Kritik von DAH und LSVD

Erneut Diskriminierung bei der Blutspende

31. Aug. 2023

Die Deutsche Aidshilfe und der LSVD haben die neuen Blutspenderegelungen der Bundesärztekammer scharf kritisiert. Das von der Regierung versprochene Ende der Diskriminierung schwuler Männer habe ihrer Ansicht nach nicht funktioniert

Die Bundesärztekammer (BÄK) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) teilten heute mit, wie Ausschlüsse von der Blutspende zukünftig geregelt werden sollen. Im März diesen Jahres wurde eine Änderung des Transfusionsgesetzes beschlossen: So dürfen Ausschlüsse nicht mehr aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität erfolgen, sondern allein auf Grundlage des individuellen Sexualverhaltens. Die Gesetzesänderung verpflichtete die Bundesärztekammer, die Regelung bis Oktober 2023 anzupassen.

So sollen in Zukunft u. a. Personen ausgeschlossen werden, die in den letzten vier Monaten Analverkehr mit neuen Partner*innen und Geschlechtsverkehr mit HIV-positiven Menschen hatten. Die Novellierung der Richtlinien schließt auch Sex mit HIV-positiven Personen aus, die unter medikamentöser Behandlung stehen und Partner*innen, die eine PrEP einnehmen. Laut Weltgesundheitsorganisation ist das HI-Virus allerdings unter Behandlung praktisch nicht übertragbar.

„Die Bundesärztekammer hat es geschafft, die meisten schwulen Männer weiterhin auszuschließen, ohne dies klar zu benennen."

„Die neuen Regeln sind weder wissenschaftlich evident noch beenden sie die Diskriminierung“, sagt Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung. „Die Bundesärztekammer hat es geschafft, die meisten schwulen Männer weiterhin auszuschließen, ohne dies klar zu benennen. Die neue Regelung hält sogar noch weitere potenzielle Spender*innen unnötig von der Spende ab.“

Analverkehr sei kein Risiko. Diese Annahme ist stigmatisierend, betont die DAH. Zudem werde durch die neue Regelung auch ein weiterer Personenkreis stigmatisiert, der zuvor nicht betroffen war: „Heterosexuelle Menschen, die Sex mit mehr als zwei Partner*innen in vier Monaten oder Analverkehr mit nur einer Person hatten – unabhängig vom realen HIV-Risiko.“

Auch der LSVD kritisierte die Bundesärztekammer und das Paul-Ehrlich-Institut scharf. Sie hätten das Ziel einer diskriminierungsfreien Blutspende deutlich verfehlt, da künftig „Analverkehr mit Sexualpartner*innen außerhalb einer dauerhaften Beziehung pauschal als risikobehaftet klassifiziert werden“ soll. Zudem werde die jahrzehntelange Diskriminierung von Sexualbeziehungen zwischen Männern weitergeführt.

DAH fordert: Nehmt der Bundesärztekammer die Verantwortung weg!

Aufgrund der neuen Blutspenderichtlinien fordert die Deutsche Aidshilfe, der Bundesärztekammer in dieser Sache die Verantwortung zu entziehen: „Zum wiederholten Mal hat die Bundesärztekammer eine inakzeptable Regelung vorgelegt und die Perspektiven zahlreicher kompetenter Verbände zuvor ignoriert. Folge ist eine neue Runde in der öffentlichen Diskussion, die niemand gewollt hat.“

Sie fordert die Regierung auf, ihr Versprechen einer diskriminierungsfreien Lösung auf anderem Wege einzulösen. Eine gesellschaftspolitische Frage dieser Tragweite dürfe nicht allein von medizinischen Fachgesellschaften beantwortet werden. „Die Konsequenz aus dieser unausgegorenen Neuregelung kann nur eine sein: Zurück auf Los. Ein Neustart mit neuen Regeln, ein öffentlicher Diskurs und Transparenz von Anfang an. Niemandem ist damit gedient, das ewige Ritual von Neuregelung durch medizinische Gremien und öffentlicher Kritik daran weiter zu wiederholen. Warum nicht gleich gemeinsam eine Lösung erarbeiten?“, betont der DAH-Vorstand Sven Warminsky.

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