Das Tuntenhaus bleibt
Die Entscheidung ist gefallen: Das Tuntenhaus darf in der Kastanienallee 86 im Prenzlauer Berg bleiben. Seit Februar bangen die Bewohner*innen des queeren Wohnprojekts um ihr Zuhause. Nun konnte der Verkauf verhindert werden
Am 16. Mai knallen im Tuntenhaus die Sektkorken: Der Verkauf an einen profitorientierten Investor konnte verhindert werden. „Drei Monate voller Blut, Schweiß und Tränen sind ausgestanden“, kommentiert Jil Brest, Pressesprecherin des Tuntenhauses. Seit die 36 Bewohner*innen Mitte Februar 2024 erfahren haben, dass ihr Haus verkauft wurde, haben sie gewirbelt. Petition, Solikonzert, Gespräche mit Politiker*innen und eine knallvolle Rave-Kundgebung inklusive Dragshow – die Hausgemeinschaft gab alles. Höhepunkt war dann ein Tuntenspaziergang mit Federboa und Geschmeide durch das bayrische Wörth, dem Wohnsitz des Käufers. Der hätte den sanierungsbedürftigen Altbau vermutlich schick gemacht und anschließend Mieten verlangt, die sich niemand hätte leisten können.
„Queeres Leben und Orte der Vielfalt sollen weiterhin sichtbar bleiben in unserer Stadt.“
Doch zum Glück liegt das Haus in einem so genannten Milieuschutzgebiet. Das bedeutet: Die Bezirke können über ihr Vorkaufsrecht dem Investor das Haus vor der Nase wegschnappen und es einem gemeinwohlorientierten Dritten übertragen. Dies ist nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom November 2021 zwar nur noch bei erheblichen baulichen Mängeln zulässig, doch genau das ist hier der Fall. Solidaritätsbekundungen für einen der letzten queeren Freiräume in der Stadt gab es reichlich, auch von der Politik. „Queeres Leben und Orte der Vielfalt sollen weiterhin sichtbar bleiben in unserer Stadt“, erklärte Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung Cornelius Bechtler (Grüne). Nur mit einem gemeinwohlorientierten Eigentümer könne das queere Wohnprojekt weiterbestehen. Das Problem: die Finanzierung. Mit rund 1,5 Millionen Euro Kaufpreis ist das Haus zwar ein Schnäppchen, doch der Sanierungsbedarf ist um ein Vielfaches höher. Zweiter Grund für die Zitterpartie: Der Käufer hätte den Vorkauf verhindern können, indem er eine so genannte Abwendungsvereinbarung unterschreibt, mit der er sich verpflichtet, die Ziele des Milieuschutzes einzuhalten.
Letztendlich – und nach vielen Tassen Baldriantee im Tuntenhaus – kam es nun zu einer guten Lösung. Die Stiftung Edith Maryon wird das Haus kaufen, sanieren und es anschließend in Erbbaupacht der Selbstbau eG überlassen, einer Genossenschaft, die viel Erfahrung mit alternativen Wohnprojekten hat. Der Senat hat dafür Fördergelder für Ankauf und Sanierung locker gemacht. Das Tuntenhaus existiert seit 1990, ist somit Berlins ältestes queres Wohnprojekt, und wird nun auch weiterhin ein Ort sein, an dem geschlechtliche und sexuelle Vielfalt gelebt wird.
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