Gefahr für den Südblock?
Am Kottbusser Tor sollen mehrere Häuser verkauft werden. Mit dem Südblock ist auch einer der zentralen queeren Orte Berlins betroffen
Drei Häuser sollen am Kottbusser Tor verkauft werden: die Admiralstraße 1 und 2 sowie die Skalitzer Straße 6. Das hatte die Mieter*innen-Initiative „Kotti & Co.“ durch Zufall und „mit großer Bestürzung“ erfahren, heißt es in einem offiziellen Statement vom 9. Februar. Neben 120 Sozialwohnungen sind auch der Südblock und der Veranstaltungsraum Aquarium betroffen – das Herz der queeren, linksalternativen und migrantischen Szene Kreuzbergs.
Der Verkäufer und aktuelle Eigentümer ist der private Fonds „Admiralstraße 1-6 Grundstücks-GmbH & Co. Hausbau KG“ mit 150 privaten Anleger*innen. Da die Fonds-Gesellschaft die Immobilien in einem Bieterverfahren an den Höchstbietenden verkaufen will, befürchten Mieter*innen Verdrängung durch einen profitorientierten Investor. Grundsätzlich sind die Mieter*innen allerdings noch bis 2032 geschützt, da die Sozialbindung auch nach einem Verkauf noch zwölf Jahre gilt. Mit Sozialbindung ist die gesetzliche Verpflichtung gemeint, nach der ein bestimmtes Privateigentum auch dem Wohle der Allgemeinheit dienen muss.
Spontaner Protest der Mieter*innen
Dass die Eigentümer*innen mit Sozialwohnungen spekulieren, ist aus Sicht der Mieter*innen-Initiative unsozial. Auch die Wohnbedingungen seien alles andere als prickelnd. „In unsere Häuser sind seit ihrem Bau kaum Gelder für Instandhaltungsmaßnahmen geflossen,“ schreibt die Initiative Kotti & Co. „Aber jetzt wollen die Anleger*innen noch mehr Profit aus unseren Häusern schlagen!“ Deswegen versammelten sich am 13. Februar Mieter*innen zu einem spontanen Protest und fuhren gemeinsam zum Kurfürstendamm 199, wo der Sitz der Fonds-Gesellschaft ist.
Richard Stein, Mitbegründer und Organisator von Südblock und Aquarium, ist selbst wohnungspolitisch in Kreuzberg aktiv und unterstützt den Protest: „Wir sehen uns nicht losgelöst von den Entwicklungen und wollen, dass die Sozialwohnungen erhalten bleiben,“ sagt er. Die bisherige Berichterstattung in den Medien vermittelte den Eindruck, der Südblock und das Aquarium seien akut durch den geplanten Verkauf bedroht. Ganz so brenzlig sei die Situation jedoch nicht, erklärt Richard Stein: „Wir haben das Glück im Gewerbemietvertrag eine lange Vertragslaufzeit verhandelt zu haben. Bis mindestens 2030 sind beide Projekte geschützt.“
Unabhängig davon sei es aber nicht im Interesse des Südblocks, der sich als sozialer Begegnungsort im Kiez versteht, dass private Investoren die Häuser kaufen. In einem gemeinwohlorientierten Modell sieht Richard Stein mehr Sicherheit für die Zukunft des Südblocks und des Aquariums. Er spricht sich ebenso wie die Initiative „Kotti & Co.“ für eine Übernahme durch eine städtische Wohnungsgesellschaft wie z. B. die Degewo aus. Diese Forderung habe die Fonds-Gesellschaft bislang abgelehnt, da sie sich mit den landeseigenen Wohnungsgesellschaften auf keinen Verkaufspreis einigen konnte.
Unterstützung aus der Politik gesucht
Für die weiteren Verhandlungen erhofft sich die Mieter*innen-Initiative Unterstützung vom Berliner Senat. Sie verweisen auf den Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün, in dem die Erhaltung der Sozialmieten versprochen wurde. Die wohnungspolitischen Sprecherinnen der Regierungsparteien Gaby Gottwald (Linke), Katrin Schmidberger (Grüne) und Iris Spranger (SPD) haben sich der Forderung der Mieter*innen bereits angeschlossen und suchen den Dialog mit den Eigentümer*innen.
Um politisch mehr Handlungsspielraum zu gewinnen, hat „Kotti & Co.“ am 29. Februar den „Mieterrat Südblöcke“ gewählt. Einen Mieterrat hat es bislang nicht gegeben – die Gründung läuft erst seit Ende 2019. Mit der eigenen Interessenvertretung wollen sich die Mieter*innen am Kottbusser Tor ein Sprachorgan verschaffen. „Wir möchten gerne lange und sicher in unseren Wohnungen wohnen. Außerdem soll es hier schön und lebenswert für alle sein“, heißt es im Aufruf der Gründungsinitiative. „Mit einem Mieterrat haben wir die Chance, stärker unsere Interessen zu äußern.“
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