Gerichtsverfahren

Breiter Support: Lesbische Familie klagt für ihr Elternrecht

13. Jan. 2021 fs
Bild: Mia Brucheisen

Der Fall eines lesbischen Frauenpaares, das um die gemeinsame Elternschaft für seine Tochter kämpft, wird heute vor einem Oberlandesgericht verhandelt. Eine begleitende Social-Media-Kampagne stößt auf große Resonanz aus der Community

#PaulaHatZweiMamas: unter diesem Hashtag bekunden heute zahlreiche User*innen in sozialen Medien ihre Unterstützung für Gesa Teichert-Akkermann und ihre Ehefrau Verena Akkermann. Am Mittwochmorgen schaffte es der Tag sogar in die Top Trends auf Twitter. „Danke euch allen, die uns unterstützen“, freut sich Teichert-Akkermann in einem Post.

Klage schon in zweiter Instanz

Der Hintergrund: die beiden Frauen haben mit Paula eine gemeinsame Tochter – jedoch nicht die gemeinsame Anerkennung als Eltern. Denn in Deutschland werden Regenbogenfamilien immer noch nicht gleichbehandelt. Dagegen wollte das Frauenpaar sich juristisch wehren und klagte gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Am Mittwoch, den 13.01., steht in ihrem Verfahren der bisher wichtigste Gerichtstermin an: ein Erörterungstermin am Oberlandesgericht in Celle. Zuvor hatten Amtsgerichte in Hildesheim und Hannover Anträge der Familie in erster Instanz zurückgewiesen.

Anders als bei hetero Paaren, die eine zweite Elternschaft (als „Vaterschaft“) einfach eintragen lassen können – unabhängig davon, ob der Partner oder Ehemann wirklich der „biologische“ Vater des Kindes ist –, ist die Eintragung von zwei Müttern in eine Geburtsurkunde in Deutschland nicht möglich. Das heißt: auch bei verheirateten lesbischen Paaren muss die Mutter, die das Kind nicht geboren hat, dieses erst in einem langwierigen Prozess adoptieren und gegenüber den Ämtern ihre „Eignung“ als zweites Elternteil nachweisen.

Fall könnte bis zum Verfassungsgericht gehen

Dass lesbische und queere Eltern endlich gleichgestellt werden, dafür streiten LGBTI*-Verbände seit langem. Das Verfahren von Gesa Teichert-Akkermann und Verena Akkermann könnte hier durchaus Impulse an den richtigen Stellen setzen. Eine abschließende Entscheidung des Oberlandesgerichtes sei am Mittwoch zwar nicht zu erwarten, wie die GFF in einer Pressemitteilung vom 7.01. die Lage einschätzt. „Es dürfte sich aber abzeichnen, wie das Gericht mit den Anträgen der Familie weiter umgehen wird, ob es die Akkermanns als Familie anerkennt, oder die Familie auf den weiteren Rechtsweg verweist.“ Zentral werde es dabei um die Frage gehen, ob die Regelung zur Vaterschaftsanerkennung eines Ehemannes im Bürgerlichen Gesetzbuch adäquat auch für Verena Akkermann als Ehefrau der Mutter gelten muss.

Lehnt das Gericht die Anträge ab, könnte der Fall im Anschluss entweder noch zum Bundesgerichtshof gehen, oder aber, es könnte der Weg zu einer Beschwerde direkt beim Bundesverfassungsgericht frei werden. Von Letzterem versprechen sich die GFF und queere Verbände viel: denn Entscheidungen des Verfassungsgerichts haben in der Vergangenheit schon mehrfach dafür gesorgt, LGBTI*-Rechte in Deutschland durchzusetzen, wie etwa 2017 in Bezug auf den dritten Geschlechtseintrag „divers“.

Politisch tut sich bislang zu wenig

Einen solchen Druck seitens der Gerichte scheint es in Bezug auf das Abstammungsrecht zu brauchen. Zwar gibt es immer mal wieder politische Vorstöße, wie zuletzt im August mit einem Reformvorschlag zum Sorgerecht von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD). Laut dem Gesetzesentwurf soll es möglich werden, zwei Mütter für ein Kind analog zur „Vaterschaftserklärung“ eintragen zu lassen. Wann und ob Lambrechts Vorschlag umgesetzt werden wird, ist jedoch völlig offen. 2019 scheiterte bereits ein ähnlicher Entwurf der damaligen Justizministerin Katarina Barley. Und Kritik an Lambrechts Entwurf kam auch von einigen queeren Verbänden: der vorgeschlagene Gesetzestext verpasse die Chance, zugleich auch die Rechte von trans*, inter* oder nicht binären Eltern zu stärken, deren Status in Bezug auf ein gemeinsames Kind oft ebenso unsicher ist.

Neben Teichert-Akkermann und Akkermann klagen momentan noch ein paar weitere queere Paare im Rahmen der Initiative #nodoption, auf der Kampagnenplattform AllOut kann man für die Prozesskosten spenden.

Bild: LSVD-Bundesverband auf Twitter
Twitter-Post vom 13.1. des LSVD-Bundesverband

*Hinweis: In einer ersten Version des Textes war von Sorgerecht statt gemeinsamer Elternschaft die Rede. Das war juristisch nicht ganz treffend, die Formulierung wurde entsprechend geändert.

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Update 13. Jan. 2021

17:00 – Kurz nach dem Termin beim Oberlandesgericht Celle erklärt Gesa Teichert-Akkermann: „Wir haben dem Gericht heute ganz persönlich geschildert, was es für Paula und uns bedeutet, dass queere Familien bei der Anerkennung von Elternschaft diskriminiert werden.“ Die Rechtsanwältin des Elternpaares, Lucy Chebout, ergänzt: „Der heutige Erörterungstermin hat noch einmal gezeigt, dass sich das Oberlandesgericht sehr ernsthaft und umfassend mit unseren Argumenten auseinandersetzt.“ Mit einer Entscheidung des Gerichtes ist laut Anfrage der dpa innerhalb der nächsten Wochen zu rechnen.

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