Berlin

Als trans geouteter Lehrer organisiert Pride an seiner Schule

14. Juni 2019 Milan Ziebula
Jonas Körner © Milan Ziebula

Lehrer Jonas Körner hat sich vor seinen Schüler*innen als trans geoutet. Am 15. Juni 2019 veranstaltete er an seiner Schule in Berlin-Dahlem einen eigenen CSD. Wir trafen ihn im Vorfeld zum Gespräch

Zwei leere Fahnenstangen ragen aus der viereckigen Rasenfläche vor dem Gebäude der Gail S. Halvorsen-Schule in Berlin-Dahlem. Hier will der trans Mann Jonas Körner am 15. Juni bei einem kleinen, eigenen CSD im Rahmen des Schulfestes eine Regenbogenflagge hissen – wie beim „großen CSD“ letztes Jahr, am Nollendorfplatz. „Wenn draußen am Samstag die Regenbogenfahne weht, dann ist das mein Bildungsauftrag“, sagt Jonas.

Er geht durch das Foyer des Schulgebäudes der integrierten Sekundarschule. Der 28-jährige Geschichts- und Englischlehrer trägt dunkelblaues Shirt, kurze Hose und am Handgelenk eine Digitaluhr. Es ist bereits nach Schulschluss, er scherzt noch mit seinem Kollegen über das „Desaster“ vor dem Schulfest: falsch gefärbte Scherpen für den Staffellauf. Sie sollten regenbogenfarben werden, aber der Drucker versagte zunächst und druckte sie in Schwarz-Weiß.

„Im Kollegium war Anerkennung für den Schritt da. Da waren ganz viele, die gesagt haben, ich stehe dir bei in allen möglichen Situationen“

Schulleiterin Kathrin Röschel erinnert sich, wie sich Jonas vor anderthalb Jahren beim Jobinterview als Frau Körner vorstellte. Etwas später informierte er die Kolleg*innen, dass er offen als Mann leben möchte. „Im Kollegium war Anerkennung für den Schritt da. Da waren ganz viele, die gesagt haben, ich stehe dir bei in allen möglichen Situationen“, blickt die Schulleiterin zurück. Jonas betont, dass es ihm wichtig ist, von seinen Kolleg*innen unterstützt zu werden. Als er vorschlug, die Schule solle am Projekt „Schule der Vielfalt – Schule ohne Homophobie“ partizipieren, wurde das begrüßt. 

Manchmal muss Jonas seinem Team erst einmal erklären, welche Bedürfnisse eine trans* Person hat. Zum Beispiel, als Lehrer*in zu erlauben, dass ein transidentes Kind die von ihm präferierte Toilette nutzen kann, wie es einer von Jonas Schüler*innen kürzlich geäußert hat.

Und wie gehen die anderen Jugendlichen damit um, einen Lehrer zu haben, der trans ist? Jonas schaut in den leeren Klassenraum seiner 7D bis nach ganz hinten, wo eine Weltkarte hängt. Er atmet durch. „Es ist anstrengend,“ antwortet er dann. „Ich hab auch häufig Kämpfe mit Schülern. Auch zu meiner Transition.“ Er zieht sein Smartphone aus der Tasche und zeigt ein Instagram-Bild. Auf einer Collage sind mehrere Dinge zu sehen, die auf seine trans* Identität anspielen: Symbole von Mann und Frau, eine als weiblich lesbare Person mit Bart und ein Foto von Jonas Rücken. Zwei Schüler hätten dieses Bild gepostet, sagt Jonas. Er empfinde es als Zwangsouting und wünsche sich, dass seine Schüler*innen sich mit ihm als Person und nicht mit seinem trans-Sein auseinandersetzen.

Dass vonseiten der Schüler*innen über ihn gelästert werde, habe er aber bisher noch nicht erlebt. Generell habe er ein gutes Verhältnis zu ihnen. Schüler*innen sticheln manchmal gerne gegen ihre Lehrer*innen – kann Jonas sich da einfühlen und etwa das Instagram-Bild als „jugendlichen Jux“ verbuchen? „Vielleicht ist das ein Test: wie weit kann man gehen?“, denkt er laut über die Frage nach. Viele der Schüler*innen gehen gerne in seine Klasse. Wahrscheinlich spüren sie, dass er das Unterrichten liebt.

Lehrer wollte Jonas schon als Kind werden. Natürlich habe es eine Phase gegeben, in der er seine Berufswahl in Frage gestellt hat, sagt er. Aber mittlerweile ist er sich sicher, dass es die richtige Profession für ihn ist. Bei 450 Schüler*innen an der Schule inklusive deren Eltern, die natürlich auch mitbekommen, was an der Schule so läuft, und rund 50 Kolleg*innen lebt er seine Genderidentität besonders öffentlich. Aber genau das scheint ihm auch Kraft zu geben, für seine Rechte einzustehen.

So freut sich der junge Lehrer schon auf all die Menschen, die mit ihm für die queere Sache beim Schul-eigenen CSD eintreten werden. Das sind unter anderem Fabian Baier von der Initiative Queerformat, eine Institution die die Berliner „Schulen der Vielfalt" betreut, und Miss*ter CSD 2018, Gaby Tupper. Jonas selbst wird auch ein paar Worte sprechen. Die Regenbogenflagge soll noch bis zum letzten Schultag vor den Ferien, dem 19. Juni, gehisst bleiben. Zufälligerweise wird dies auch, wie Jonas erzählt, der Tag von seinem „einjährigen Testo-Jubiläum“ sein, das er gemeinsam mit seinen Kolleg*innen feiern wird.

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