Blutspende-Debatte: Was müsste sich ändern?
Mit einem Brief an die Bundesärztekammer fordern LSU und SPDqueer, die Diskriminierung schwuler und bisexueller Männer bei der Blutspende zu beenden. Stattdessen sollte das „individuelle Risikoverhalten“ ermittelt werden. Kritik an dem Vorschlag kommt von Die Linke.queer
Der Verband Lesben und Schwule in der Union (LSU) und die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Akzeptanz und Gleichstellung (SPDqueer) veröffentlichten am Mittwoch einen gemeinsamen Brief an den Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt. Ihre Forderung: keine Diskriminierung mehr bei der Blutspende für Männer, die Sex mit Männern haben.
Die Regelungen müssten endlich angepasst werden, die die Richtlinie Hämotherapie vorschreibt („Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten“, SIEGESSÄULE berichtete). Denn laut dieser Richtlinie müssen Personen, die durch ihr „Sexualverhalten“ ein erhöhtes Risiko haben, sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten anzustecken, bei der Blutspende angeben, dass sie in den letzten zwölf Monaten keinen Geschlechtsverkehr hatten. Schwule oder bisexuelle Männer würden pauschal zu diesem Personenkreis gezählt, wie der LSU-Bundesvorsitzende Alexander Vogt und die kommissarischen Vorsitzenden der SPDqueer, Carola Ebhardt und Elia Scaramuzza, in dem Brief bemängeln.
„Individuelles Verhalten“ als Grundlage für die Blutspende?
Tatsächlich ließen sich homo- und bisexuelle Männer durchschnittlich häufiger auf sexuell übertragbare Krankheiten testen als Heterosexuelle – und wüssten somit besser über möglicherweise vorhandene Infektionen Bescheid. Statt die sexuelle Orientierung zur Grundlage zu machen, solle „das individuelle Risikoverhalten“ abgefragt werden, so der Vorschlag von LSU und SPDqueer.
Neben homo- und bisexuellen Männern gelten aktuell auch trans* Personen sowie Sexarbeitende in Bezug auf die Blutspende pauschal als „Risikogruppen“.
Die Linke.queer: „Märchen von der sicheren Monogamie“
Kritik an dem Brief von SPDqueer und LSU kam von den Die Linke.queer-Bundessprechern Daniel Bache und Frank Laubenburg. Auch wenn das „individuelle Risikoverhalten“ als Grundlage herangezogen würde, bliebe die Diskriminierung bestimmter Gruppen bestehen. HIV-Neuinfektionen könne es sowohl bei Personen geben, die in (vermeintlich) monogamen Beziehungen leben, als auch bei Personen mit wechselnden Sexualpartner*innen. Daher sei es diffamierend, wenn letztere Gruppe als „risikobehafteter“ dargestellt werde. Dies bediene nur das „konservative Märchen von der 'sicheren Monogamie' und der 'gefährlichen' Promiskuität“.
Die Abfrage nach dem „individuellem sexuellen Verhalten“ werde außerdem der Realität der Blutspende nicht gerecht. Es sei nicht erwartbar, dass Spender*innen eine ausführliche Auskunft über ihr eigenes Sexualverhalten geben.
Stattdessen könnte die einjährige Sperre auf die diagnostischen Fenster zum Nachweis einer HIV-Infektion verkürzt werden. Diese betragen, je nach Testverfahren, sechs bis zwölf Wochen. Auch durch eine ausschließliche Anwendung des besten HIV-Antikörper-Test-Verfahrens PCR oder durch ein Verbot des „Poolings“ (dem Zusammenführen und gemeinsamen Testens mehrerer Blutspenden) ließe sich das Risiko, HIV-positive Blutspenden zu verwenden, deutlich verringern.
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