Interview

FaulenzA: „Die Mainstream-Macker wollen nicht, dass ich die Fußballszene repräsentiere“

11. Nov. 2021 Nina Süßmilch
Bild: FaulenzA

Ende Oktober kam es bei einem Spiel des FC Energie Cottbus gegen den Potsdamer Verein SV Babelsberg 03 zu einem transfeindlichen Vorfall, bei der trans Musikerin und Autorin FaulenzA zur Zielscheibe wurde. SIEGESSÄULE bat sie zum Gespräch

Die Berlinerin FaulenzA ist Rapperin, SIEGESSÄULE-Kolumnistin und leidenschaftlicher Fußballfan! Sie ist Teil des SV Babelsberg 03 Fanclub „Babelsqueers", eine Gruppe queerer Fußballfans, die sich für „mehr Sichtbarkeit von LGBTQIA+ in der Fussballkultur" einsetzen und sich gegenseitig bei Diskriminierungserfahrungen unterstützen. Das dies notwendig ist, zeigte eine transfeindliche Aktion beim Regionalligaspiel des FC Energie Cottbus gegen den SV Babelsberg 03 Ende Oktober. Die Cottbuser Fans präsentierten Transparente auf denen ein gezeichnetes Bild von FaulenzA zu sehen war, daneben ein beleidigender Spruch, der sich auf ihr Aussehen bezog. Sinn der Aktion war es offenbar, die Anhänger*innen des Potsdamer Vereins zu verhöhnen. Über den Vorfall hatte u. a. die taz berichtet. Im Interview erzählt FaulenzA von dem Vorfall, ihrer Leidenschaft für Fußball und wie sie mit den Anfeindungen umgeht

Warum engagierst du dich bei dem Fanclub Babelsqueers? Was hält dich beim Fußball, der von außen betracht, nicht besonders progressiv erscheint? Das Engagement bei den Babelsqueers sollte ursprünglich kein Engagement sein, sondern nur ein Freundeskreis von queeren und trans* Leuten, die einfach zusammen Spaß haben wollten – mit denen es sicherer ist, ins Stadion zu gehen, und die Einlasskontrollen zusammen zu machen. Im Endeffekt haben wir alle Lust auf Fußball und das Bedürfnis, uns den Raum zu nehmen und uns nicht nur in einer Nische zu verstecken. Das habe ich ja ganz lange gemacht. Jetzt nach und nach, wo ich selbstsicherer werde, will ich meinen Platz in der Welt, auch außerhalb von queeren Räumen einfordern.

Du wirst sehr oft angefeindet. Aus welcher Ecke kommen diese Angriffe? Die Fußballszene ist in weiten Teilen weiß männlich dominiert. Und das heißt, sich stark und martialisch zu geben, am besten sich auch prügeln zu können. Durch mein Babelsberg Fan-Video sind die Mainstream-Macker-Fans auf mich aufmerksam geworden. Und irgendwie haben die sich in ihrer männlichen Dominanz bedroht gefühlt. Sie wollten nicht, dass so jemand die Fußballszene repräsentiert. Mir schrieb das letztens erst einer erstaunlich direkt zwischen allen möglichen Beleidigungen: „Vergiss es, Fußball bleibt männlich und Fußball wird auch nicht feminin werden.”

Wie gehst du mit diesen Anfeindungen um? Hast du eine Strategie entwickelt? Es geht sehr an meine Nerven und vor allem macht es mir Angst. Oft weiß ich nicht, wie ich reagieren soll. Ich bin aber feministisch in Berlin vernetzt und darüber hat sich eine Supporter-Gruppe gegründet, die mich in vielen Fragen unterstützt und zu Beratungsstellen geht. Wir schauen jetzt auch, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt. Und es geht natürlich auch um körperliche Sicherheit: Wo kann ich mich überhaupt noch blicken lassen? Was auch hilft: Nintendo spielen. Da kann ich mich ein bisschen ablenken und beruhigen.

„Hass gegen queere und trans Personen ist immer da“

Wie kam es dazu, dass gerade jetzt wieder bei dem Spiel Cottbus gegen Babelsberg dieses transfeindliche Banner gezeigt wurde? Dieser Hass gegen queere und trans Personen ist immer da. Der Auslöser war dann sicher, dass Babelsberg jetzt in Cottbus gespielt hat. Ich glaube, man wollte auch diejenigen Babelsberg Fans ärgern, die selbst transfeindlich sind. Das ist die Minderheit, aber es gibt sie. Allerdings haben sich viele Fans und eine der Babelsberger Ultras-Gruppen sofort solidarisch mit mir erklärt.

Du bekommst Solidaritätsbekundungen, aber hauptsächlich aus der trans und queeren Ecke. Gleichzeitig gibt es auch ein sehr lautes Schweigen. Wie sollten die Vereine, die Öffentlichkeit auf solche Vorfälle reagieren? Die Solidarität kommt ziemlich geschlossen aus der linken und aus der queeren Szene. Aber ich hätte mich gefreut, wenn mehr Stellungnahmen und Statements von Fußballvereinen gekommen wären. Ich würde mir wünschen, dass mehr Verständnis für Diskriminierung, speziell hier für queere Themen geschaffen wird und dafür braucht es mehr Aufklärung. Es gibt einfach immer noch viele, die das Banner sehen und sagen: „Naja, die mögen halt ihre Musik nicht“. Es gibt die offensichtlichen Diskriminierungen, die viele verstehen, aber oft gibt es auch die etwas subtileren. In meinem Beispiel fühlt sich jeder Macker dafür verantwortlich mir zu schreiben, dass ich nicht rappen könne, keine Ahnung von Fußball hätte, dass ich nicht singen könne. Ich meine, wie viele betrunkene Männergruppen grölen Fußballlieder und es ist ihnen scheißegal, ob sie singen können? Da heißt es doch, Hauptsache Spaß und den Verein supporten. Und bei mir interessiert sie plötzlich, ob ich singen kann. Das ist absurd und dass muss als Diskriminierung erkannt werden.

Bild: FaulenzA

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