Freizeitangebote für ältere Queers
Neue Freundschaften und Bekanntschaften, gemeinsame Erlebnisse: Möglichkeiten für ältere LGBTIQ* in Berlin, um Gleichgesinnte zu treffen, gibt es insgesamt deutlich weniger als für jüngere Menschen. Dennoch finden sich einige Angebote, die sich gezielt an diese Altersgruppen richten. SIEGESSÄULE gibt einen Überblick
Vor 15 Jahren zog Helmut von Marokko wieder zurück nach Berlin. Das war kein leichter Schritt, erinnert er sich. „Viele Verbindungen und Freundschaften waren weggebrochen.“ Zum Glück gab es damals schon die „2. Halbzeit“, eine Gruppe für ältere schwule Männer, die sich im Rahmen des Sonntags-Clubs trafen. Helmut schrieb eine Mail und erhielt sofort eine Antwort: Komm vorbei! „Ich kam und blieb“, erzählt er.
Die Berliner Szene mitaufgebaut
Wie viele queere Einrichtungen in Berlin gäbe es auch den Sonntags-Club im Prenzlauer Berg heute nicht – ohne den langjährigen Einsatz, die Initiative und das Engagement von Aktivist*innen vor 20, 30 oder 50 Jahren. Manche von ihnen sind nach wie vor im Sonntags-Club aktiv, sie sind quasi mit dem Verein älter geworden und gewachsen. „Wir haben noch einen der ersten Stunde“, erzählt Helmut.
„Wir haben noch einen der ersten Stunde“
Die partizipative Idee hat sich jedenfalls bis heute gehalten. Besonders gut komme laut Helmut das Angebot an, aktiv am Gruppen oder Vereinsgeschehen teilzunehmen. „Planung von Ausflügen, Betreuung neuer Gäste der Gruppe, notwendige Formalitäten wie die Einlasskontrolle wegen Covid und so weiter. Das Gefühl, gebraucht zu werden, baut auf.“ Für nicht wenige sind die Gruppen, die gemeinsam schöne Momente gestalten und teilen, zu einer Art Familie geworden.
Neben dem Sonntags-Club bieten einige andere Orte in Berlin Treffen für ältere Queers an: etwa das RuT – Rad und Tat: Offene Initiative Lesbischer Frauen e. V. Annet, die seit etwa 2007 regelmäßig ins RuT kommt, ist dabei auch der Aspekt der Selbsterfahrung wichtig: „Bei den Angeboten lerne ich mich selbst kennen und setze Erlerntes im Alltag ein, und ich treffe tolle Menschen.“
Gemeinsam Zeit genießen
Genauso sieht es Ilona, die seit etwa zehn Jahren im RuT aktiv und Teil der RuT-Wohngruppe für ältere Lesben ist. „Neulich wurde ein Comic-Workshop angeboten, ein ganzes Wochenende lang. Da bin ich sofort hingegangen. Eine wunderbare Referentin und die Stimmung zwischen den Frauen war auch toll. Ich habe ganz viel mitgenommen für mich, die ich immer dachte, ich kann doch gar nicht zeichnen.“ Klar: während Corona lagen viele Angebote auf Eis oder wurden unter besonderen Bedingungen angeboten. Die digitalen Events, die das RuT auf die Beine stellte, fand Ilona zwar eine gute Initiative. Persönlich seien Zoom und Co. aber nicht so ihr Ding.
„Nicht mehr allein zu Hause zu bleiben und mit allem zu hadern, sondern sich aufmachen“
Helmut aus der Gruppe „2. Halbzeit“ im Sonntags-Club findet, dass zur Einsamkeitsbewältigung auch eine Portion Mut gehört. „Nicht mehr allein zu Hause zu bleiben und mit allem zu hadern, sondern sich aufzumachen, um Gleichgesinnte zu treffen, sich auszutauschen, Freundschaften zu knüpfen, gemeinsame Erlebnisse zu bekommen wie Wandern, Theater, Kino, kurz: gemeinsam die Zeit zu genießen ist sehr wichtig.“
Treffen und Events in Berlin
Insgesamt sind Freizeitangebote speziell für ältere Queers im Veranstaltungskalender der Stadt leider eher dünn gesät. Die Szene fokussiert sich tendenziell auf eine jüngere Zielgruppe. Auch sind die Bezirke, was die Treffpunkte betrifft, unterschiedlich stark aufgestellt. Nicht jede Einrichtung kann barrierefreie oder barrierearme Zugänge und Sanitäranlagen garantieren, was bei Menschen mit Behinderung für zusätzliche Hürden sorgen kann.
Die Angebote, die es gibt, gehen meist von den queeren Vereinen und Verbänden in der Stadt aus. Um nur ein paar Beispiele zu nennen, koordiniert etwa das RuT den ehrenamtlichen Besuchsdienst „Zeit für dich“ für ältere Lesben. Außerdem findet einmal monatlich das Lesbencafé in den Räumen des RuT statt.
Auch Berlins schwuler Checkpoint Mann-O-Meter bietet einiges: Wer gerne spielt, kann dies zum Beispiel bei den Montagsspielern. Wie der Name es bereits verrät, finden die Runden immer montags ab 18 Uhr statt. Im zweiwöchigen Rhythmus trifft sich am Samstag die offene Freizeitgruppe für schwule und bisexuelle Männer 50+. Freitags gehen die Nachtschwärmer auf Entdeckungstour: zu Lesungen, Vernissagen, Theatervorstellungen, Filmvorführungen oder auch einfach in die Kneipen rund um den Nollendorfplatz.
Gleich um die Ecke bietet die Begine, Café und Kulturzentrum für Frauen, ebenfalls verschiedene Treffen an: darunter eine Skat- und eine Literaturrunde, einen politischen Philosophie- und einen Poesiestammtisch. Beim generationenübergreifenden „Fossi-Treff“ tauschen sich ältere und jüngere Feministinnen aus.
Die Schwulenberatung bietet jeden Montag den offenen Gesprächskreis „Anders Altern“. Der Besuchsdienst „Mobiler Salon“ der Schwulenberatung richtet sich an Menschen, die nicht mehr alleine aus dem Haus gehen können oder möchten, die Gruppe „Bewegung und Yoga“ an Personen mit körperlichen Einschränkungen (mit und ohne Rollstuhl).
Gemeinsames Training bietet der Sportverein Vorspiel SSL Berlin mit der Gruppe „Rostfrei“ an.
Der Sonntags-Club organisiert für ältere Queers zudem monatlich kleine Ausflüge, wie am 26.11.2021 zum Potsdamer Schlossgarten Babelsberg oder am 10.12.2021 zum ehemaligen Flughafen Tempelhof.
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