Die queeren Filme der Berlinale 2021
Die Internationalen Filmfestspiele Berlin werden in diesem Jahr als Open-Air-Event in verschiedenen Freiluftkinos der Stadt veranstaltet. Auch wenn das Programm pandemiebedingt etwas reduziert wurde, gibt es dennoch einige queere Filme zu entdecken. SIEGESSÄULE-Redakteurin Annabelle Georgen gibt einen Einblick
Die Berlinale in der Sonne, statt im Schnee und im Regen. Die Vorstellung mag verwirrend erscheinen, es ist aber nicht das erste Mal, dass die Berlinale im Juni stattfindet. Früher fanden die Internationalen Filmfestspiele Berlin immer im Juni statt – bis der damalige Festivalleiter Wolf Donner 1978 die mutige Entscheidung traf, die Berlinale in den Februar zu verlegen. Der Gedanke dahinter war, nicht mehr im Schatten des französischen Festivals in Cannes zu stehen, das im Mai stattfindet. Letzteres steigt übrigens pandemiebedingt dieses Jahr im Juli.
Aber zurück nach Berlin. Um den Gästen einen maximalen Schutz vor Ansteckung zu bieten und sich an die Verordnungen des Landes Berlin anzupassen, spielt sich die Berlinale in diesem Jahr als reine Open-Air-Veranstaltung ab – in über 16 Open-Air-Kinos quer durch die ganze Stadt. Etwa in den Freiluftkinos Kreuzberg, Hasenheide, Friedrichshain und Rehberge, in den Arte-Sommerkinos am Kulturforum und am Schloss Charlottenburg, aber auch an eher ungewöhnlichen Locations wie dem silent green Kulturquartier, auf der Dachterrasse des HKW oder auf der Museumsinsel. Dort wird das Festival am 9. Juni eröffnet. Auch die Preisverleihung an die bereits im März von der offiziellen Jury bestimmten Gewinner*innen findet auf der Museumsinsel statt.
Selbst in diesen schwierigen Zeiten will die Berlinale ein Publikumsfestival bleiben: „Das Publikum wird ein ganz besonderes, gemeinsames Festivalerlebnis bekommen, etwas, das wir alle schon so lange vermissen“, hieß es in einer Pressemitteilung der Festivalleitung. Nachdem im März die Internationalen Filmfestspiele Berlin als digitales Event nur für Fachleute stattfanden, findet jetzt der zweiten Teil des Festivals im Juni (09.-20.06.) fürs Publikum statt. Die Tickets für das „Berlinale Summer Special“ gibt es seit dem 03.06. im Vorverkauf.
Highlights
Einige queere Filme gibt es zu entdecken, wie gewöhnlich vor allem in der Panorama-Sektion. Zum Beispiel das lesbische Drama „Glück“ von Henrika Kull, das sich in der Kulisse eines Berliner Großbordells abspielt. Zwei Sexarbeiter*innen verlieben sich ineinander. Oder der dreiteilige Spielfilm des japanischen Regisseurs Ryūsuke Hamaguchi „Guzen to sozo“, der sich in einer märchenhaften Erzählweise um weibliche Figuren und ihre amourösen Verstrickungen dreht. Der israelische Spielfim „Mishehu Yohav Mishehu“ der Regisseurin Hadas Ben Aroya porträtiert eine vordergründig sorglose Generation junger Israelis, die alles ausprobieren wollen.
Auch spannende Dokus gibt es in diesem Jahr, wie „Instructions for Survival“ (Perspektive Deutsches Kino) von Yana Ugrekhelidze: erzählt wird die Geschichte eines jungen trans Manns aus Georgien, der dort versteckt leben muss und sich Testosteron nur illegal besorgen kann. Gemeinsam mit seiner Freundin macht er sich auf die Suche nach einer sicheren Heimat. Eines der Highlights dieser 71. Ausgabe ist zweifellos „Genderation“ (Panorama) von Monika Treut. Zwanzig Jahre nach „Gendernauts“, ihrer Doku über die queere Szene San Franciscos, hat die deutsche Filmemacherin die Protagonist*innen erneut besucht – vor dem Hintergrund einer sich rasant immer weiter gentrifizierenden Stadt.
