Ab 04.01. im Kino

Fußballkomödie mit gelungener trans* Figur: „Next Goal Wins“

2. Jan. 2024 Frank Hermann
Bild: The Walt Disney Company Germany GmbH
Jaiyah Saelua (Kaimana) mit ihrer Fußballmannschaft

Die Disney-Fußballkomödie „Next Goal Wins“ ist schlichte Unterhaltung für den Winter, findet SIEGESSÄULE-Autor Frank Hermann. Einzige Rettung: die*der tolle trans* und nicht binäre Darsteller*in Kaimana in der Rolle der berühmten Spielerin Jaiyah Saelua

Dem Spielfilm „Next Goal Wins“ liegen wahre Gegebenheiten zugrunde. Zum einen die in der Sportgeschichte so legendäre wie beispiellose Niederlage von 31:0, welche das Soccerteam von Amerikanisch-Samoa 2001 gegen Australien einstecken musste. Das schlechteste Ergebnis jemals bei einem WM-Qualifikationsspiel! Historisch bedeutsam und im internationalen Leistungssport ebenso einzigartig ist später, nämlich 2004, der Einsatz der damals 15-jährigen Jaiyah Saelua als der ersten trans* Person, die offen lebt und an einem Qualifikationsspiel teilgenommen hat. Sie ist eine sogenannte Fa‘afafine: Sie gehört dem gesellschaftlich voll anerkannten „dritten Geschlecht“ Samoas an. Im südpazifischen Inselstaat werden die Fa‘afafines als eigenständiges soziales Geschlecht behandelt. Jaiyah war jahrelang aktiv als Spielerin und Coach und fungiert als FIFA-Botschafterin für Gleichbehandlung und LGBTIQ*-Belange.

Eine nahezu hoffnungslose Mannschaft trainieren

Die britische Dokumentation „Next Goal Wins – Das Spiel ihres Lebens“ von Mike Brett und Steve Jamison greift beide Stränge auf. Nun hat der neuseeländische Regisseur Taika Waititi („Thor: Love and Thunder“) seinen Spielfilm dazu nachgelegt. Es ist ein eher harm­loses Filmkomödchen geworden, das aber zumindest mit der Darstellung der heimlichen Fußballheldin Saelua punkten kann und auch ihre Teamkollegen sympathisch rüberkommen lässt. Merke: Ein gemeinsames Ziel zu erreichen ist viel wichtiger als zu gewinnen. Dennoch: Ein Sportfilm wie „Kick It Like Beckham“ wirkt dagegen shakespearisch tiefgründig, aber der gute Wille zählt ja auch. „Next Goal Wins“ ist einfache Unterhaltung für den Winter und im Vergleich zu der bissigen Kriegstragikomödie „Jojo Rabbit“ leicht verdaulich.

Der abgehalfterte niederländisch-amerikanische Soccer-Coach Thomas Rongen (Michael Fassbender) wird von seinem Verband ausgemustert, um in Amerikanisch-Samoa eine nahezu hoffnungslose Mannschaft zu trainieren. Er hat sich durch unangebrachtes Verhalten, also Randalieren auf dem Spielfeld unter Alkoholeinfluss, aus der vorderen Reihe katapultiert. Der Misere des Trainers liegt allerdings ein familiäres Trauma zugrunde, wie sich später im Film herausstellt. Jedenfalls ist der frustrierte

Rongen, gelinde gesagt, schwierig im Umgang, was auch seine „Schützlinge“ schnell bemerken: „Was stimmt nicht mit unserem Coach?“ Der Kulturclash wird von einem Insulaner lapidar kommentiert: „Nun, er ist weiß.“

„Die Darstellung von Jaiyah Saelua durch die ebenfalls trans* Darsteller*in Kaimana ist sehr treffsicher.“

Haarscharf schrabbt der Film bei der Darstellung der Samoaner*innen zunächst am Streichelzoo vorbei. Doch nach und nach gewinnen Figuren wie Manager Tavita (Oscar Kightley) an Kontur, während Coach Rongen im Grimm verharrt. Die Darstellung von Jaiyah Saelua durch die ebenfalls trans* Darsteller*in Kaimana ist sehr treffsicher, speziell in ihrer Selbstbehauptung gegen Rongen, der in seiner Ignoranz nicht einmal vor Deadnaming zurückschreckt. Das lässt sie ihm keinesfalls durchgehen. Die Auseinandersetzungen der beiden und ihre spätere Annäherung gehören zu den besten Szenen des Films. Jaiyah Saelua doubelt im Übrigen in einigen Fußballszenen ihre Darstellerin.

Bild: The Walt Disney Company Germany GmbH
Jaiyah Saelua (Kaimana) und Thomas Rongen (Michael Fassbender)

Im Showdown kommt es nach allen Kabbeleien zu einem spannenden Match. Das sonst so glücklose Team läuft zur Höchstform auf, was zur Erlösung aus dem tiefen Tal der Erfolglosen mit gleich mehreren Treffern führt. „Es gibt immer eine zweite Halbzeit.“ Auch im Leben. Man wünscht dem abgerockten Coach eine solche und zwar erfolgreiche, damit er seine private Krise bewältigt und sich am Ende zu neuen Ufern aufmacht. Schließlich hatte er Gelegenheit, von den Samoaner*innen zu lernen.

Preisverdächtig ist zwar nicht viel, aber beruhigend das – wenn auch etwas dünne – Fazit für das Team: „There’s more to life than soccer”, oder noch simpler: „Be happy”. Michael Fassbender spielt sich als Coach Rongen in verdächtige Nähe zur Goldenen Himbeere. Aber die haben ja auch schon Kristen Stewart, Penélope Cruz und Jared Leto bekommen.

Next Goal Wins,
USA 2023, Regie: Taika Waititi.
Mit: Michael Fassbender, Elisabeth Moss, Will Arnett, Kaimana u. a.
Ab 04.01. im Kino

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