Erstversorgung für trans* Kinder und Jugendliche
Empower-Trans* – so heißt ein neues Projekt von fünf deutschen Kliniken, Krankenkassen und Universitäten. Ziel ist es, bis 2025 ein digitales Informations- und Schulungsangebot aufzubauen, das trans* Kinder und Jugendliche, sowie ihre Zugehörigen im Alltag unterstützen sollen. SIEGESSÄULE hat mit Prof. Sibylle Winter von der Charité in Berlin gesprochen
Frau Prof. Winter, wo liegen die Probleme bei der Aufnahme und Versorgung von trans* Kindern und Jugendlichen? Grundsätzlich gibt es einfach zu wenige Ärzt*innen und Therapeut*innen, die sich genug mit dem Thema beschäftigt haben. Das ist keine simple Routineuntersuchung, es braucht eine gewisse Sensibilität gegenüber den Kindern. So sollte etwa immer der „Chosen Name“ statt des Deadnames verwendet werden.
„Grundsätzlich gibt es einfach zu wenige Ärzt*innen und Therapeut*innen, die sich genug mit dem Thema beschäftigt haben."
Wer meldet sich erfahrungsgemäß bei Ihnen, die Kinder und Jugendlichen oder deren Eltern? Meistens kommen die Eltern. Das ist für die Patient*innen ja auch ein schwieriger Prozess. Je nach Alter verhalten sie sich unterschiedlich, bis zum zwölften Lebensjahr sprechen sie eher zuerst mit ihren Eltern über das Thema. Danach wenden sie sich eher an ihre Freund*innen und die Eltern bekommen erst später davon mit. Bis die Jugendlichen dann kommen, sind die Prozesse oft schon sehr weit gereift. Das ist dann auch eine Herausforderung für die Eltern.
Welche Hilfeleistungen werden dann konkret geboten? Auf der Plattform bekommen Interessierte valide Informationen zu den einzelnen Aspekten. Im nächsten Schritt können sie sich mit verschiedenen, interaktiven Medienformen schulen lassen. Eine Idee ist auch die Implementierung von Video-Erfahrungsberichten von trans* Personen, die schon weiter sind in ihrer Transition. Danach erhält man dann den Ersttermin zum Gespräch und den bekommt man dann deutlich früher als ohne Registrierung. So sparen wir in Zukunft Zeit und Ressourcen und können schneller und passgenauer in den Gesprächen helfen.
„Die Entlastung kommt in der Regel erst mit der Hormonbehandlung."
Ein großes Thema in Sachen junge trans* Menschen sind Pubertätsblocker. Wie geht die Plattform damit um? Bisher nutzen wir das, wenn sich noch kein eindeutiger Weg abzeichnet in der Behandlung, als erste Möglichkeit, überhaupt etwas zu tun, um den Leidensdruck der Jugendlichen zu verringern. Es ist aber häufig nur ein Kompromiss, denn die Jugendlichen sind oft nicht so entlastet, wie wir uns das wünschen. Die Entlastung kommt in der Regel erst mit der Hormonbehandlung. Aber diese Entscheidung braucht Zeit, gerade für die Eltern, und das bieten diese Blocker. Im weiteren Verlauf wird dann gemeinsam, zwischen Jugendlichen, Eltern und Ärzt*innen eine informierte Entscheidung für den weiteren Weg getroffen. Dies kann dann auch eine Hormonbehandlung sein. Ganz wichtig: Hormongaben führen nicht sofort zu irreversiblen Veränderungen, weil die Mengen zu Beginn sehr gering sind und langsam die Dosis gesteigert wird. In dieser ersten Phase beobachten wir genau, ob die Veränderungen die psychische Belastung reduzieren. Falls nicht, kann die Behandlung auch wieder beendet werden.
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