Queeres Berlinale-Programm
Glück
von Henrika Kull, Deutschland 2021
Liebesfilm über zwei Sexarbeiterinnen, die in einem Berliner Bordell zueinanderfinden.
Mi 09.06. 21:30 Freiluftkino Kreuzberg
Do 10.06. 21:30 Freiluftkino Friedrichshagen
Stop-Zemlia
von Kateryna Gornostai, Ukraine 2021
Coming-of-Age-Drama über ukrainische Teenager, die sich am Ende ihrer Schulzeit befinden. Ein Film über Identitätssuche, erste Liebe und die Tücken der Pubertät.
Mi 09.06. 21:30 Freiluftkino Rehberge
Do 10.06. 21:45 Freiluftkino Pompeji
Das Mädchen und die Spinne
von Ramon Zürcher, Silvan Zürcher, Schweiz 2021
Lisa zieht aus der WG mit Mara aus, um künftig allein zu wohnen. An den beiden Umzugstagen geht einiges zur Bruch. Kein klassisches LGBTIQ*-Kino, sondern eher ein Film mit queeren Untertönen.
Mi 09.06. 22:15 ARTE Sommerkino Kulturforum
Fr 11.06. 22:00 Freiluftkino vom Filmrauschpalast
Mi 07.07. 21:45 Freilichtbühne Weisenssee
Genderation
von Monika Treut, Deutschland 2021
20 Jahre nach ihrem Film „Gendernauts“ sucht Regisseurin Monika Treut die Pionier*innen der Trans*-Bewegung von damals auf und zeigt, wie sich deren Leben und Aktivismus entwickelt haben.
Do 10.06. 21:30 Freiluftkino Kreuzberg
Do 17.06. 21:45 Freiluftkino Biesdorfer Parkbühne
It's a sin
von Russell T Davies, Nicola Shindler, Peter Hoar, UK 2020
Russell T Davies („Queer as Folk“) legt die erste Serie vor, die sich mit der Aids-Krise in Großbritannien auseinandersetzt. Anfang der 80er-Jahre kreuzen sich in London die Wege mehrerer schwuler Männer, die in der queeren WG „Pink Palace“ ihr Zuhause finden. Noch ahnen sie nicht, dass sich zur selben Zeit auch ein tödliches Virus ausbreitet.
Fr 11.06., 21:30 Sommerkino Schloss Charlottenburg
Instructions for Survival
von Yana Ugrekhelidze, Deutschland 2021
Doku über einen trans Mann, der in seiner Heimat Georgien im Verborgenen leben muss. Um der perspektivlosen Lage zu entkommen und das Land verlassen zu können, entschließt sich dessen Frau für 12.000 US-Dollar, sich auf eine Leihmutterschaft einzulassen
So 13.06. 21:45 Freiluftkino Hasenheide
Di 15.06. 21:45 Freiluftkino Friedrichshagen
All Eyes Off Me (Mishehu Yohav Mishehu)
von Hadas Ben Aroya , Israel 2020
Ein Generationenportrait: Der israelische Spielfilm zeigt eine scheinbar sorglose Generation junger Israelis, die alles ausprobieren wollen. Dabei geht es um Körperlichkeit, Verlangen und seelische wie physische Verletzungen.
Di 15.06. 21:45 Freiluftkino Kreuzberg
Sa 19.06. 21:45 Freiluftkino vom Filmrauschpalast
Moon, 66 Questions
von Jacqueline Lentzou, Griechenland / Frankreich 2021
Im Mittelpunkt des Dramas steht eine Vater-Tochter-Beziehung: Nach Jahren kehrt Artemis aufgrund des Gesundheitszustands ihres Vaters nach Griechenland zurück, um sich dort um ihn zu kümmern. Die beiden nähern sich nur langsam wieder an, doch als Artemis die wohlgehüteten Geheimnisse ihres Vaters entdeckt, entwickelt sie Verständnis für ihn.
