Neue Szenebar Capture

„Ich würde mich freuen, wenn vermehrt türkische Schwule und Lesben vorbei kommen“

24. Sept. 2019
Betreiber Mehmet (li.) und seine Mitarbeiter in der Capture Bar © Sally B

Vor gut drei Monaten erfüllte sich Mehmet seinen Traum und eröffnete die Capture-Bar in Friedrichshain. Wir sprachen mit dem 39-Jährigen über sein Konzept, wie es bisher läuft und welche Pläne er hat

Seit Anfang Juni gibt es das Capture in der Wühlischstraße 32 – eine weitere Szenelocation in Nachbarschaft zum Himmelreich und der Großen Freiheit. Der Betreiber Mehmet hatte schon lange mit einer eigenen Gaybar geliebäugelt. Seit zehn Jahren lebt der gebürtige Baden-Württemberger mit türkischen Wurzeln jetzt in Berlin. SIEGESSÄULE traf ihn zum Gespräch


Mehmet, „to capture“ heißt übersetzt „erobern, einfangen“. Ist das auch das Motto für die Bar? Ja klar, der Name ist sozusagen Programm. Hier ist erst einmal jeder willkommen. Es gibt Bier, ein paar Cocktails und Longdrinks. Wir machen täglich um 18 Uhr auf und haben offiziell bis 4 Uhr geöffnet. Aber wir hatten auch Tage, da ging es hier bis halb sieben.

Dein Slogan lautet „Capture - Your Gay Bar“. Am Eingang hängt die Regenbogenfahne … Da waren noch mehr, doch die wurden schon zweimal heruntergerissen. Aber ich werde wieder neue aufhängen.

Wer kommt ins Capture? Das Publikum ist sehr angenehm. Ich bin zufrieden – von 18 bis 70 Jahren ist alles dabei. Wenn ich mir die Gäste der letzten Wochen ansehe, dann kommen überwiegend schwule Männer, aber auch Lesben und einige Touristen. Ich würde mich freuen, wenn auch vermehrt türkische Schwule und Lesben vorbei kommen. Ich bin zwar in Deutschland geboren, aber ich bin eben auch Türke. Ich habe mir gesagt: mein Gott, ich bin Türke, ich bin schwul, fertig, aus. Ich mag keine Heuchelei.

Hast du den Standort gezielt ausgewählt? Ich bin seit sieben Jahren berufstechnisch hier in Friedrichshain und habe gemerkt, dass Potenzial vorhanden ist. Der Kiez ist ja voll mit Schwulen und Lesben. Es könnten noch ein oder zwei weitere Bars aufmachen.

Du hattest hier schon vorher beruflich in der Ecke zu tun … Ich habe Wirtschaftsingenieurwesen in Heidelberg studiert. Aber das war eine Fehlentscheidung. Ich habe dann erstmal freiberuflich in der Gastronomie und im Einzelhandel gejobbt. Als ich nach Berlin kam, war ich weiter in der Gastronomie und parallel im sozialen Bereich ehrenamtlich tätig. Zuletzt habe ich dann, nachdem ich hier in Berlin soziale Arbeit studiert habe, fast zwei Jahre hauptberuflich mit Geflüchteten gearbeitet und unbegleitete Minderjährige  betreut. Am Ende stand aber für mich fest: meine Zukunft ist die Gastronomie.

Und wie läuft es mit der Bar? Ich hatte am Anfang Angst vor dem Sommerloch, weil die Bar Anfang Juni eröffnet hat. Das war aber unbegründet. In den letzten drei Monaten ist mehr passiert, als ich erwartet habe.

Wie ist das Verhältnis zu den Nachbarn? Sehr gut, wir verstehen uns. Ein paar Nachbarn sind auch schon Stammgäste geworden, die täglich oder alle zwei Tage vorbeischauen und was trinken. Aber auch im Kiez wurde ich sehr gut aufgenommen. Viele Anwohner kennen mich auch schon durch meine jahrelange Tätigkeit in einem anderen Café.

Was planst du in nächster Zeit?
Zweimal in der Woche legen bereits DJs auf. Musikschwerpunkte sind 80er Pop, Italo Disco und Elektro. Ich plane auch Ausstellungen und Veranstaltungen, zum Beispiel Talk- und Dragshows. Aber da sind wir noch in der Aufbauphase. Wegen der Shows bin ich in Gesprächen. Ich denke, dass die ersten spätestens im November starten.

Interview: Andreas Marschner

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