YouTube: Sammelbecken für Homophobe und Bekloppte
Jurassica Parka kommentiert den täglichen Hate Speech, der ihr unter ihren YouTube-Videos begegnet
„Psychisch gestörte Männer, die sich kleiden wie Frauen. Wirklich beneidenswert. Wünsche euch baldige Heilung.“ Diesen Kommentar durfte ich Ende letzter Woche unter einem meiner YouTube-Videos, für das ich mit meiner Tuntentochter Jacky-Oh Weinhaus das Folsom in der Fuggerstraße besuchte, lesen – und zwar in der Kommentarspalte eines „Follow Me Arounds“ (das ist Internet-Fachsprache).
Ich gebe zu, das Video könnte für Tunten-unerprobte Menschen schwerer zu verdauen sein als die Top Ten der besten Katzenvideos. Aber YouTube hat meinen Film ohne Zensur durch alle seine Filter laufen lassen … was mich tatsächlich ein wenig wunderte. Wegen der ganzen Ärsche, Penisse und Brusthaare waren meine Tochter und ich außer Rand und Band. So sind wir Tunten nun mal. Wir drehen den Spieß um und behandeln den gemeinen Mann als Sexobjekt, Tunten sind dann die Mächtigen. Damit kommt der reaktionäre Zuschauer nicht klar – besonders auf YouTube, dem Sammelbecken für Ignorante, Homophobe und Bekloppte.
In keinem anderen sozialen Netzwerk erlebe ich so viel Hate Speech wie auf der Videoseite des Internetriesen Google. Ich habe mittlerweile gelernt, gelassen darüber hinweg zu sehen. Ich lösche nie einen Kommentar – denn die ganze Welt soll sehen, was eine öffentliche Person manchmal aushalten muss.
Deutschland ist beileibe noch nicht so tolerant, wie uns vorgegaukelt wird. Auf Diskussionen lasse ich mich nicht mehr ein, wir wissen alle: das führt zu nichts. Aber an diesem Freitagmorgen war ich irgendwie in Stimmung und ich fragte unverschämt naiv nach, wovon meine Tochter und ich denn geheilt werden sollten.
Die Antwort kam prompt:
An dieser Antwort ist so viel falsch, ich hätte den User einfach gerne geschüttelt und gefragt, was denn „normal“ genau bedeute … aber ich bin müde. Ich habe es (vielleicht fälschlicherweise) aufgegeben, darauf weiter einzugehen. Das ganze erinnert mich an meinen Onkel. Der sagte mir mal, dass er die Partnerschaft zwischen mir und meinem Mann total akzeptiere, er es aber eklig finde, wenn wir uns küssten. Oder der Nachbar meiner Eltern, der mir mal erzählte, dass das voll okay sei mit dem Schwulsein … aber normal wäre das ja nun auch wieder nicht. Das kennen wir alle. Alltagshomophobie. Alltagssexismus. Alltagsrassismus. Alles eine Soße.
Deshalb möchte ich zum Abschluß gern folgendes sagen: Ich werde so tuntig sein, wie ich will. Ich werde aufdringlich sein. Meine Sexualität ist keine Privatsache. Queer sein bedeutet mehr als nur Schwänze zu lutschen, queer sein hat Einfluss auf alles in meinem Leben, auf meine Weltanschauung. Und Tunten sind der glitzernde Riesendildo, der so lange das Loch der Gesellschaft weiten wird, bis Homosexualität nicht mehr wehtut. Wenn jemand das ertragen kann, dann sind es die Tunten. Guten Appetit.
Jurassica Parka
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