/Die Grünen haben deswegen am Samstag, den 29.10., um 13 Uhr vor der geplanten Kita eine Gegendemo angemeldet, um den rechten Hass und den verleumderischen Vorwürfen etwas entgegenzusetzen. Man möchte sich vehement gegen die Argumentation der Jungen Alternative stellen, „dass ,Homosexualität‘ gleich ,pädophil‘ sei.“
Im Demoaufruf heißt es: „Wir sind stolz darauf, dass wir in Tempelhof-Schöneberg für eine offene und vielfältige Gesellschaft stehen und dass im und außerhalb des Regenbogenkiezes die LSBTI*Community das Stadtbild prägt.“ Die Junge Alternative wende sich mit ihren Anfeindungen nicht nur gegen die Kita am Südkreuz, „sondern gegen die Vielfalt und Offenheit unserer Gesellschaft. Sie wendet sich gegen LSBTI*-Politik, gegen Antidiskriminierung, gegen Gleichstellung – sie grenzt Menschen systematisch aus.“
Deswegen möchte man friedlich und solidarisch gegen die Kundgebung der AfD-Organisation Präsenz zeigen. Zum genauen Ablauf der Demo und möglichen Redner*innen gibt es laut Kreisverband zur Zeit noch keine Informationen. Teilnehmer*innen sollen sich mit Schildern und Bannern vor dem Lebensort Vielfalt am Südkreuz in der Ella-Barowsky-Str. 27/28 einfinden.
Bericht in der Bild
Begonnen hatte die Hetze Anfang Oktober mit einem Artikel in der Bild-Zeitung über das Kita-Projekt, in dem der mittlerweile aus dem Vorstand des Trägervereins der Schwulenberatung zurückgetretene Rüdiger Lautmann als „angeblicher Pädophilieverfechter“ bezeichnet wurde. Der 86-jährige Soziologe und Jurist hatte u. a. 1994 eine Studie mit dem Titel „Die Lust am Kind. Portrait des Pädophilen“ veröffentlicht, der vorgeworfen wurde Kindesmissbrauch zu verharmlosen.
Einige Tage nach dem Bild-Artikel hatte Lautmann seinen Vorstandsposten niedergelegt, um „weiteren Schaden von der Schwulenberatung Berlin und die geplanten KITA abzuwenden“, wie es in einem auf Facebook veröffentlichten Statement der Schwulenberatung hieß. Geschäftsführer Marcel de Groot hatte gegenüber dem Tagesspiegel betont, dass Lautmann inhaltlich nicht in das Kita-Projekt involviert gewesen sei: „Als Vorstand unseres Gesellschaftervereins – nicht der Schwulenberatung selbst – gehörte inhaltliche Arbeit nicht zu seinen Aufgaben.“
Dennoch wurde das Thema von Rechtsaußen weiter genutzt, um mit Hetze und Falschaussagen Stimmung gegen das Kita-Projekt zu machen. So wurde auf der Webseite der von der AfD-Jugend organisierten Kundgebung ein Video des rechtspopulistischen YouTube-Kanals des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt eingebunden, in dem einfach perfide und unzulässig behauptet wird: „Kinderschänder-Versteher eröffnet zwei LGBT-Kitas“!
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#Protest#AfD#Gegendemo#Queerfeindlichkeit