Erster CSD in Oranienburg
Unter dem Motto „Stadt – Land – Queer“ demonstrieren die Brandenburger Queers der Region Oberhavel am 9. September in Oranienburg, mit viel Rücken- aber auch Gegenwind
Der CSD beginnt um 13 Uhr auf der Lehnitzstraße/ Lindenstraße nahe des Bahnhofs Oranienburg (von Berlin-Gesundbrunnen aus dauert es 35 Minuten mit der S-Bahn und 20 Minuten mit dem Regionalzug). Danach zieht die Parade über die Bernauer Straße gen Schlossplatz, wo gegen 14 Uhr eine Kundgebung stattfinden wird. Ab 15:30 Uhr gibt es im Oranienwerk eine Bühnenshow mit mehreren Live-Acts. Danach startet dort die Abschlussparty ab 22 Uhr.
„Einer der größten Auslöser, den CSD in unserer Region zu organisieren, war für mich der tödliche Angriff auf Malte in Münster”, erinnert sich Candy Boldt-Händel, Begründer und Organisator der CSD-Initiative als auch Kreisgeschäftsführer für Die Linke Oberhavel. „Aber es sind natürlich auch die kleineren täglichen Auslöser, wie Beleidigungen und hasserfüllte Kommentare im Internet oder die immer noch meist stereotype Repräsentation der LGBT*-Community in den Medien. Und die Statistiken zeigen, dass Übergriffe auf queere Person immer mehr zunehmen.” Daraus resultierte die CSD-Initiative Oberhavel mit acht Hauptmitwirkenden.
„Hier in der Region gibt es keine queere Infrastruktur wie in Berlin."
Dennoch könnte man fragen: Reicht nicht der Pride im nahen Berlin? „Ein CSD im ländlichen Raum ist enorm wichtig, denn dieser gibt die Möglichkeit, für ein paar Stunden einen Safe Space zu kreieren und offen das bunte Leben zu leben und zu feiern”, erklärt Boldt-Händel. „Hier in der Region gibt es keine queere Infrastruktur wie in Berlin. Es gibt keine Schwerpunktärzte, keine queeren Cafés und kaum queere Kulturangebote.” Seiner Einschätzung nach habe Brandenburg zwar kein größeres Problem mit Queerfeindlichkeit als Berlin, „aber es zeigt sich anders, es findet weniger in der Öffentlichkeit statt und für queere Menschen ist es bedeutend schwieriger sich in ihrem Dorf oder ihrer Kleinstadt zu outen und offen zu leben.”
Deswegen lautet das hehre Ziel der CSD-Organisator*innen: „Wir wollen ungeouteten Menschen zeigen, dass man als queere Person gut im ländlichen Raum leben kann. Dass wir da sind und nicht immer die Flucht in die Großstadt von Nöten ist.” Und Candy ist da selbst bestes Beispiel: Seit 10 Jahren ist er glücklich mit seinem Mann verheiratet. Bisher wurden sie glücklicherweise noch nicht angefeindet und bei seiner Arbeit als Lehrkraft an einer beruflichen Schule wird relativ offen mit sexueller Orientierung und queerer Identität umgegangen.
Hasskommentare und Drohanrufe
Wie stark der Rückhalt im Endeffekt vor Ort sein sollte, überraschte die CSD-Initiator*innen dann aber auch doch. „Wir sind sehr begeistert wie viel Zuspruch wir bekommen”, so Boldt-Händel. On- und offline bekundeten viele ihren Support: von Stadt und Land, über örtliche Vereine und Kulturstätten, Unternehmen, Einzelpersonen und allen Parteien (bis auf - wen wundert’s - AfD und CDU …) Aber Rückenwind erntet eben auch Gegenwind. So hagelte es feige Hasskommentare auf Facebook und Instagram und die Location Oranienwerk bekommt seit der CSD-Planung sogar Drohanrufe.
Deswegen sind die Oberhavler Queers auf Unterstützung angewiesen. Das bedeutet für die Community vor allem, an der Parade teilzunehmen. Damit auf den ersten Oranienburger CSD, bei dem rund tausend Demonstrierende erwartet werden, auch noch weitere folgen werden. „Es muss endlich möglich sein, als queere Person ohne Angst durchs Leben zu gehen!", wünscht sich Candy Boldt-Händel. „Ohne den Gedanken daran: ‘Wann wird mir mal was passieren’.”
Tickets (12 Euro) für die Afterparty: oranienwerk.de
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