Entscheidung im Parlament: EU soll „LGBTIQ Freedom Zone“ werden
Über 100 Regionen in Polen haben sich in den letzten Jahren als „LGBT-freie Zonen“ deklariert, die Queerfeindlichkeit im Land nimmt weiter zu. Eine Initiative der LGBTI Intergroup im europäischen Parlament will dagegen ein Zeichen setzen und die gesamte EU zum „Freiheitsraum für LGBTI*“ erklären
Es ist ein trauriges Jubiläum: vor zwei Jahren wurde im polnischen Świdnik die erste Resolution verabschiedet, mit der sich die Stadt zur „LGBTI-Ideologie freien Zone“ erklärte. Mittlerweile haben sich über 100 Regionen in Polen mit ähnlichen Deklarationen gegen eine angebliche „LGBTI*-Propaganda“ gestellt. Die polnische Wochenzeitung Gazeta Polska verteilte Sticker mit der Aufschrift „Strefa wolna od LGBT“: auf deutsch „LGBT-freie Zone“.
Ein deutliches Zeichen gegen diese Entwicklungen will nun die LGBTI Intergroup im europäischen Parlament setzen: mit einer eigenen Resolution, die die EU zur „LGBTIQ Freedom Zone“, zu einem Freiheitsraum für LGBTI*, erklärt.
Abstimmung am Donnerstag
Die fraktionsübergreifende Initiative soll ein Signal an alle queeren Menschen und Organisationen ein, „dass das Europäische Parlament an ihrer Seite steht und für ihre Rechte kämpft“, wie es in einer Pressemitteilung der LGBTI Intergroup heißt. „Es ist auch ein Zeichen an Politiker*innen, Regierungen und Entscheidungsträger*innen, dass Diskriminierungen gegen LGBTIQ Personen in keiner Weise mit europäische Werten vereinbar sind.“
Am Mittwoch, den 10.03., wurde im EU-Parlament über die Resolution debattiert, am Donnerstag dann darüber abgestimmt. Wie von der LGBTI Intergroup erwartet, sprach sich eine Mehrheit dafür aus. Von insgesamt 679 Abgeordneten stimmten 492 für den Antrag, 141 dagegen und 46 enthielten sich.
Die Co- und Vize-Präsident*innen der Intergroup entrollten bereits am Dienstag, den 9. März, auf der Esplanade vor dem Parlament ein Regenbogenbanner mit der Aufschrift „LGBTIQ Freedom Zone“. Im Vorfeld der Abstimmung wurde außerdem zu einer Social Media Aktion aufgerufen. Unter dem Hashtag #LGBTIQFreedomZone teilten User*innen Fotos von Regenbogenfahnen und andere queere Botschaften.
Auch der offen schwul lebende polnische Politiker Robert Biedroń steuerte einen Post auf Twitter bei.
Was tut die EU gegen Queerfeindlichkeit?
„Wir hoffen, Aufmerksamkeit für die sich immer weiter zuspitzende Lage für Teile der LGBTIQ-Community in Europa, vor allem aber auch Polen, zu erzeugen“, erklärt Theresa „Terry“ Reintke, Abgeordnete der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und Mitinitiatorin der „LGBTIQ Freedom Zone“, gegenüber SIEGESSÄULE. In Polen laufen inzwischen einige strategische Klagen gegen queere Aktivist*innen, sogenannte SLAPPs (Strategic Lawsuit Against Public Participation), die deren Arbeit massiv erschweren. Die Resolution solle laut Reintke diese Aktivist*innen ermutigen und „moralische Unterstützung“ zeigen. Sie sei aber auch ein klares Zeichen an die Europäische Kommission und die nationalen Regierungschef*innen, sich bei dem Thema nicht „wegzuducken“.
Denn die EU-Institutionen haben durchaus Möglichkeiten, gegen LGBTI*-Feindlichkeit in den Mitgliedsstaaten vorzugehen. Im November 2020 hatte die Europäische Kommission erstmals ein Strategiepapier für LGBTI* vorgestellt. Darin werden konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, die die Mitgliedsstaaten umsetzen sollen, etwa härtere Strafen bei Hassbotschaften und queerfeindlicher Hetze.
Auch können z. B. „Vertragsverletzungsverfahren“ eingeleitet werden, wenn ein Mitgliedsland gegen die EU-Werte und -Regeln verstößt – darunter Gleichbehandlung und die Achtung von Grundrechten – oder EU-Gelder und Zuwendungen können eingefroren werden. Die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei bei diesen Schritten leider „sehr zögerlich“, befindet Terry Reintke. „Ein Grund mehr, um mit der LGBTIQ Freedom Zone-Resolution ordentlich Lärm im Parlament und in der Community zu machen.“
Folge uns auf Instagram
#Europa#EU#LGBT-freie Zonen#Polen#Queerfeindlichkeit#EU-Parlament