Berlin als Sehnsuchtsort: Der neue Film „Queer Exile Berlin“
In seiner neuen Doku „Queer Exile Berlin“ porträtiert Jochen Hick die Stadt als Safer Space und Sehnsuchtsort aus der Warte von Migrant*innen, Geflüchteten und Aktivist*innen. Dabei werden auch die aktuellen Debatten und Herausforderungen der queeren Community beleuchtet
Vielleicht wird man diesen Schatz und seine Qualität erst mit zeitlichem Abstand wirklich zu würdigen wissen. Denn die Berlin-Trilogie, die der Dokumentarfilmer Jochen Hick mit „Queer Exile Berlin“ nun zum Abschluss gebracht hat, ist nicht nur ein einmaliges Porträt einer queeren Metropole. Mit „Out in Ost-Berlin“ (2013), „Mein wunderbares West-Berlin“ (2017) und „Queer Exile Berlin“ erzählt Jochen Hick zudem, wie die Communitys und ihre Bewegung(en) in Gesamtberlin auf einschneidende gesellschaftliche und politische Ereignisse reagiert haben – vom Mauerbau über die Aids-Krise bis Corona.
„Fenster zur großen Welt“
Mit wenigen Blitzlichtern zeigt Hick bereits in den ersten Filmminuten das weite Feld, zu dem sich die queere Community heute entwickelt hat. In Berlin treten die Debatten und Veränderungen jedoch besonders stark und konzentriert auf. Ob der Hedonismus der Partyszene und der damit eng verbundene Drogenkonsum, ob die zunehmende Selbstverständlichkeit, mit der sich Menschen aus der binären Geschlechterordnung lösen oder aber die unversöhnlich erscheinenden Debatten.
Beim alternativen „Internationalist Queer Pride“ wird einem Lederkerle-Paar von anderen Demonstrant*innen die Israelflagge entrissen. Auf dem Dyke* March brüllen lesbische Gegendemonstrant*innen transfeindliche Parolen. Und „Berlins dienstälteste Dragqueen“ Gloria Viagra wird von jungen Männern als „Hurensohn“ beschimpft.
Nicht nur die neue Hauptstadt Berlin, sondern auch die queere Community hat sich seit der Wiedervereinigung drastisch geändert. Mehr denn je ist Berlin zu einem Zufluchts- und Sehnsuchtsort geworden. Für die polnische Aktivistin Monika Tichy galt Berlin bereits in den frühen 90er-Jahren „als das Fenster zur großen Welt“. Die*der nicht binäre Syrer*in Haidar hat sich als The Darvish mit Bauchtanz-Performances einen Namen gemacht. Der in Haiti geborene Jean-Ulrick Désert hat sich hier künstlerisch entfalten können – und seine Erfahrungen mit dem hiesigen Alltagsrassismus zum zentralen Thema seiner Arbeit gemacht.
Einen Platz im Leben finden
Die Erwartungen an die Stadt und ihre Szene(n), an die viel beschworene Freiheit sind groß; die Ernüchterung und Enttäuschungen sind es nicht minder. Der armenische Künstler Mischa Badasyan musste erleben, wie ihn die schwule Szene wegen seiner Behaarung und Körperfülle ignorierte. Die portugiesische trans Frau Eugenice sieht sich bei Online-Dates zum Fetisch reduziert.
Was diese letztlich sehr unterschiedlichen Menschen verbindet, sind ihre Energie, ihr (Über-)Lebenswille und die Anstrengung, gegen alle Widerstände die eigene Identität zu ergründen und einen Platz im Leben zu finden. Berlin ist für sie – zumindest zeitweise – der einzig mögliche Ort dafür.
Queer Exile Berlin,
Regie und Buch: Jochen Hick.
Mit Mischa Badasyan, Haidar Darwish, Jean-Ulrick Désert, Alyha Love, Eunice Franco, Monika Tichy, Gloria Viagra u. a.
Seit dem 18.04. im Kino
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