Politik

Berlin beschließt Antidiskriminierungsgesetz

4. Juni 2020
Justizsenator Dirk Behrendt bei seiner Rede im Berliner Abgeodnetenhaus

Als erstes Bundesland überhaupt bekommt Berlin ein Landesantidiskriminierungsgesetz. Das wurde heute im Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen: 86 Personen stimmten dafür, 57 dagegen, Enthaltungen gab es nicht. Ziel ist eine eine diskriminierungsfreie Verwaltung

Mit dem Gesetz sollen Bürger*innen jetzt bessere Möglichkeiten haben, um sich gegen Diskriminierungen durch die Berliner Behörden zur Wehr zu setzen. So gibt es z. B. erstmals einen Schadensersatz- und Entschädigungsanspruch, wenn eine Diskriminierung durch eine Behörde gerichtlich festgestellt wurde, sowie eine Beweislasterleichterung.

Der von Justizsenator Dr. Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) im Juni letzten Jahres vorgelegte Gesetzesentwurf soll Schutz vor Diskriminierungen bieten, egal ob „aufgrund rassistischer Zuschreibungen, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion und Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen und geschlechtlichen Identität“ oder des „sozialen Status“ (SIEGESSÄULE berichtete).

Im Vorfeld hatte es viel Streit um das Gesetz gegeben: Unter anderem kritisierte die Führung der Deutschen Polizeigewerkschaft, dass mit dem Gesetz der öffentliche Dienst unter Generalverdacht gestellt würde. Diesen Vorwurf hatte auch Burkard Dregger, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, wiederholt. Gegenüber dem Tagesspiegel sagte er: „Künftig gilt für Landesbedienstete nicht mehr die Unschuldsvermutung, sondern der Generalverdacht, zu diskriminieren.“ Auch erschwere das Gesetz angeblich die Strafverfolgung: „Wer als Clan-Angehöriger auf seine arabischen Wurzeln verweist und seine Diskriminierung durch die Polizei behauptet, liefert damit ausreichende Tatsachen für seine Diskriminierung.“

Das Thema Polizei bestimmte auch die Debatte im Abgeordnetenhaus, in der CDU und AfD mögliche Auswirkungen des Gesetzes auf die Polizeiarbeit in den Mittelpunkt stellten. Redner beider Parteien beschworen das Stereotyp von angeblichen kriminellen Familienclans, die das Gesetz ausnützen könnten. Zudem betonten sie, dass die geltende Rechtslage ausrechend sei und das Gesetz keine Rechtsschutzlücke schließe. Bei dem Entwurf handle es sich viel mehr um ein „Beamtendiskrimierungsgesetz“. Marc Vallendar von der AfD sprach in seiner Rede sogar von einer „Aushebelung des Rechtsstaats“ und bezeichnete das Gesetz, wie von der AfD nicht anders zu erwarten, als „grünes Ideologieprojekt“, mit dem die Beamtenschaft „auf Linie“ gebracht werden solle.

Sebastian Walter, queerpolitischer Sprecher der Grünen, als auch Carsten Schatz, Co-Fraktionschef der Berliner Linken zeigten hingegen auf, dass die Kritik am Gesetz selbst voller rassistischer Stereotype stecke und damit Teil des Problems sei. Man gehe davon aus, dass das Vertrauen in die Polizei und andere Berliner Behörden durch das Gesetz sogar erhöht werde. Justizsenator Dirk Behrendt warf den Oppositionsparteien vor, bewusst Ängste bei den Beamt*innen zu schüren. Freiheit, Vielfalt und Respekt werde durch das Gesetz gestärkt. Denn im Verhältnis von Bürger*innen zum Staat habe es bisher keinen Diskriminierungsschutz gegeben. Doch gerade der Staat solle beim Thema Antidiskriminierung mit positivem Beispiel vorangehen, sagte Behrendt. Mit dem heutigen Beschluss eines Berliner Antidiskriminierungsgesetzes werde Rechtsgeschichte geschrieben.

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