Premiere von „Il Teorema di Pasolini“

Deutsche Oper bringt Pasolinis „Teorema“ auf die Bühne

15. Juni 2023 Ecki Ramón Weber
Bild: Fabrizio Sansoni
Der italienische Komponist Giorgio Battistelli

An der Deutschen Oper wird am 16. und 21. Juni Giorgio Battistellis neue Oper „Il Teorema di Pasolini“ aufgeführt, basierend auf dem queeren Film-Klassiker von Pier Paolo Pasolini aus dem Jahr 1968. Regie führt das britisch-irische Theaterkollektiv Dead Centre

Ein attraktiver Fremder meldet sich bei einer Mailänder Industriellenfamilie und mischt diese samt Hausangestellten kräftig auf. Niemand aus dem Palazzo kann den erotischen Reizen des jungen Eindringlings widerstehen. Mit allen hat er Sex. Die starren Konventionen des großbürgerlichen Haushalts entlarven sich als sinnentleerte Posen. Die Folgen dieser überwältigenden Power of Love: Nichts bleibt beim Alten, nachdem der Besucher unerwartet wieder abreist.

Der Sohn des Hauses verschreibt sich fortan der Kunst, die Tochter wird von psychischen Problemen heimgesucht, die Hausangestellte stürzt sich in die Religion und wird Wunderheilerin. Die zuvor streng moralische Mutter beginnt exzessive Affären mit Arbeitern. Und der vorher als Firmenpatriarch agierende Vater übergibt seine Fabrik der Belegschaft und zieht sich nackt als Eremit in die Natur zurück.

Aufblitzende Reste eines menschlichen Kerns

So verläuft grob die Handlung des Films „Teorema – Geometrie der Liebe“. Nah am Puls der damaligen Zeit werden sexuelle Befreiung und die Forderungen nach Teilhabe und Umverteilung der Besitz- und Machtverhältnisse zusammengedacht.

Es war der offen schwul in Italien lebende deutsche Komponist Hans Werner Henze, der das musikdramatische Potenzial von Pasolinis „Teorema“ zuerst erkannte. Er sicherte sich früh die Rechte am Stoff. Als er später die Münchener Musikbiennale leitete, schlug er die Pasolini-Vorlage seinem jüngeren Kollegen Giorgio Battistelli vor. So entstand dessen Kammeroper „Teorema“, die 1992 zur Uraufführung kam. Jetzt hat sich Battistelli erneut den Stoff vorgenommen – als abendfüllende Oper für die große Bühne an der Bismarckstraße.

„Es war der offen schwule Komponist Hans Werner Henze, der das musikdramatische Potenzial von Pasolinis 'Teorema' zuerst erkannte.“

Jörg Königsdorf, Chefdramaturg des Hauses, erläutert im SIEGESSÄULE-Gespräch: „Battistelli greift Pasolinis Idee der Entfremdung auf, indem er die Figuren in der dritten Person singen lässt. Ihre Deformationen unterstreicht er, indem er ein ganzes Arsenal an Vokaltechniken benutzt, auch mal verschiedene Atemgeräusche, Flüstern oder einzelne ausgesungene Worte als aufblitzende Reste eines menschlichen Kerns.“

Regie führt das Theaterduo Dead Centre, bestehend aus Ben Kidd und Bush Moukarzel. Sie verlegen die Handlung in unsere Zeit. Königsdorf: „Die Unfähigkeit der Menschen, miteinander zu kommunizieren, ist heute aktueller denn je. Und die Verteilungsfrage, die viele damals bewegte, ist ja unvermindert virulent.“

SIEGESSÄULE präsentiert:
Il Teorema di Pasolini
16.+21.06. ab 19:30 Uhr Deutsche Oper
deutscheoperberlin.de

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