Interview mit Jens Ahrens

Coronavirus: Was empfiehlt die Berliner Aids-Hilfe?

12. März 2020 Michael G. Meyer

Müssen sich HIV-positive Menschen in einer besonderen Weise vor dem Coronavirus schützen? Was sind die wichtigsten Schutzmaßnahmen für alle? Wir fragten Jens Ahrens, Referent für Gesundheitsförderung und fachlicher Leiter für Prävention bei der Berliner Aids-Hilfe (BAH)

Herr Ahrens, das Coronavirus ist ja offenbar ein sich sehr schnell ausbreitendes Virus. Welche Vorsichtsmaßnahmen sollten speziell Menschen mit HIV oder mit Vorerkrankungen treffen? Alle Personen, die in HIV-Behandlung sind, die ihren HIV-Status kennen und deren Immunsystem also intakt ist, für die gelten dieselben Vorsichtsmaßnahmen wie für alle anderen auch. Das Wichtigste ist: Hände waschen so oft es geht, vor allem lange waschen! Die Grundregel ist: zweimal „Happy Birthday“ singen, auch zwischen den Fingerspitzen waschen und das Handgelenk nicht vergessen. Am besten mehrmals am Tag, und vor allem wenn man von draußen kommt. Ansonsten sollte man zu anderen Menschen Abstand halten und Umarmungen und Händeschütteln vermeiden. Wichtig ist auch die „Niesettikette“: immer in die Armbeuge husten und niesen, außerdem möglichst nicht Augen, Nase und Mund mit den eigenen Händen berühren. Wer an einem Ort mit Publikumsverkehr arbeitet, sollte unbedingt häufig lüften und Gegenstände desinfizieren, die viele Leute anfassen, also Türklinken, Geländer und solche Dinge. Das sind die wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen.

Sollte man im Moment überhaupt noch feiern gehen? Auch stellt sich die Frage nach sexuellen Kontakten mit Menschen, die sich möglicherweise noch nicht so gut kennen. Was rät man in der jetzigen Situation? Das schließt an die erste Frage an: es ist eben eine leicht übertragbare Infektion. Wenn man an Orte geht, wo viele Leute sind, ist das ein höheres Risiko. Jede*r muss das für sich entscheiden. Man sollte versuchen, nicht zu viele körperliche Kontakte zu haben. An Orten wie Darkrooms oder bei Sexpartys geht das natürlich nicht, da muss man vernunftbasiert entscheiden. Aber das gilt für jede*n in Berlin, nicht nur für HIV-Positive!

Was sollen Personen tun, die grippeähnliche Symptome entwickeln? In den Medien wurde oft betont, dass man nicht zum Arzt gehen solle, um dort nicht möglicherweise noch weitere Personen anzustecken. Was ist das Beste in einer solchen Situation? Also HIV-positive Personen werden ja einen behandelnden Arzt haben, aber auch für alle anderen gilt: Nicht gleich in die Praxis gehen, sondern erstmal anrufen, Symptome schildern, den gesundheitlichen Zustand abklären. Wenn es Verdachtsmomente gibt, wird der Arzt oder Ärztin möglicherweise versuchen, einen separaten Raum freizumachen, damit es im Wartezimmer nicht zu Ansteckungen kommt. Grundregel ist also: erstmal anrufen, nicht gleich zum Arzt oder zur Beratungsstelle gehen.

Ein Problem der Berichterstattung über das Coronavirus scheint auch zu sein, dass es so viele unterschiedliche Meinungen und Einschätzungen gibt. Um sich seriös zu informieren - wo sollte man am besten schauen, mit wem sollte man sprechen? Nachrichten hören und auf aktuelle Entwicklungen reagieren ist immer gut. Aber wer sich genauer informieren will, sollte die Seite des Robert-Koch-Institutes aufsuchen, die haben den besten Überblick und informieren täglich aktuell über die Ausbreitung des Virus. Das ist eigentlich die beste Adresse für Informationen zum Thema.

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#BAH#HIV#Aidshilfe#Coronavirus

Update 13. März 2020

Nach einer Sondersitzung des Berliner Senats wurde am 13.03. die Entscheidung verkündet, dass alle Clubs, Kneipen und Bars in Berlin ab Dienstag geschlossen werden. Die Situation soll dann am 20. April neu bewertet werden.

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