Bundestagswahl: Was versprechen die Parteien für LGBTIQ*?
Endspurt: am 26. September ist Bundestagswahl! Wer nach wie vor unentschlossen sein sollte, wir haben nochmals eine kleine Hilfe für euch zusammengestellt. Was sagen die Parteichefs und Kanzlerkandidat*innen? Was steht in den Wahlprogrammen von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken? Was planen die Parteien in Sachen queere Rechte oder zu Themen wie soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz?
CDU/CSU
Das steht im Wahlprogramm:
Die CDU fällt dadurch auf, dass in ihrem Wahlprogramm zwar häufig von Familie die Rede ist. Es gibt aber keine Ideen zur Gleichstellung von queeren Familien und der Reformierung des Abstammungsrechts, keine Erwähnung wie queere Infrastrukturen unterstützt und geschützt werden könnten, nichts zum Transsexuellengesetz, Operationen an inter* Kindern, auch nichts zur Gleichstellung in Art.3 Absatz 3 des GG. Die geltenden Blutspenderichtlinien werden von der Union ebenso wenig angefasst wie die allgemeine schwierige Gesundheitsversorgung von trans* Personen.
Sie halten auch in Sachen Rente an dem Eintrittsalter von 67 Jahren fest und fordern eine Vorsorgepflicht für alle nicht abgesicherten Selbständigen. Im Bereich Gleichstellung fordern sie mehr Familienfreundlichkeit in Führungspositionen und die Beseitigung von geschlechterspezifischen Lohn- und Rentenlücken. Am aktuellen Mindestlohn von 9,50 Euro wird nichts verändert. Beim Thema Klima bezieht man sich auf die internationale Klimapolitik. Dort will man beispielsweise Schwellen- und Entwicklungsländer stärker mit Know-how unterstützen. 2045 soll Deutschland klimaneutrales Industrieland sein.
Hier geht´s zum Interview mit CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet
SPD
Das steht im Wahlprogramm:
Die SPD will queere Familien absichern, indem sie rechtlich gleichgestellt und die Option der Verantwortungsgemeinschaft eingeführt wird. Sie spricht sich außerdem für ein modernes Abstammungsrecht aus und fordert gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Ehepaare bei Adoptionen. Auch soll mit ihnen das Transsexuellengesetz reformiert werden, man wolle trans*, inter* und nicht binäre Menschen im Recht gleich behandeln. Sie sprechen sich deutlich gegen Diskriminierung und Gewalt aus und haben einen Aktionsplan spezifisch gegen Homo-, Bi-, Trans- und Interphobie zusammengestellt. Die Anti-Diskriminierungsstrategie bezieht auch die aktuellen Richtlinien der Bundesärztekammer bei Blutspende mit ein. Diese Richtlinien wollen sie abschaffen. Gegen Hasskriminalität soll durch gut ausgestattete Strafverfolgungsbehörden konsequent vorgegangen werden. Zudem will man zivilgesellschaftliche Organisationen gegen Hasskriminalität unterstützen.
Die Gleichstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen soll bis 2030 umgesetzt sein. Das bezieht auch Löhne und Renten mit ein. Dort soll Pflege- und Care-Arbeit bei Renten gleich behandelt werden. Das Renteneintrittsalter soll mit der SPD nicht weiter angehoben werden. Den Mindestlohn will man auf 12,- Euro festlegen mit Aussicht auf Erhöhung. Hinter den aktuellen Klimazielen steht die Partei, d.h. bis 2045 soll Deutschland treibhausgasneutral sein und das europäische Klimaziel will man deutlich überholen, indem man bis 2030 65 Prozent (anstatt der festgelegten 40%) der CO2-Emissionen einspart.
