Gedenken an die Opfer des Anschlags in Oslo
Am 25. und am 26. Juni wurde in Berlin an die Opfer des Anschlags in Oslo gedacht. Am Sonntagabend erstrahlte das Brandenburger Tor in Regenbogenfarben
Am CSD-Wochenende in der norwegischen Hauptstadt Oslo sind zwei Menschen bei einem Angriff auf die queere Bar "London Pub" erschossen worden. Nach Angaben der Polizei wurden bei dem Anschlag in der Nacht zum Samstag, dem 25. Juni, mindestens 21 weitere Menschen verletzt, zehn davon schwer. Der Einsatzleiter gehe laut dem norwegischen Sender NRK von einem Einzeltäter aus. Mittlerweile werde der Anschlag als islamistisch motivierter Terroranschlag eingestuft.
Die Bar „London Pub“ war nicht der einzige Tatort, auch an anderen Orten in unmittelbarer Nähe fielen Schüsse. Noch in der Nacht nahm die Polizei einen Verdächtigen in der Nähe des Tatorts fest. Anwesende Zivilisten sollen dabei geholfen haben.
Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 42-jährigen norwegischen Staatsbürger, der im Iran geboren wurde. Laut Angaben des norwegischen Inlandsnachrichtendienstes PST sei er bereits seit 2015 im Visier der Sicherheitsbehörden gewesen. Er habe sich einem islamistischen Netzwerk angeschlossen und sei auch zuvor schon durch Gewalttaten und Drogendelikte aufgefallen. Im Moment gehe man davon aus, dass es sich bei der Tat um ein Hassverbrechen handelt. Der 42-Jährige habe sich bisher noch nicht geäußert. Weil er psychische Probleme haben soll, werde auch sein mentaler Gesundheitszustand untersucht.
Norwegen hat wegen des Anschlags seine Sicherheitsmaßnahmen erhöht. Es gelte die höchste Terrorwarnstufe 5. Allerdings gebe es derzeit keine Hinweise darauf, dass weitere Anschläge geplant seien.
Die für den Samstag geplante 40. Pride-Parade in Oslo wurde auf Anraten der Polizei abgesagt. Auf der Pride-Strecke kam es dennoch zu einer spontanen Demonstration für die Rechte der LGBTIQ*-Community. Die Menge skandierte: "We're here, we're queer, we won't disappear". Die offizielle Parade soll zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Der norwegische Regierungschef Jonas Gahr Støre sagte auf einer Pressekonferenz, dass man an der Seite der LGBTIQ*-Community stehe. Am Samstagnachmittag besuchten u. a. Støre, Kronprinz Haakon und Kronprinzessin Mette-Marit den Tatort und legten Blumen nieder. Das Glockenspiel des Rathauses spielte, als Verweis auf die queere Community, "Somewhere over the Rainbow". Am Sonntagvormittag fand ein Trauergottesdienst im Osloer Dom statt.
Verschiedene queere Organisationen hatten für den Montagabend eine Trauerfeier angekündigt, die allerdings wegen Sicherheitsbedenken auf Anraten der Polizei abgesagt wurde. Dennoch kamen mehrere Tausend Menschen zusammen, um mit Plakaten und Regenbogenflaggen vor das Rathaus in Oslo zu ziehen und ein Zeichen der Solidarität zu setzen.
Gedenken in Berlin
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hatte zu einer Gedenkveranstaltung aufgerufen. Am Samstag, dem 25. Juni, um 21 Uhr wurde den Opfern und ihren Angehörigen am Brandenburger Tor gedacht: "Lasst uns als Berliner Community ein starkes Zeichen der Solidarität und gegen Queerfeindlichkeit nach Oslo senden", sagte der LSVD auf der Facebook-Seite der Veranstaltung. Nach Polizeiangaben nahmen rund 200 Personen an der Veranstaltung teil.
"Diese Tat ist ein Hassverbrechen, mitten in einem safe space für queere Menschen", erklärte LSVD-Vorstandsmitglied Henny Engels am Samstag in einer Pressemitteilung. "Unsere Gedanken sind bei den Verwundeten und Angehörigen."
Als Zeichen der Solidarität erstrahlte am Sonntagabend das Brandenburger Tor in Regenbogenfarben. Die Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey von der SPD erklärte dazu: „Unser Mitgefühl ist bei den Menschen in Oslo, die Opfer eines homophoben und queerfeindlichen terroristischen Anschlags geworden sind. Berlin steht als Regenbogenhauptstadt an der Seite der Menschen in Oslo und ganz Norwegen, die trauern“ Der LSVD nahm diese Aktion zum Anlass, erneut zu einem stillen Gedenken am Sonntag ab 21:30 Uhr vor dem Brandenburger Tor aufzurufen.
Sven Lehmann, Grünen-Politiker und Queer-Beauftragter der Bundesregierung, schrieb auf Facebook und Twitter: "Wie voller Hass muss man sein, um auf Menschen zu schießen, nur weil die lieben wie sie lieben? Meine Gedanken und tiefes Mitgefühl sind bei den Opfern und Angehörigen dieser menschenfeindlichen Tat."
Es gab weitere Stimmen aus der Politik, die sich zu dem Anschlag äußerten. Michael Kauch, Bundesvorsitzender der Liberalen Schwulen und Lesben, erklärte in einem Statement: "Es war ein Terroranschlag auf eine schwule Bar und die ganze LSBTI-Community. Wir trauern um die Ermordeten und wünschen den Verletzten vollständige Genesung. Wir sind zugleich schockiert und wütend über diesen feigen Angriff." Dabei fügte er hinzu: "Auch bei uns ist viel zu tun, weshalb der Aktionsplan der Bundesregierung für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt so dringlich ist."
Maja Tegeler und Daniel Bache von den Linken forderten an die Bundesregierung gerichtet: „Es müssen endlich Gelder für den Aktionsplan bereitgestellt und die Communities gestärkt werden. Der Anschlag in Oslo soll queeren Menschen Angst machen und sie einschüchtern. Dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen.“
Reaktion des Bundeskanzlers
Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb am Samstag auf Twitter, dass ihn der Angriff auf die queere Community in Oslo zutiefst erschüttere. Seine Gedanken seien bei den Angehörigen der Opfer. Das norwegische Volk könne sich unserer Anteilnahme gewiss sein: "Der Kampf gegen den Terror eint uns." Damit unterscheidet sich seine Reaktion von der seiner Vorgängerin: Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nach dem Anschlag auf den queeren Club "Pulse" in Orlando erst nach mehreren Tagen und nach deutlicher Kritik von Medien und LGBTIQ*-Verbänden davon gesprochen, dass das Attentat, bei dem 49 Menschen ums Leben kamen, gegen Homosexuelle gerichtet war.
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#Oslo#LGBTIQ*#Terroranschlag