Gedenkveranstaltung für die ägyptische LGBTIQ*-Aktivistin Sarah Hegazi
Am 13. Juni 2020 nahm sich die ägyptische LGBTIQ*-Aktivistin Sarah Hegazi das Leben, nachdem sie 2017 eine Regenbogenfahne bei einem Konzert der Band Mashrou' Leila in Kairo schwenkte und deswegen verhaftet und gefoltert wurde. Um ihre Person zu ehren, organisiert die Autorin, Künstlerin und Drag-Performerin Jara Nassar am 11. Juni eine Gedenkveranstaltung unter dem Titel „I want the Sky - a Tribute to Sarah Hegazi" mit Workshops und Drag-Performance im AL.Berlin. Ein Kommentar von Jara Nassar
Wut. Traurigkeit. Aber vor allem betäubender, lähmender Schock. Dies waren die Gefühle in der arabischen Queer-Community nach dem Tod von Sarah Hegazi vor zwei Jahren. Ich erinnere mich, wie ich an dem Tag, an dem mich die Nachricht erreichte, mitten in der Hasenheide bei strahlendem Sonnenschein mit anderen Menschen zusammensaß und das Gefühl hatte, dass mein Herz es nicht fassen konnte. Ich erinnere mich, dass ich eine Woche lang jeden Tag weinte. Ich erinnere mich auch daran, was den Schmerz schließlich linderte – mit anderen Menschen zusammenzukommen, um gemeinsam ihren Tod zu betrauern. Dadurch, dass ich nicht allein weinte, wurde mir bewusst, dass ich tatsächlich nicht allein war. Gemeinschaft und Verbundenheit sind das, was uns in dunklen Momenten rettet. Zu Ehren der Gemeinschaft, die Sarah Hegazi geschaffen hat, und um ihr Leben zu feiern, organisiere ich am 11. Juni eine Gedenkveranstaltung für sie im Alberlin, einem arabischen Community-Raum.
Sarah Hegazi war eine der prominentesten arabischen Stimmen, die sich für sozialen Wandel und für die Frauen- und LGBTIQ*-Bewegung einsetzte. Als offen queere, atheistische und kommunistische Frau brach sie das Schweigen in einer Gesellschaft, die von Geheimhaltung lebt und die Öffentlichkeit gegen das Private aufhetzt – was werden die Nachbarn denken? 2017 schwenkte sie in Kairo, der Hauptstadt Ägyptens, eine Regenbogenflagge bei einem Konzert der Band Mashrou' Leila, dessen Frontsänger ebenfalls einer der wenigen offen queeren Araber*innen ist. Das Bild ging um die Welt, und Sarah ins Gefängnis. 75 Menschen – manche Quellen sprechen von bis zu 84 - wurden nach dem Konzert verhaftet. Sarah wurde drei Monate lang festgehalten und gefoltert. Die verhafteten Personen wurden von der Regierung als Symbol für den moralischen Verfall der Gesellschaft missbraucht. An ihnen wurde ein Exempel statuiert, um die konservative Öffentlichkeit davon zu überzeugen, die Machthaber weiterhin zu unterstützen.
„Ich will den Himmel, nicht die Erde."
Sarah Hegazi ist nur die bekannteste der Personen, die nach dieser Nacht verhaftet wurden. Was ist mit den anderen geschehen? Einige sind im Exil. Einige sind in Ägypten geblieben und kämpfen weiter gegen die Unterdrückung. Die meisten kennen wir nicht. Genauso wenig kennt der Westen die Realitäten des queeren Lebens anderswo – den Schmerz, aber auch die Freude. Weil wir immer nur über den Schmerz sprechen, vergessen wir, dass es auch Freude gibt, und viele queere Geflüchtete vermissen ihre Heimat so sehr, wie Sarah es tat. Als queere Araber*innen werden wir ständig von links und rechts überrollt, in der einen Minute instrumentalisiert, in der nächsten orientalisiert.
Einen Tag vor ihrem Suizid postete Sarah Hegazi ein Bild mit der Überschrift: Der Himmel ist schöner als die Erde. Ich will den Himmel, nicht die Erde.
Wir müssen die Gemeinschaft pflegen, bevor es zur Tragödie kommt. Das sind wir Sarah, Ella N., den unbekannten Toten und uns gegenseitig schuldig. Wir müssen das Leben genauso feiern, wie wir den Tod betrauern. Sarah, ich hoffe, du hast den Himmel gefunden. Im Moment ist alles, was wir haben, diese Erde, und wir werden wie der Teufel um sie kämpfen.
„I want the Sky - a Tribute to Sarah Hegazi"
11.06., 14:00, AL.Berlin
Programm:
14:00: Workshop „Arab Communism: Between Theory and Today's Practice" mit Amine Jebari
15:00: Quing Makeup Workshop
19:00: Drag Show, gehostet von Angelo Dynamo
22:00: DJ Suika7
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