Flagge zeigen für BPoC und Trans*

„Progressive Pride-Flag“: Interview mit Designer* Daniel Quasar

2. Juli 2020 Michaela Dudley
Bild: Bojan Cvetanović CC BY-SA 4.0 Quelle
Die „Progress Pride Flag“ von Daniel Quasar, 2019 auf dem Europride in Wien

Der US-amerikanische, nicht-binäre Grafikdesigner* Daniel Quasar hat die Regenbogenfahne neu entworfen. Zu den klassischen sechs Farben fügte er* die Symbolik der Transfahne hinzu: Hellblau, Hellpink und Weiß. Außerdem die schwarzen und braunen Streifen der „Philly“-Flag: 2017 wurden diese in Philadelphia hinzugefügt, um queere Schwarze und PoC-Communitys zu repräsentieren. SIEGESSÄULE-Autorin Michaela Dudley sprach mit Quasar über die Initiative und die Resonanz, die sie erfährt

Daniel Quasar, mit Ihrem Entwurf für die „Progress Pride Flag“ wollten Sie Zeichen setzen. Was für Zeichen sind das?

Für mich ist es wichtig, zum Fortschritt aufzurufen und den Fortschritt, den es schon gibt, auch anzuerkennen. Immer mehr Menschen aus der queeren Community sowie in der Gesamtgesellschaft suchen nach inklusiven, progressiven Lösungen. Dieses Anliegen wollte ich hervorheben und würdigen, indem ich die Flagge etwas bunter mache.

Was bedeuten die neuen Farben?

Die bisherigen sechs Farben der Regenbogenfahne bleiben intakt. Ich habe sie allerdings mit Schwarz, Braun, Hellblau, Pink und Weiß erweitert, was für transidente Personen und für marginalisierte People of Color steht. Das Schwarz steht außerdem auch für unsere Brüder und Schwestern, die mit Aids/HIV leben, und für diejenigen, die von uns gegangen sind. Die neuen Farbstreifen erscheinen in der Form eines sogenannten Chevrons (Pfeils) von links nach rechts. Dass der Chevron nach rechts zeigt, symbolisiert die bereits errungenen Fortschritte; dass er dabei aber ganz links in der Fahne verankert ist macht deutlich, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben.

Viele begrüßen Ihren Vorstoß. Ihre Crowdfunding-Kampagne, die Sie gestartet haben, um Buttons und mehr mit Ihrem neuen Design zu drucken, läuft sehr erfolgreich. Andere sind ein wenig irritiert, dass die Fahne, die unsere Bewegung repräsentiert, plötzlich wieder anders aussehen soll. Gilbert Bakers erster Entwurf der Regenbogenflagge hatte sogar acht Farben: mit damals noch Pink für Sexualität, Türkis für die Kunst. 2017 fügte die Stadt Philadelphia die Farben Schwarz und Braun hinzu. Sind das nur beliebige Farbenspiele?

Eher liebevoll durchdachte Farbenspiele. Ich weiß wohl, dass nicht alle Betrachter*innen meine vorgeschlagenen Ergänzungen mögen. Manche sind der Erweiterung gegenüber argwöhnisch und meinen, die bisherige Flagge vertrete uns doch alle schon. Aber diese Mitglieder der LGBTQ-Community reden eben nicht für diejenigen, die endlich auch zu Wort kommen möchten. Fakt ist: es gibt viel Rassismus und Ausgrenzung nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch und gerade innerhalb der queeren Gemeinschaft. Mit meinem Entwurf will ich das Spektrum ausdehnen. Wie bei einem farbenprächtigen Handfächer, den man öffnet.

Sie waren früher viel in der Dragszene unterwegs. Inwiefern hat das Ihr Engagement als Designer* beeinflusst?

Drag war für mich eine lebensverändernde Erfahrung. Zum einen ermöglichte es mir, meine geistige Gesundheit in den Griff zu bekommen und half dabei, viele Probleme zu heilen, die ich zu dieser Zeit durchmachte. Und es spielte eine wichtige und notwendige Rolle in meiner Arbeit als Designer*. Insbesondere im College habe ich meine Drag-Persona mehr als ein paar Male für Projekte verwendet und sogar Drag in meiner Abschlussarbeit verwendet.

Ihre Initiative für eine neue Regenbogenfahne ist betont auch anti-rassistisch. Wie ist das Feedback, das Sie als weiße Person seitens queerer BPoC-Communitys (kurz für Black, People of Color) dafür bekommen?

Tatsächlich haben mir einige wenige gesagt, es sei nicht angebracht, dass ein Weißer diese Farben auf die Flagge bringt. Aber ich setze mich ein, wie ich kann. Ja, ich bin weiß, aber es ist mir auch wichtig, dass Weiße Solidarität mit BPoC zeigen. Natürlich sollten wir sie weder verdrängen noch zum schweigen bringen, aber wir sollten sie auch nicht im Stich lassen. So unterstütze ich die Black Lives Matter-Bewegung von ganzem Herzen, wie so viele rund um die Welt, die für Gerechtigkeit kämpfen.

Die Konföderierten-Flagge, das Symbol der Sklaverei und der weißen Vorherrschaft aus dem US-Bürgerkrieg des 19. Jahrhunderts, wird in den USA im Moment vielerorts problematisiert und abgehängt. Gerade in den Südstaaten, z. B. auf Autorennstrecken oder an Universitäten. Dass das so lange gedauert hat, zeugt von der Kraft, der einer Flagge innewohnt, oder?

Ganz genau. Noch vor ein paar Monaten wäre es undenkbar gewesen, dass die Konföderierten-Flagge aus dem Stadtbild mehr und mehr verschwindet. Ich kann nur hoffen, dass das Umdenken anhält und sich nicht auf kosmetische Änderungen beschränkt. Und deshalb wäre es Zeit, Farben zu hissen, die Toleranz nicht nur andeuten, sondern ganz unmissverständlich zum Ausdruck bringen.

Bild: canva.com
Variationen der Regenbogenfahne, Foto links oben: Regenbogenfahne von Gilbert Baker mit zwei zusätzlichen Farbstreifen in Pink und Türkis, Foto rechts oben: "Philly"-Flag, Foto links unten: Transfahne

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