Gesundheit

Doxy-PEP: Wie sinnvoll ist die „Pille danach“ gegen Geschlechtskrankheiten?

10. Dez. 2024 Axel Schock
Bild: Stephen_UK Pixabay License
Bei der Doxy-PEP wird das Antibiotikum Doxycyclin nach dem Sex eingenommen

Mit der PrEP gibt es eine Möglichkeit, sich durch Tabletteneinnahmen vor einer HIV-Infektion zu schützen. Mit dem Medikament Doxycyclin soll auch das Risiko für andere sexuell übertragbare Infektionen (STIs) gesenkt werden. So vielversprechend das auch klingt, warnen Expert*innen vor Nebenwirkungen und Resistenzen. Wir haben nachgefragt: Für wen ist die Behandlung sinnvoll – und wo liegen die Risiken?

Eine Pille, eingenommen direkt nach dem Sex – mehr braucht es nicht. Also alles super, alles sicher? Nicht ganz. Denn für die sogenannte Doxy-PEP (PEP: Postexpositionsprophylaxe) ist das Medikament Doxycyclin bisher nicht zugelassen, es kann also nur auf eigenes Risiko eingenommen werden. Onlineapotheken haben die Pillen in den letzten Monaten jedoch gezielt bei sexuell sehr aktiven schwulen Männern beworben und einen kleinen Hype ausgelöst.

Dr. Heiko Karcher von der Praxis City Ost hatte bislang lediglich eine überschaubare Zahl an Nachfragen nach der Doxy-PEP – und zwar ausschließlich von Männern, die bereits die HIV-PrEP nehmen, wie er im SIEGESSÄULE-Gespräch erzählt. Wirklich empfehlen aber würde er die Doxy-PEP nur in sehr speziellen Fällen.

Bild: privat
Dr. Heiko Karcher

Einem breiten Einsatz selbst unter PrEP-Usern steht er hingegen kritisch gegenüber, aus mehreren Gründen: So ist das Breitbandantibiotikum Doxycyclin zwar auch in der Langzeitanwendung, zum Beispiel in der Malariaprophylaxe, in der Regel gut verträglich. Doch kann es durchaus unangenehme Nebenwirkungen geben, wie der Infektiologe Karcher aus seiner Praxiserfahrung berichtet. Sie reichen von Sonnenunverträglichkeit bis hin zu schweren Angststörungen.

Antibiotikaresistenzen und unklare Auswirkungen

Hinzu kommt die in der Fachwelt diskutierte Befürchtung, dass durch eine breitere Einnahme Resistenzen entstehen. Schon jetzt ist festzustellen, dass Doxycyclin in Europa, wo das Medikament häufiger zum Einsatz kommt, deutlich schlechter gegen Tripper wirkt als in den USA. Durch solche Resistenzen könnte Doxycyclin als Medikament auch bei der Behandlung anderer bakterieller Infektionen ausfallen.

„Wir wissen zudem bislang wenig darüber, welche Auswirkungen die regelmäßige Einnahme auf Bakterien im Rachenraum oder auf das Mikrobiom im Darm hat“, ergänzt Karcher. Vor allem sei fraglich, ob der prophylaktische Einsatz des Antibiotikums in vertretbarer Relation zu den möglicherweise verhinderten Infektionen steht.

Denn Chlamydien-Infektionen verlaufen beispielsweise oft asymptotisch, müssten also nicht zwangsläufig behandelt werden. Für Infektiologen ist die Doxy-PEP daher hauptsächlich für die Prophylaxe der gefährlicheren, aber weitaus selteneren Syphilis interessant. Doch um eine Infektion zu vermeiden, müssten statistisch gesehen etwa 25 Personen ein ganzes Jahr regelmäßig die Doxy-PEP einnehmen, wie Heiko Karcher erläutert.

„Wir wissen bislang wenig darüber, welche Auswirkungen die regelmäßige Einnahme auf Bakterien im Rachenraum oder auf das Mikrobiom im Darm hat.“

Zudem kann die Syphilis gut getestet und behandelt werden. Durch die regelmäßige Einnahme der Doxy-PEP kann die ohnehin manchmal schon komplizierte Diagnostik der Syphilis allerdings weiter erschwert werden, weil durch die Wirkung des Medikaments die Antikörperentwicklung verzögert werden kann. Aus diesen Gründen spricht sich auch die Deutsche STI-Gesellschaft gegen eine breite Anwendung der Doxy-PEP aus und empfiehlt sie lediglich für Einzelfälle mit besonderen Risikokonstellationen. Also beispielsweise für Menschen, die bereits mehrfach an Syphilis erkrankt waren oder an Gruppensex- beziehungsweise Chemsex-Partys teilnehmen.

Fazit: Die Doxy-PEP scheint somit zwar für bestimmte Gruppen ein zusätzlicher Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen zu sein, birgt jedoch auch Risiken. Neben Resistenzen, Nebenwirkungen und noch nicht ausreichend erforschten Auswirkungen bleibt unklar, wie hoch der prophylaktische Nutzen tatsächlich ist. Für den allgemeinen Gebrauch wird die Doxy-PEP daher nicht empfohlen.

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