Bisexualität und Biphobie: Zwischen den Stühlen?
Untreu, opportunistisch oder eigentlich bloß verwirrt: solche Vorwürfe müssen sich Bisexuelle mitunter gefallen lassen. Dabei macht Biphobie, die Angst vor Bisexualität, auch vor queeren Communities nicht Halt. Paula Balov kommentiert
Bisexualität ist ein neuer Trend und das seit Ewigkeiten. Das Gerede darüber, dass es neuerdings chic sei bi zu sein, kursiert schon seit den 60ern. Heutzutage ist das nicht anders, denn immer, wenn sich ein Celebrity als bi- oder pansexuell outet, wird die „Bi chic“-Schlagzeile aufgewärmt.
Bisexualität ist gleichzeitig nicht existent und allgegenwärtig. Es heißt jeder sei zumindest ein bisschen bi, gleichzeitig stellen sich Studien immer noch die Frage, ob es Bisexualität wirklich-wirklich gibt. Von all diesen Widersprüchen kann man schon mal verwirrt sein – was uns Bisexuellen ja ohnehin vorgeworfen wird.
Immer im September ist der Internationale Bi-Visibility-Day: ein Tag, um bisexuelle Sichtbarkeit zu zelebrieren und über Bi-Feindlichkeit aufzuklären. Nicht monosexuelle Menschen waren schon immer ein Teil der queeren Community: Sylvia Rivera, Marsha P. Johnson oder Brenda Howard, um nur einige berühmte Beispiele zu nennen. Dennoch bestehen Bi-Feindlichkeit und Bi-Erasure weiterhin hartnäckig, sowohl in der Heterowelt als auch in der LGBTI*-Community.
„Die Konsequenz ist das permanente Gefühl zwischen den Stühlen zu stehen und nicht genug zu sein.“
Die Konsequenz ist das permanente Gefühl zwischen den Stühlen zu stehen und nicht genug zu sein. Oute ich mich in der queeren Szene als bisexuell, bekomme ich nicht selten ein unterdrücktes Kichern als Antwort. Menschen reden mit mir, als sei mir queer-spezifische Diskriminierung nicht bekannt. Ich werde erst ernst genommen, wenn ich den Satz „Ich habe eine Freundin“ anfüge. Dann sehe ich, wie die Leute innerlich aufatmen, denn ich bin nicht „eine von diesen Bi-Hipstern“. Erwähne ich allerdings, dass meine Freundin trans ist, verändert sich die Reaktion. Da kommt schnell die Transmisogynie um die Ecke, die sagt, dass das nicht so richtig zählt. Am Ende geht es leider doch nur um die vermeintlichen Genitalien meiner Bettgenoss*innen.
Dass ich außerdem polyamorös bin, traue ich mich oft nicht zu sagen, um das Klischee der untreuen Bisexuellen nicht zu bestätigen. Oute ich mich in der Heterowelt, höre ich oft, dass alle Frauen bisexuell seien. Oder, dass bisexuelle Frauen in Wahrheit heterosexuell sind.
„Du willst bloß Heteromänner beeindrucken, du kannst dich nicht entscheiden, du willst bloß Teil der Szene sein, weil Queers die besseren Partys feiern.“
Jeder scheint über Bisexuelle besser Bescheid zu wissen als Bisexuelle selbst: Du willst bloß Heteromänner beeindrucken, du kannst dich nicht entscheiden, du willst bloß Teil der Szene sein, weil Queers die besseren Partys feiern. Das stimmt natürlich, also das mit den besseren Partys, aber vielleicht sind Menschen einfach bisexuell, weil sie bisexuell sind?
Lange Zeit verbrachte ich damit, mich abzugrenzen: Ich bin nicht wie die Bi-Neugierigen, die Swinger, das Klischee der unentschlossenen Bisexuellen, die dir das Herz gebrochen hat, oder Miley Cyrus. Schließlich wurde mir klar, dass genau hier das Problem liegt: Bisexuelle müssen nicht erst Bedingungen erfüllen und Vorurteile dementieren, um Akzeptanz zu verdienen.
Heute will ich lieber mit den Bi-Neugierigen, den Swingern, mit den Homo- und Heteroflexiblen, mit allen Bi-, Pan- und Omnisexuellen, den Herzensbrecher*innen und meinetwegen auch mit Miley Cyrus eine Party feiern und einen Plan schmieden, um der Biphobie und Heteronormativität ein Ende zu bereiten. Einige werden fragen: Ist das nicht zu beliebig? Nein, ist es nicht. Bisexualität ist und war schon immer vielfältig und ambivalent – und das ist auch gut so.
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