Hier geht´s zum SIEGESSÄULE-Interview mit SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz
Bündnis 90/ Die Grünen
Das steht im Wahlprogramm:
Die Grünen wollen queere Familien durch ein vielfältiges Familienrecht schützen, indem die elterliche Mitverantwortung bei den sozialen Eltern gestärkt wird. Man will das Abstammungsrecht reformieren, damit Co-Mütter* automatisch als rechtliches Elternteil gelten. Die Reproduktionsmedizin soll für nichteheliche Lebensgemeinschaften und lesbische Paare ebenfalls offen stehen. Das Transsexuellengesetz soll aufgehoben werden und die Änderung der Geschlechtsangabe auf Antrag möglich sein. Auch unnötige Operationen an inter* geschlechtlichen Kindern will man verbieten. Für Trans* Personen gibt es einen Anspruch auf körperangleichende Maßnahmen und geschlechtsangleichende Operationen sollen von den Krankenkassen gezahlt werden. Außerdem fordert man die Abschaffung der aktuellen Richtlinien zur Blutspende. Der Begriff “sexuelle Identität” soll in Artikel 3 Absatz 3 des GG aufgenommen werden. Queere Infrasturkturen will man durch intersektionale Schutzkonzepte und Zufluchtsräume stärken. Außerdem soll es einen bundesweiten Aktionsplan für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe mit Maßnahmen zur LGBTIQ*-inklusiven Gesellschaftspolitik und Strukturförderung ihrer Verbände geben. Um Hasskriminalität und geschlechtsspezifischer Gewalt zu begegnen will man eine Reform der Kriminalstatistik.
Die Grünen wollen mit dem Gender-Budgeting die Gleichstellung bei finanzpolitischen Entscheidungen garantieren. Außerdem will man Gleichstellungsdaten erheben und unabhängige Studien an staatlichen Institutionen durchführen, um gegen Diskriminierung vorzugehen. Am Rentenniveau und Renteneintrittsalter soll sich bei den Grünen nichts ändern. Man fordert aber einen öffentlichen, politisch unabhängig verwalteten Bürgerfond als Zusatz zur Rente. Der Mindestlohn soll auf 12,- angehoben werden mit der Option ihn weiter zu erhöhen. Für den Klimaschutz wollen die Grünen ein Klimaschutz-Sofortprogramm einführen. Damit will man unter anderem bis 2030 die CO2-Emission auf 70% senken und den Kohleausstieg schaffen. Klimaneutralität soll auch durch die Mobilitätswende erreicht werden.
Hier geht´s zum SIEGESSÄULE-Interview mit Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock
FDP
Das steht im Wahlprogramm:
Die FDP will queere Familien unterstützen, indem sie die Verantwortungsgemeinschaft einführt. Sie plant außerdem das Transsexuellengesetz abzuschaffen und spricht sich für ein Selbstbestimmungsgesetz aus. Die Änderung der Geschlechtseintrags per Selbstauskunft soll möglich sein. Therapien zur Geschlechtsangleichung sollen von den Krankenkassen übernommen werden und es darf keine Operationen an inter* Kindern geben, die eine Geschlechtsidentität erzwingen. Vage bleibt das Programm bei dem Sorge-, Adoptions- und Abtreibungsrecht. Es solle modernisiert werden, heißt es. Die Reproduktionsmedizin will die Partei allen zur Verfügung stellen unabhängig von Familienstand und sexueller Orientierung. Im Bereich Gleichstellung heißt es ganz allgemein, dass man die Selbstbestimmung aller Individuen frei von Rollenzuschreibungen anstrebe. Gegen Hasskriminalität im Netz müsse der Staat entschieden vorgehen, auch hier gibt es keine genaueren Ausführungen.
Als Altersvorsorge wollen die Liberalen ein sogenanntes Baukastenprinzip aus gesetzlich, betrieblicher und privater Altersvorsorge. Für eine Erhöhung des aktuellen Mindestlohns von 9,50 Euro sprechen sie sich nicht aus. Im Bereich Klimaschutz bekennen sie sich zur Agenda 2030 und fordern internationale Maßnahmen. Sie wollen außerdem das Geo-Engineering weitläufiger ermöglichen, um CO2 zu speichern.
