Wir brauchen kein Transsexuellengesetz, wir brauchen Gleichberechtigung!
Im Moment arbeitet die Bundesregierung an einen neuen Entwurf für das „Transsexuellengesetz“. Unsere Kommentatorin Nora Eckert wünscht sich, dass das Sondergesetz endlich abgeschafft wird
Der Skandal hat einen Namen, und das seit 38 Jahren: „Transsexuellengesetz“, kurz TSG. Skandalös daran ist vieles, eigentlich alles. Zum Beispiel, dass es überhaupt noch existiert, nachdem es durch eine Reihe von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts löchrig wie ein Schweizer Käse geworden ist.
Zuletzt geschah dies 2011 mit der Aufhebung des Zwangs zur Sterilisation/Kastration, um den Geschlechtseintrag zu ändern. 30 Jahre brauchte es zu der Einsicht, dieser Zwang sei verfassungswidrig. Kennen denn Politiker nicht Artikel 1 des Grundgesetzes? Der lautet: die Würde des Menschen ist unantastbar. Wohl nur ein schöner Spruch?
Und so steht das Zeugnis einer jahrzehntelang praktizierten Menschenrechtsverletzung nach wie vor wie eine Mauer zwischen uns trans* Personen und dem Rest der Gesellschaft. Denn wir bleiben durch das TSG bis auf den heutigen Tag die „Persönlichkeitsgestörten“ aus der „Freakshow“, die man zum Psychiater schickt, um sich ihre pathologisch definierte Lebensweise attestieren zu lassen.
Dann plötzlich im Mai zauberten Bundesinnen- und Bundesjustizministerium wie aus dem Nichts den „Referentenentwurf“ aus dem Hut, der das TSG neu regeln sollte. Nur zwei Tage hatten die Fachverbände und Selbstorganisationen Zeit zur Kommentierung, um dann festzustellen: hier wurde kein hübsches weißes Kaninchen hervorgezaubert, sondern eine eklige Kröte. Erschreckend daran ist der nach wie vor hohe Anteil an himmelschreiendem Unwissen, und all diese binäre Körperfixiertheit.
Der Ärger in der trans* Community über eine beratungsresistente Politik ist entsprechend groß. Man wagt sich nicht an einen Tisch mit uns. Ist trans* eine ansteckende Krankheit? Bis heute werden wir rechtlich unter Quarantäne gehalten.
Der TSG-Nachfolger hält sich, erschrocken über die heftige Reaktion, seither in den Ministerien versteckt. Der Bundesverband Trans* (BVT*) hat mittlerweile eine Kampagne zur Abschaffung des TSG gestartet, unter dem Motto „Sagt es laut“. Ja, ich sage es laut: Weg mit dem Sondergesetz! Alle uns betreffenden Regelungen lassen sich mühelos in bestehende Gesetze einarbeiten, und zwar ausnahmslos (Vorname, Personenstand, Kinder, Ehe, Offenbarungsverbot und was noch alles regelungsbedürftig ist). Also: her mit der Selbstbestimmung und her mit der Gleichberechtigung!
Nora Eckert
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