LSBT(T)IQ – Wieviele „T“ brauchen wir?
Brauchen wir wirklich das doppelte „T“ in LSBTTIQ? Ist dies nicht eher Ausdruck von Separatismus und Entsolidarisierung? Eine Polemik von Nora Eckert, Mitglied bei TransInterQueer e. V.
Seit wann gibt es eigentlich das doppelte „T“? Ich stelle fest, es hat wieder mal keiner aufgepasst. Da verändert sich ständig etwas und wir merken es erst, wenn es bereits epidemisch geworden ist. Wer also hat damit angefangen? Und viel wichtiger noch: wozu überhaupt ein doppeltes „T“? Was soll damit unterschieden werden? Die Buchstaben verraten es mir jedenfalls nicht.
Das sei doch ganz einfach zu verstehen, heißt es von den Einverständigen: Hier die geschlechtsangeglichenen „echten“ trans Frauen und trans Männer, dort der Rest der Transfamilie, all die popelige Verwandtschaft. Wir wollen schließlich nichts durcheinanderbringen. Darum her mit den T-Sonderklassen! Es lebe die Hierarchie!
Warum aber dann nur zwei „T“? Sollten die Doppel-T-Verteidiger*innen und –Sympathisant*innen nicht wissen oder vergessen haben, dass unter dem uns liebgewonnenen Trans-Sternchen eine ganze Menge mehr T-Lebensweisen existieren? Wo bleiben die, frage ich mich? Und warum gibt es nur ein L? Und ein S? Und ein I? Und wie sieht es mit dem B aus? Die unter LSBTIQ lebbaren und gelebten und ebenso benennbaren Identitäten haben, wie mir neulich versichert wurde, mittlerweile die Zahl von 60 erreicht.
Aus Gründen der Genauigkeit, von der Gerechtigkeit und dem Gleichheitsgrundsatz ganz zu schweigen, plädiere ich für die Multiplizierung der Buchstaben. Und wo wir schon bei der Buchstabenvermehrung sind – dann bitte nicht das Q vergessen! Wobei ich jetzt nicht weiß, ob dessen Varianten in der Zahl 60 bereits enthalten sind. Beenden wir also die himmelschreiende Ignoranz und gönnen allen die Zahl der Buchstaben, die ihnen nach der Doppel-T-Logik zustehen.
Doch genug der Polemik, die Sache ist ernst und traurig dazu. Als trans Frau älteren Semesters, nenne ich mich (in Ermangelung eines nicht-pathologisierenden Begriffs, aber trotzdem stolz) „transsexuell“ mit Blick auf Körperlichkeit und Sexualität und lebe, genau betrachtet, ebenso eine Transidentität. Wie wir leben, was wir sind, bleibt am Ende eine individuelle Entscheidung. Jeder Mensch ist da sein eigener Fall.
Wozu also das Doppel-T, wo das trans* doch schon alles enthält? Wozu also Separatismus? Haben uns die Erinnerungen an die Stonewall-Ereignisse von vor fünfzig Jahren nicht klar vor Augen geführt, was uns stark gemacht hat? Und was war das? Genau: die Solidarität. Für mich klingt das Doppel-T einfach nur unsolidarisch.
Nora Eckert
Nora Eckert ist Autorin (u. a. „Wer und was ist Hamlet?") und Mitglied bei TransInterQueer e. V.
nora-eckert.de
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