Brandenburger Queerpolitik: Diskussion vor Landtagswahlen
Gestern Abend, am 08. August, lud der Verein Regenbogen Potsdam e.V. zur bisher einzigen queerpolitischen Diskussion vor den bevorstehenden Brandenburger Landtagswahlen am 22. September ein. Auf der Agenda standen u.a. das Erstarken queerfeindlicher Parteien, landespolitische Themen wie Bildung, Jugend und Gesundheit aus queerer Perspektive und geschlechtergerechte Sprache
Bereits die Einladung mit den ausgewählten thematischen Schwerpunkten lies eine erhitze Debatte erwarten. Denn neben den queerpolitisch Akteur*innen wie der Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Antje Töpfer, dem queerpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Uwe Adler, und der Sprecherin für antifaschistische Politik der Brandenburger Landtagsfraktion Die Linke, Andrea Johlige, hatte auch der Spitzenkandidat der CDU, Dr. Jan Redmann, eine Teilnahme zugesagt. Vertreter*innen anderer Parteien, die derzeit auch im Brandenburger Landtag sitzen, nahmen die Anfrage des organisierenden Vereins nicht wahr.
Der Einstieg in die Debatte wurde vom Orga-Team und dem Moderator, Sebastian Adamski, abwechslungsreich gestaltet: Die Diskussionsteilnehmer*innen wurden mit einem kurzen Steckbrief vorgestellt, und das Publikum erhielt die Möglichkeit, über die bisherige Queerpolitik der vertretenden Parteien via Online-Tool abzustimmen. Hier gingen zunächst die Grünen, dicht gefolgt von den Linken als Gewinner*innen des Rankings hervor. Dahinter folgte die SPD, Schlusslicht bildete wenig überraschend die CDU.
Schwerpunkte waren zunächst die gesamtgesellschaftliche Situation sowie der zunehmende Rechtsruck in Brandenburg, in den ostdeutschen Bundesländern und in der gesamten Bundesrepublik. Während hier noch inhaltliche Übereinstimmung bestand, den rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien nicht die Themensetzung zu überlassen, sollte das nächste Thema für Aufregung sorgen.
Ergänzung des Grundgesetztes
Moderator Adamski fragte in die Runde, wie die Einstellung zur Ergänzung des Grundgesetzes im Artikel 3, Absatz 3 um den Zusatz „sexuelle und geschlechtliche Identität” als Schutzmerkmal sei. Denn auch 75 Jahre nach Verkündung des Grundgesetzes fehlt ein ausdrücklicher Schutz für queere Menschen. Sie stellen damit die einzige vom NS-Regime verfolgte Gruppe dar, die noch keine Erwähnung in der Verfassung findet.
Sie stellen damit die einzige vom NS-Regime verfolgte Gruppe dar, die noch keine Erwähnung in der Verfassung findet.
Redmann (CDU) sieht hier nichtsdestotrotz keinen Handlungsbedarf, ist vielmehr als Jurist der Meinung, dass bereits alle Menschen ausreichend geschützt seien. Er stellte selbstüberzeugt an das Publikum die Frage, ob es überhaupt einen Unterschied mache, dass beispielsweise die Brandenburger Landesverfassung im Gegensatz zum Grundgesetz die sexuelle Identität ausdrücklich als Schutzmerkmal aufgenommen habe. Empörung machte sich im Publikum breit. Auch die übrigen Podiumsteilnehmer*innen schauten erschrocken bis fassungslos, ehe sie deutliche Worte fanden. So machten insbesondere Töpfer (Bündnis 90/Die Grünen) und Johlige (Die Linke) klar, dass sie eine denkbare Bundesratsinitiative für eine Änderung des Grundgesetzes ausdrücklich unterstützen und auch initiieren wollen. Adler (SPD) wiederum schien verwundert, dass man über ein solches Thema überhaupt noch diskutieren müsse, was jedoch eine gewisse Sensibilität dem Thema gegenüber vermissen ließ.
Finanzielle Unterstützung queerer Projekte
Ähnlich verliefen die Diskussionsfronten auch in Bezug auf die übrigen Themen. Egal ob die Förderung von queeren Landesstrukturen, der Einrichtung von queeren Fördertöpfen und der Unterstützung von queeren Organisationen, Vereinen und CSD’s – vor allem Johlige (Die Linke) und Töpfer (Bündnis 90/Die Grünen) ließen wenig Zweifel an ihrer Grundüberzeugung: LGBTIQ*-Rechte sind Menschenrechte und müssen unterstützt werden – auch finanziell.
„Und die Unterstützung zuckt nur mit den Schulten!”
Emotional wurde es, als ein nicht angekündigter Gast beim Themenfeld Bildung, Aufklärung und Schutz von queeren Menschen auf die Bühne trat. Die Schülerin Ruth erzählte aus Sicht von queeren Jugendlichen, wie die aktuelle Situation an Schulen sei. Dabei prangerte Ruth die Gesamtsituation an Schulen mit den Worten an: „Und die Unterstützung zuckt nur mit den Schulten!” Bezog sich das Zitat selbst vor allem auf die fehlenden Unterstützung von Lehrkräften und anderem pädagogischen Personal, sprach es gewissermaßen gleichzeitig auch das Podium an: Queerpolitik muss mitgedacht und gefördert werden.
Am Ende des Abends wurde deutlich, dass eine konsequente Queerpolitik vor allem von zwei Parteien in Brandenburg zu erwarten ist: Bündnis 90/Die Grünen sowie Die Linke. Beide gingen beim abschließenden Voting des Publikums mit einem Gleichstand als Gewinner*innen hervor, abgeschlagen dahinter erneut die SPD und die CDU. Ob die queerpolitischen Vorreiter*innen des Abends so auch den Einzug in das Brandenburger Landesparlament schaffen, hängt nun von den Wähler*innen ab.
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