Di 15.06. 22:15 ARTE Sommerkino Kulturforum
Mi 16.06. 22:00 Frischluftkino@Studentendorf
Wheel of Fortune and Fantasy (Guzen to sozo)
von Ryusuke Hamaguchi , Japan 2021
Der in drei Episoden gegliederte Spielfilm des japanischen Regisseurs Ryūsuke Hamaguchi dreht sich um verschiedene Frauenfiguren, darunter auch eine unerwartete amouröse Dreieckskonstellation.
Di 15.06. 19:00 Freiluftkino Museumsinsel
Mi 16.06. 22:00 ARTE Sommerkino Schloss Charlottenburg
Do 17.06. 22:00 Frischluftkino@Studentendorf
Miguel’s War
von Eliane Raheb, Libanon / Deutschland / Spanien 2021
Dokuportrait eines schwulen Mannes, der nach 37 Jahren wieder in den Libanon zurückkehrt und sich den Geistern seiner Vergangenheit stellt. Vielfältige Konflikte um seine nationale, religiöse und sexuelle Identität trieben ihn mit Anfang 20 zur Flucht nach Spanien.
Mi 16.06. 21:30 Freiluftkino Kreuzberg
Sa 19.06. 21:45 Freiluftkino Pompeji
North By Current
von Angelo Madsen Minax, USA 2021
Der ungeklärte Tod der Nichte führt den Regisseur zurück zu seiner Familie. Die Doku ist ein persönlicher Essay über Mutterschaft, Trauerarbeit und trans* Maskulinität.
Do 17.06. 21:45 Freiluftkino Kreuzberg
The Scary of Sixty-First
von Dasha Nekrasova, USA 2021
Die schwarze Komödie, die sich an die Giallo-Thriller und Psycho-Horrorfilme der 70er orientiert, bietet klassisches Mitternachtskino: Zwei WG-Genossinnen erkunden die düsteren Geheimnisse ihres neuen Apartments an der Upper East Side und werden von den Geistern der Opfer eines pädophilen Milliardärs verfolgt. Bei ihrer Reise in dunkle Abgründe kommen sie sich auch körperlich näher.
Sa 19.06. 22:15 ARTE Sommerkino Kulturforum
So 20.06. 22:00 Frischluftkino@Studentendorf
Teddy Award Gewinnerfilm 2021
Der Teddy Award, der queere Filmpreis der Internationalen Filmfestspiele Berlin, wird am Freitag, den 18.6., bei der 35. Teddy Award Preisverleihung vergeben. Diese findet online statt. Am Montag, den 28.06., läuft dann der diesjährige Gewinnerfilm in der Kategorie "Bester Spielfilm" im Sommerkino Schloss Charlottenburg.
Mo, 28.06., 21:45 Sommerkino Schloss Charlottenburg
71. Berlinale – Summer Special, 09.–20.06., verschiedene Open-Air-Locations
Teddy Award
Der Teddy Award ist der LGBTIQ*-Filmpreis der Internationalen Filmfestspiele Berlin. Er wird seit 1987 in den Kategorien Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilm vergeben. Die Preisverleihung am 18.6.2021 um 19 Uhr wird in diesem Jahr online stattfunden und live aus dem Teddy-TV-Studio auf teddyaward.tv gestreamt werden. Den Gewinnerfilm aus der Kategorie „Bester Spielfilm" gibt es dann noch einmal am 28.06. um 21:45 im Sommerkino Schloss Charlottenburg zu sehen.
Der diesjährige Special Teddy Award wird an Filmkurator*in, Archivar*in, Filmemacher*in, Autor*in und LGBT-Filmhistoriker*in Jenni Olson vergeben, um Olsons „jahrzehntelange brückenbauende Arbeit mit der sie queere Filmgeschichte sicht- und greifbar macht" zu ehren.
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