Eine nicht binäre Autobiografie: „Genderqueer“
Konservative Hardliner*innen in den USA attackieren Maia Kobabes Buch seit 2019, weil es angeblich „pornografisch“ ist, eine „Gefahr“ für Kinder und eine normabweichende Geschlechtsidentität propagiert. Jetzt liegt die deutsche Ausgabe von „Genderqueer“ vor
Maia Kobabes Erstling „Genderqueer“ – mit dem Untertitel „Eine nichtbinäre Autobiografie“ – spaltet die USA. Die einen sorgen dafür, dass der Comic seit seinem Erscheinen im Jahr 2019 regelmäßig in den Top Ten der aus öffentlichen Bibliotheken und Schulen ver- bannten Werke auftaucht. Die anderen verstehen dessen Wichtig- keit und laden Kobabe derart häufig zu Talkrunden, Workshops und Diskussionen, dass er*sie sich Zeit zum Schreiben weiterer Werke freischaufeln muss. Beides sei wichtig, sagt Kobabe und hätte sich als heranwachsene Person genau dies gewünscht: nicht binäre Vorbilder in der Literatur und im realen Leben.
Suche nach einer stimmigen Identität
Beides zu verbinden schafft „Genderqueer“ durch die autobiografische Herangehensweise: sensibel, ehrlich bis schmerzhaft offen lädt das Buch dazu ein, an Kobabes Erfahrungen teilzunehmen. Um erste, kindliche Verwunderungen geht es da, zum Beispiel wieso andere sein*ihr T-Shirt beim Baden im Meer ausziehen dürfen, er*sie aber von der Lehrperson gemaßregelt wird. Um den Umgang mit Körperlichkeit und damit auch Sex geht es, der so ganz anders verläuft als bei der (queeren) Schwester, für die der weibliche Körper, in dem sie geboren wurde, immer stimmig war. Szenen von familiärem Rückhalt wechseln sich ab mit traumatischen Erfahrungen wie bei der Gynäkologin und der Suche nach stimmiger Identität – für die wundervoll zarte Bilder gefunden werden.
Wer „Genderqueer“ liest, erhält den Eindruck, einer befreundeten Person zuzuhören, und hat am Ende zugleich mehr Einblick wie auch den Wunsch, zu erfahren, wie dieses Leben weitergeht. Eine weiterführende Leseliste ist jedenfalls dabei – Bücher und Mangas, die Kobabe selbst bei der Annäherung an das Thema Nonbinarität halfen. Dass diese (mit Ausnahme der Mangas/Manwhas) von vornehmlich weißen Autor*innen geschrieben sind, hat sicherlich etwas mit der Lebensrealität von Maia Kobabe zu tun.
Maia Kobabe „Genderqueer – Eine nichtbinäre Autobiografie“
(aus dem Amerikanischen von Matthias Wieland)
Reprodukt Verlag, 240 Seiten
20 Euro
reprodukt.com
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