Drag Race Germany: Barbie Breakout brilliert in Pilotfolge
Ab heute ist die erste Episode von „Drag Race Germany“ bei Paramount+ verfügbar. In dem deutschen Ableger der US-Show „RuPaul’s Drag Race“ treten elf Queens aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gegeneinander an. Der Gewinner*in winken Ruhm und 100.00 Euro! Das Berliner Drag-Power-Couple Vivienne P. Lovecraft und Lana Labia hat die Folge für SIEGESSÄULE angeschaut. Überzeugt hat die beiden das respektvolle Miteinander der Queens
„Tischlein, dreh dich!”, ruft Barbie Breakout, die Moderatorin von „Drag Race Germany“, während in Dirndl gekleidete, mit Brezelohrringen geschmückte Dragqueens mit einem Maßkrug in der Hand vor einer bayerischen Märchenkulisse posieren. Der Boden des Sets beginnt sich zu drehen, während dichter Kunstschnee fällt. Die Queens schlagen sich wacker in dieser ersten Mini-Challenge, die deutsche Stereotypen persifliert. Was Schneefall, Maßkrug, drehende Tische und Drag miteinander zu tun haben, bleibt unklar, aber das klamaukige Szenario ist definitiv unterhaltsam anzuschauen.
Die Gewinnerin der ersten Mini-Challenge überzeugt durch eindrucksvolle Verrenkungen und viel Charisma: Pandora Nox, die dritte cis Frau in 14 Jahren Drag-Race-Herstory. Damit ist sie eine Ausnahme in der erfolgreichen, bisher von Männern dominierten Show.
Der Cast ist insgesamt vielversprechend: Barbie Q, Kelly Heelton, Lélé Cocoon, Loreley Rivers, Metamorkid, Nikita Vegas, Pandora Nox, Tessa Testicle, The Only Naomi, Victoria Shakespears und Yvonne Nightstand bringen unterschiedliche Persönlichkeiten, künstlerische Perspektiven und hochwertige Looks mit.
Obwohl Drag in Deutschland nicht mit der US-amerikanischen Szene zu vergleichen ist, präsentiert auch der deutsche Cast für das Franchise typische Prototypen: Zwischen Clubkid Lélé mit fantasievollen Kostümkreationen, Victoria Shakespears, der geraten wurde, sich nicht zu sehr auf ihrer Figur auszuruhen (nach dem berühmten Zitat: „Stop relying on your body!“ von Drag-Race-Jurorin Michelle Visage), Dancing-Queen Kelly Heelton und Fashion-Comedy-Clown Yvonne ist genau das breite Spektrum vertreten, das schon das US-Format so erfolgreich machte.
Zusammenhalt und Schwesternschaft
Oft führen unterschiedliche Perspektiven auf Drag zu Streit und Drama unter den Teilnehmenden. In der ersten Folge rückt erfrischenderweise sehr früh der Zusammenhalt als Schwesternschaft in den Fokus – ein Kontrapunkt zum Klischee der emotionslosen Deutschen: Die Queens liegen sich bereits am zweiten Tag zur „Familienumarmung“ in den Armen, angeleitet von Nikita.
Anschließend sorgen Kelly, Victoria und Barbie Q mit einem emotionalen Austausch über Erfahrungen mit Homophobie in ihren lateinamerikanischen Herkunftsländern für einen weiteren rührenden Moment. Dieser veranschaulicht fast beiläufig, dass die deutschsprachige Drag-Szene selbstverständlich von Personen unterschiedlicher nationaler Backgrounds geprägt ist. Das Format schafft es zum Glück schnell, die plakativen Stereotype von Dirndls, Brezeln und Maßkrug hinter sich zu lassen und den Blick auf die Internationalität und Diversität der Drag-Szene zu richten.
„Barbie begegnet den Kandidatinnen wertschätzend, konstruktiv und mit einer mütterlichen Wärme, die im Drag-Race-Kosmos ihresgleichen sucht.“
Die Show normalisiert, dass Dragqueens aus dem deutschsprachigen Raum ganz verschiedene kulturelle und geschlechtliche Identitäten haben können und setzt damit ein zukunftsweisendes Statement. Pandora bringt es auf den Punkt: Formate wie dieses haben das Potential, die Mehrheitsgesellschaft für Vielfalt zu sensibilisieren. Denn die Gesellschaft, so beschreibt es Moderatorin Barbie Breakout in ihrer ersten Ansprache an die Queens treffend, „wirft uns viel Mist vor die Füße, den wir durch unsere Kunst in Schönheit verwandeln”.
Damit gibt sie den Ton an für die wahrscheinlich herzlichste Moderation aller bisherigen „Drag Race“-Ausgaben. Barbie begegnet den Kandidatinnen wertschätzend, konstruktiv und mit einer mütterlichen Wärme, die im „Drag Race“-Kosmos ihresgleichen sucht. Auch die Juror*innen Gianni Jovanović und New Yorker Mode-Ikone Dianne Brill sowie die Gastjurorin Shirin David kommunizieren respektvoll und auf Augenhöhe mit den Queens.
Highlights auf dem Runway
In der etwas generischen Runway-Kategorie „Zeig uns deinen Signature Drag” reihen sich kreative Style-Highlights aneinander: vom spitzbusigen Denim-Clown-Look von Lélé, über den bolivianischen Glamour-Teufel von Barbie Q, den detailreichen Latex-Sukkubus von Pandora und dem selbstgeschneiderten Häschenkostüm von Yvonne, bis hin zum von ihr selbst als „pretty basic” beschriebenen, aber sehr kleidsamen Paillettenfummel von Naomi.
„Für Staffel zwei wünschen wir uns noch mehr Diversität, Mut zur Intersektionalität und Drag Kings.“
Eine etwas herausforderndere Main-Challenge als ein Runway wäre schön gewesen, um einen Einblick in die Talente der Queens zu bekommen. Ein weiterer Wermutstropfen ist, dass unter den Kandidatinnen keine Plus-Size-Queens anzutreffen sind. Für Staffel zwei wünschen wir uns also noch mehr Diversität, Mut zur Intersektionalität und Drag Kings – die bleiben nämlich bei aller Fortschrittlichkeit von „Drag Race Germany“ leider immer noch außen vor. Unser Fazit für diese Pilotfolge bleibt dennoch: Lieben wir!
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