Bundestag stimmt für das Selbstbestimmungsgesetz
Am heutigen Freitagnachmittag hat der Bundestag das neue Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Trans*-Verbände zeigen sich erleichtert, üben jedoch Kritik an konkreten Regelungen
Der Deutsche Bundestag hat das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften (SBGG)“ beschlossen. Damit gehört das „Transsexuellengesetz“ (TSG) der Geschichte an – Bürger*innen können ihren Geschlechtseintrag künftig einfacher und unbürokratischer, per Selbstauskunft beim Standesamt, ändern lassen. 374 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 251 dagegen, elf enthielten sich.
Ab dem 1. November soll das Gesetz in Kraft treten. TIN*-Personen können schon ab dem 1. August Termine beim Standesamt anmelden.
Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e. V. (dgti) äußert sich in einer Pressemitteilung erleichtert, „dass das aus der Zeit gefallene Transsexuellengesetz abgeschafft wird“. Der Verein hatte bereits vor 12 Jahren angefangen, sich für eine TSG-Reform stark zu machen.
„Ohne ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis wäre es nicht möglich gewesen, gegen die Desinformation anzukommen.“
Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans* (BVT*) dazu auf Instagram: „Das Gesetzgebungsverfahren zum Selbstbestimmungsgesetz war eine emotionale Achterbahnfahrt. Ohne ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis wäre es nicht möglich gewesen, gegen die Desinformation anzukommen.“
Verbesserungen gegenüber vorherigen Entwürfen
Die Regelung über die Datenweitergabe des Deadnames und alten Personenstands an Strafverfolgungsbehörden wurde aus dem Entwurf entfernt. Im Gegensatz zum vorherigen Entwurf gibt es nun keine Ausnahmen mehr für Angehörige im Offenbarungsverbot, das Zwangsoutings und Misgendering von trans* Person als Ordnungswidrigkeit ahndet.
Trans-weibliche Eltern können sich außerdem künftig ohne Gerichtsverfahren ins Geburtenregister eintragen lassen. All diese Punkte stellen aus Sicht der Trans*-Verbände eine Verbesserung zum vorherigen Entwurf dar. „Hier wurde der massiven Kritik der Verbände und weiterer Institutionen Rechnung getragen,“ so die dgti.
Kritik an Hausrecht und Bedenkzeit
Andere Änderungen kritisieren die dgti und der BVT* jedoch sogar als Verschlechterungen gegenüber dem TSG. Dazu gehört der umstrittene Passus über das Hausrecht: Zum vermeintlichen „Schutz der Intimsphäre und persönlichen Sicherheit“ können trans* Personen aus Frauensaunen, Frauenhäusern oder Umkleiden ausgeschlossen werden. Auch die kontroverse Regelung zum Verteidigungsfall ist dringeblieben. Diese setzt fest, dass trans Frauen temporär dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, im Falle der Wehrpflicht innerhalb eines unmittelbaren Spannungs- oder Verteidigungsfalls. Geblieben seien somit genau die Punkte, die „Misstrauen vor allem gegenüber trans-weiblichen Personen befeuern“, kommentiert der BVT*.
Problematisch seien darüber hinaus die zusätzlichen Hürden für Jugendliche. Die dgti kritisiert die Beratungspflicht für Minderjährige über 14 Jahren sowie für Sorgeberechtigte mit Kindern unter 14 Jahren, da diese Regelung weder im TSG noch im Personenstandsgesetz enthalten waren. Anstelle einer Pflichtberatung empfiehlt die dgti eine freiwillige Peer-Beratung von und für trans* Personen.
Das Gesetz enthält weitere Hürden für Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, ohne unbefristete Aufenthaltserlaubnis und Geflüchtete. Auch die umstrittene dreimonatige Frist zur Anmeldung des Personenstands beim Standesamt besteht weiterhin.
Da das Selbstbestimmungsgesetz ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz ist, muss der Bundesrat nicht einwilligen. Nur mit einer absoluten Mehrheit könnte er ein Veto gegen das Gesetz einlegen. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Mehrheit erreicht wird.
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