Coming-of-Age-Film

„Der schöne Sommer“ – lesbische Liebe im faschistischen Italien

17. Sept. 2024 Axel Schock
Bild: CINEMIEN
Yile Yara Vianello (li.) und Deva Cassel (re.) im Coming-of-Age-Drama „Der schöne Sommer“

Durch die Begegnung mit der selbstbewussten Amelia eröffnen sich für Ginia neue Welten. Laura Luchettis „Der schöne Sommer“ ist ein flirrendes Coming-of-Age-Drama, angesiedelt im Turin des Jahres 1938

„Der schöne Sommer“ – der Filmtitel könnte treffender kaum sein. Denn es ist eine mondäne, von Licht und Sonne durchflutete Welt, die sich Ginia (Yile Yara Vianello) im Sommer des Jahres 1938 offenbart. Ihr Alltag – die Wohngemeinschaft mit ihrem älteren Bruder Severino (Nicolas Maupas) und die Arbeit als Näherin in einem Turiner Schneidersalon für die gehobene Kundschaft – stellt sie zufrieden. Aber das kann nicht alles sein. Sie träumt davon, selbst Kleider entwerfen zu dürfen. Und dann ist da auch noch die diffuse Sehnsucht nach erotischen Erfahrungen.

Dass dieser Sommer für die 18-jährige Ginia zu einem Aufbruch ins Erwachsenenleben wird, ist Amelia zu verdanken. Als Ginia der ungestümen Frau zum ersten Mal begegnet, ist sie von deren selbstbewusstem wie unkonventionellem Auftreten fasziniert. Amelia raucht und trinkt und sie weiß um ihre Wirkung: Draufgängerisch flirtet sie mit Männern wie mit Frauen und ist ein in der Turiner Kunstszene begehrtes Aktmodell. Gespielt wird Amelia von Deva Cassel, der Tochter von Vincent Cassel und Monica Bellucci; und so setzt Laura Luchetti die Debütantin selbst auch wie einen Star in Szene.

Sommerlich-leichter Balztanz

Zunächst irritiert, dann aber zunehmend geschmeichelt, nimmt Ginia Amelias Interesse an ihr wahr. Sie lässt sich von ihr in Bohemekreise einführen und zu exquisiten Partys an illustren Orten entführen. Amelias Aufmerksamkeit zeigt schnell Wirkung: Ginia nimmt nun auch sich und ihren eigenen Körper anders zur Kenntnis, erkundet ihn in der Badewanne, betrachtet sich im Spiegel – und nutzt die nächstbeste Gelegenheit, um ihre Jungfräulichkeit zu verlieren.

„Laura Luchetti inszeniert diese langsame Annäherung der beiden Frauen als ein vorsichtiges Herantasten, als einen sommerlich-leichten Balztanz.“

Laura Luchetti inszeniert diese langsame Annäherung der beiden Frauen als ein vorsichtiges Herantasten, als einen sommerlich-leichten Balztanz. Es sind solche sinnlichen Momente und auch die Opulenz und detailgenaue Ausstattung dieses Historienfilms, die Laura Luchettis sehr freie Adaption des gleichnamigen Romans von Cesare Pavese auszeichnen. Die politische Umbruchsituation im faschistischen Italien wird zum Beispiel wenig thematisiert. Die Regisseurin versetzt sich in die Perspektive der unpolitischen Gina, die total ihrer Selbsterfindung gewidmet ist.

Der schöne Sommer,
Italien 2023,
Regie: Laura Luchetti.
Mit Yile Yara Vianello, Deva Cassel, Nicolas Maupas u. a.
Ab 19.09. im Kino

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