Hier geht´s zum SIEGESSÄULE-Interview mit FDP-Chef Christian Lindner
Die Linke
Das steht im Wahlprogramm:
Mit Die Linke gibt es umfangreiche Forderungen zum Schutz und zur Gleichstellung der LGBTIQA*-Community. Man will ein Wahlverwandtschaftsrecht einführen, dass es queeren Familien ermöglicht von dem Adoptionsrecht und Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Das Reproduktionsrecht soll aunabhängig von Geschlecht und Familienstand zur Verfügung stehen. Auch das Abstammungsrecht will man reformieren und die Anerkennung der Co-Elternschaft soll rückwirkend gelten. Der Schutz vor Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität soll in Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen werden. Das Transsexuellengesetz soll abgeschafft und ein Selbstbestimmungsgesetz eingeführt werden. Personenstands- und Namensänderung sollen einfach auf dem Standesamt möglich sein. Außerdem will man einen Entschädigungsfond für Geschädigte von erzwungenen Geschlechtsoperationen und Sterilisationen aus den Jahren 1981 bis 2011 einrichten. Unnötige Operationen an inter* Kindern zur Geschlechtsspezifizierung werden verboten. Der Zugang zu allen notwendigen medizinischen Leistungen von Trans* Personen hingegen ist durch die Krankenkassen abgesichert. Besonders ist die Forderung nach queeren Gesundheitszentren auch im ländlichen Raum. Die Ausschlusskriterien der Blutspenderichtlinien durch die Bundesärztekammer will man abschaffen bzw. nach wissenschaftlichem Stand verkürzen. Um queere Infrastruktur zu stärken will Die Linke einen queeren Rettungsschirm nach der Corona-Krise spannen und bei der Fördermittelvergabe schwule und lesbische Projekte in gleichem Umfang unterstützen. Es soll Zufluchts- und Wohnorte für junge, queere Menschen geben und im Alter selbstbestimmtes Wohnen ermöglicht werden. Für queere Geflüchtete (und alle anderen) strebt man dezentrale Unterbringung an, sowie flächendeckende Fachstellen für LGBTIQA*-Geflüchtete. Um Hasskriminalität zu begegnen soll es eine Studie zur Erforschung von geschlechtsspezifischer Gewalt und intersektionaler Diskriminierung geben. Außerdem fordert man Präventivprojekte und eine bundesweite Erfassung und strafrechtliche Verfolgung der Täter*innen.
Die Gleichstellung ist eines der zentralen Themen von Die Linke. Sie will, dass die Sorgearbeit besser entlohnt und ins Zentrum gestellt wird. Eine Frauenquote von 50% soll in Führungspositionen gelten, ebenso die konsequente Umsetzung der Istanbul-Konventionen (die sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt wendet). Als Mindestlohn fordert man 13,- Euro. Den Klimaschutz denkt die Partei mit sozialer Gerechtigkeit zusammen und setzt dabei zum Beispiel auf den klimaneutralen Umbau der Kommunen und die Mobilitätswende durch die langsame Einführung des kostenlosen Nahverkehrs.
Hier geht´s zum SIEGESSÄULE-Interview mit Linke-Chefin Susanne Hennig-Wellsow
Wahlprüfsteine von LGBTIQ*- und Gesundheitsorganisationen
Sowohl der Lesben- und Schwulenverband Deutschland als auch der Bundesverbans Trans* und die Deutsche Aidshilfe haben zur Bundestagswahl wieder eigene Prüfsteine erstellt, mit denen sie die Wahlprogramme und Versprechen der Parteien bewerten.
Hier geht´s zu den Ergebnissen:
Wahlprüfsteine der Deutschen Aidshilfe
LGBTIQ*-Wahlstudie
LGBTIQ* wählen mehrheitlich die Grünen, auf dem zweiten Platz: die Linke. Die Union schlägt hingegen weit ab – würden nur Queers in Deutschland wählen, würde sie es nichtmal in den Bundestag schaffen. Zu diesem Schluß kam die zweite LGBTIQ*-Wahlstudie zur Bundestagswahl der Justus-Liebig-Universität Gießen, mehr Infos dazu hier.
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