Was bringt es, Bushido-Videos zu sperren?

Wegen queerfeindlicher, gewaltverherrlichender und sexistischer Texte hat YouTube Songs von Bushido gesperrt. Doch was folgt daraus? SIEGESSÄULE–Kolumnistin Michaela Dudley kommentiert
Ich begrüßte die jüngste Meldung, dass YouTube Lieder des „Skandalrappers“ Bushido gesperrt hat. Seine Texte strotzen nur so vor gewaltverherrlichender Queerfeindlichkeit und Misogynie. Diese Auffassung vertritt auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BpjM), die sein zehntes Studioalbum „Sonny Black“ bereits 2015 indiziert hatte. In einem von Bushidos Songs heißt es zum Beispiel: „Berlin ist mein Hauptquartier / Du Schwuchtel wirst hier ausradiert“.
Erst Oktober 2019 wurde der Index-Eintrag vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Allerdings stellte die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein fest, dass YouTube-Nutzer*innen, und somit auch Kinder und Jugendliche, nach wie vor Zugang zu „Sonny Black“ hatten. Daraufhin kündigte die Google-Tochter medienwirksam an, sie habe 300 Videos, die einzelne oder mehrere Tracks des Albums enthalten, offiziell gesperrt.
Meine Freude erwies sich jedoch als verfrüht. Als ich am 2. Advent eine Stichprobe bei YouTube wagte, stieß ich nicht etwa auf den Sperrbildschirm, sondern auf „Sonny Black“ – in voller Länge abspielbar. „Die beste Promo für Bushido ist der Index“, feixte ein Fan online. „Die BPjM kann machen, was sie will. Das hier ist für die Ewigkeit“, fügte ein anderer trotzig hinzu. Der Form halber habe ich die Verstöße an YouTube gemeldet.
Die künstlerische Freiheit ist zweifelsohne ein hohes und schützenswertes Gut. Das begreife ich als Journalistin, Juristin und Kabarettistin. Hass und Hetze sind jedoch mitnichten durch das Grundgesetz gedeckt. Meine Reaktion betrachte ich also nicht als Zensur, sondern als Aufruf zur Zivilcourage. Denn die Uploads voller homophober Hetzparolen wuchern unbegrenzt im Netz, während manche Betreiber*innen den Eindruck erwecken, lieber wegschauen zu wollen. Doch selbst eine konsequent lückenlose Sperre wäre nicht die Lösung. Dafür ist der Reiz des Verbotenen zu stark, wie die Kommentare einiger User*innen deutlich machten.
Negative Schlagzeilen sind im „Gangsta-Rap“ sowieso gang und gäbe, und können sich sowohl in puncto Imagepflege, als auch bezüglich des Umsatzes als wertvoll erweisen. Sie gaben Bushido die Möglichkeit, sich beliebig als Untergrundkämpfer und als Underdog zu inszenieren. Zwischendurch zeigte sich der „Bösewicht“ zwar von seiner etwas salonfähigeren Seite: Als Bundestagspraktikant der CDU, als Integrationspreisträger im Smoking bei der Bambi-Auszeichnung und auch kürzlich im Radio, beim Gespräch mit SIEGESSÄULE-Redakteurin und trans Frau Kaey. Dort brachte er es sogar fertig, die beleidigenden transphoben Kommentare seines Rapper-Kollegen Kay One zu kritisieren. Aber zugleich schaffte es Bushido nicht, sich von seinem Image als Sprüche- und Schwulenklopper zu distanzieren.
Für den mittlerweile 41-Jährigen wäre es eigentlich eine ideale Chance, Bilanz zu ziehen und einzugestehen, dass Hetze durchaus zur Verletzung und zum Tode unschuldiger Menschen führen kann. In den USA findet in der HipHop-Community, in der Sexismus und Homophobie leider über viele Jahre ein zentrales Problem war, allmählich ein Umdenken statt. Kevin Abstract von Brockhampton, Lil Nas X, Lizzo und Big Freedo zählen zu der wachsenden Anzahl von Rapper*innen, die sich als queer geoutet haben und auch auf gute Resonanz stoßen. Doch dieser Wandel ist bei Bushido noch nicht angekommen. Zumal Homophobie und Misogynie in unserer Gesellschaft leider immer noch gut vermarktbar sind, was sehr viel über ihren Zustand verrät. So obliegt es weiterhin uns, den Betroffenen, die Stimmen zu erheben. Denn auch wir haben Marktanteile in der Mainstream-Gesellschaft.
Zum Schluss möge man mir eine Erwähnung noch gestatten: Als der in Bonn geborene Rapper Anis Mohamed Youssef Ferchichi das Pseudonym Bushido annahm, wählte er somit den japanischen Begriff für „Der Weg des Kriegers“. In seiner Begeisterung für einen so martialischen Namen ist es ihm eventuell entgangen, dass die Samurai-Krieger eine ziemlich aufgeschlossene Beziehung zur Homoerotik pflegten.
Michaela Dudley

SIEGESSÄULE-Kolumnistin Michaela Dudley © Carolin Windel
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