Grenzen überschreiten: Das 14. Xposed Queer Film Festival
Zum 14. Mal feiert das Queer Film Festival Xposed durchgeknalltes und experimentelles, poetisches und berührendes Kino der anderen Art. Diesmal im Fokus: Familienbande und lesbische Filmgeschichte
„Bei allen Filmen geht es darum, Normen herauszufordern. Nicht nur die Normen in Bezug auf Gender, Sexualität und Identität, sondern auch die vom gängigen filmischen Erzählen.“ So beschreibt Merle Groneweg das Selbstverständnis von Xposed. In diesem Jahr bringt das Festival, das Groneweg gemeinsam mit Gründer Bartholomew Sammut gestaltet, ganze 17 Langfilme und 8 Kurzfilmprogramme auf die Leinwand. Die Werke sind dabei alles Mögliche, nur eins nicht: konventionell.
Es geht los mit Jeremiah Zagars „We the Animals“. Der Eröffnungsfilm erzählt vom Coming of Age dreier unzertrennlicher Brüder, gesehen durch die Augen des Jüngsten. Jonah entwickelt sich anders als seine Geschwister, anders als der immer wieder gewalttätige Vater. Doch die Fremdheit in der eigenen Familie und seine Fantasie könnten ihn letztlich retten.
Mit dem Thema Familie beschäftigen sich zwei Dokumentarfilme. In „Until Porn Do Us Part“ findet eine 65-Jährige heraus, dass ihr schwuler Sohn gefeierter Pornostar ist. Der Film begleitet die inneren Kämpfe der Mutter, die als gläubige Katholikin im konservativen Portugal selbst unter gesellschaftlichen Zwängen leidet.
In „The Sign for Love“ tun sich der schwule El-Ad und seine lesbische Freundin Yaeli zusammen, um ein Baby zu bekommen. Beide sind gehörlos, ihr Kind wird hören können – das löst im familiären Umfeld Fragen und Ängste aus. „Mother, I Am Suffocating. This Is My Last Film About You“ macht aus der Mutter eine Metapher für die eigene Herkunft. In seinem radikal persönlichen Werk lässt der nach Berlin emigrierte Lemohang Jeremiah Mosese eine Schwarze Frau ein Kreuz durch Lesotho schleppen, begleitet von einem Dragqueen-Engel. Der Film ist ein ästhetisch wunderschönes, tieftrauriges Lamento über den Abschied aus einem Gesellschaftssystem der Armut, Ungleichheit und kolonialer Verletzungen.
Mit „Ver a una mujer“ spürt Mònica Rovira in traumähnlichen Momenten ihrer ersten Liebe nach. „Dykes, Camera, Action!“ begibt sich auf die Spuren lesbischen Filmemachens. Regisseurinnen wie Barbara Hammer, Rose Troche oder Cheryl Dunye beleuchten einen oft unterschlagenen Teil der Kinogeschichte. Überhaupt präsentiert sich das Xposed als Hommage an die im März verstorbene Queer-Cinema-Ikone Barbara Hammer. Zum einen wird ihre experimentelle Doku „Nitrate Kisses“ gezeigt, welche die frühe Filmgeschichte nach geheimen Bildern queeren Begehrens durchforstet. Zum anderen hat das Xposed-Team das Kurzfilmprogramm unter dem Motto „Love Letters to Barbara Hammer“ zusammengestellt.
Die Lust am Spielerischen, an der offenen Form, am Bilderrausch, die viele Werke verbindet, wird so zur Liebeserklärung. Darüber hinaus wird sich ein Panel der Frage widmen, warum es Produktionen von und über Lesben heutzutage immer noch schwer haben. Vielversprechend klingt Marie Losiers Porträt „Cassandro, the Exotico!“ Der schwule Wrestler Cassandro kämpft als selbstbewusster Außenseiter im mexikanischen Macho-Sport, bis sein Körper nicht mehr mitmacht.
Verstörend wird es in „Luk Luk’l“, der in Kanada eine Debatte über ethisch korrektes Filmemachen auslöste. Die Doku spielt zur Zeit der Olympiade in Vancouver, konzentriert sich aber auf fünf Menschen, die am Rand der Gesellschaft so gar nichts mit dem großen Fest der Nation zu tun haben. Der Schmerzgrenzen überschreitende Film wurde gemeinsam mit den Darstellern erarbeitet.
Grenzüberschreitend ist auch „Les Garçons Sauvages“. „Der ist so verrückt, gender bending und fucked up – wir dachten, super, das ist unser Abschlussfilm!“, so Bartholomew Sammut. Eine von Frauen gespielte Bande von Jungs erlebt ein Feuerwerk erotischer Fieberträume. Was für eine irre Orgie.
kittyhawk
SIEGESSÄULE präsentiert:
14. Xposed Queer Film Festival Berlin
09.–12.05.,Moviemento, aquarium
Xposed Eröffnungsparty:
09.05., 23:00, Südblock
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