Szene

Bundeswehr und Axel Springer im SchwuZ: Diskussion um queere Jobmesse

1. Juni 2018
Sticks and Stones 2017 © Gabriele di Stefano

Am 2. Juni 2018 ist wieder „Sticks & Stones“, LGBTI-Jobmesse im SchwuZ. Eine Initiative hat Protest dagegen angekündigt. Grund: die ausstellenden Unternehmen, darunter auch die Bundeswehr

Am morgigen Samstag findet in Berlin wieder die jährliche Job- und Karrieremesse für LGBTI „Sticks & Stones“ statt. Wie schon im letzten Jahr sind Austragungsorte der Messe das SchwuZ und die daneben liegenden Räume des Vollgutlagers. Um die 80 Unternehmen und Organisationen werden dort als Aussteller präsent sein.

Dazu wurde nun Kritik laut: mit einem offenen Brief vom 18. Mai wandte sich die Initiative NoWar Berlin – Gegen Krieg und Militarisierung an das SchwuZ. Man habe „mit Entsetzen festgestellt“, dass auch die Bundeswehr als Aussteller an der Messe beteiligt ist – ebenso Unternehmen wie der Rüstungskonzern ThyssenKrupp, Google, Delivery Hero oder der Axel-Springer-Verlag, die ebenfalls aus unterschiedlichen Gründen zu kritisieren seien. Nun hat NoWar Berlin sogar eine Kundgebung angemeldet, die am Samstag ab 12:00, parallel zur Messe, vor dem SchwuZ stattfinden soll. Die Aktion steht unter dem Motto „Bundeswehr raus aus dem SchwuZ – Keine Werbung für Krieg, Ausbeutung und Überwachung.“

Mit jährlich mehr als 3000 BesucherInnen ist „Sticks & Stones“ die größte Job- und Karrieremesse für LGBTI in Europa. Neben der Messe selbst, auf der sich die AusstellerInnen mit Ständen und Infomaterial präsentieren, gibt es Hilfestellungen für BewerberInnen, Vernetzungstreffen, Workshops und Diskussionen zum Thema „Queer im Job“.

Das SchwuZ solle die Entscheidung rückgängig machen, seine Räumlichkeiten für diese Veranstaltung zur Verfügung zu stellen, fordert NoWar Berlin. Ein Sprecher der Initiative führt gegenüber SIEGESSÄULE aus: „Auf der Internetseite des SchwuZ heißt es: das SchwuZ ist ein offenes Haus für alle! Das kann unserer Meinung nach aber nicht heißen, offen zu sein für KriegstreiberInnen, KriegsprofiteurInnen, rechte HetzerInnen von Springer oder AkteurInnen der Überwachung, Gentrifizierung und Prekarisierung wie Google oder Delivery Hero.“ Das SchwuZ solle sich „mit den Inhalten von Veranstaltungen, die bei ihnen stattfinden, auseinandersetzen.“

Auf Nachfrage der SIEGESSÄULE wollten Marcel Weber und Florian Winkler-Ohm, Geschäftsführer des SchwuZ, sich zu der Debatte um die Jobmesse nicht äußern. Zusammen mit dem Vollgutlager trete das SchwuZ lediglich als Veranstaltungsort der „Sticks & Stones“ auf. „Hinsichtlich der Kritik an den Ausstellern“ verweise man deshalb auf den Veranstalter und Organisator der Messe, Stuart Cameron.

Der zeigt sich, angesprochen auf die Vorwürfe, diskussionsbereit. „Sollten sich Arbeitnehmer kritisch mit ihren Arbeitgebern auseinandersetzen? Ja unbedingt! Aus diesem Grund wurde die Sticks & Stones von mir ins Leben gerufen, weil wir uns kritisch mit Arbeitgebern im Bereich LGBT+ Engagement auseinandersetzen.“

Ablehnung und Diskriminierung aufgrund von sexueller oder geschlechtlicher Identität sei noch immer ein großes Problem auf dem Arbeitsmarkt. Die Messe solle hier Abhilfe schaffen. „Es gibt noch immer zu wenige Unternehmen und Konzerne, die aktiv LGBTI-freundliche Strukturen aufbauen – und innerhalb dieser Unternehmen geht das auch nicht immer ohne Widerstand.“ Kriterium für die Einladung zur „Sticks & Stones“ ist entsprechend, ob ein Unternehmen sich LGBTI-freundlich zeigt.

„Die gesamte Politik eines Unternehmens sollte bei der Beurteilung eine Rolle spielen“, findet dagegen NoWar Berlin. Zum Beispiel sei es „lächerlich, wenn sich ThyssenKrupp auf der Jobmesse als LGBTI-freundliches Unternehmen inszeniert und gleichzeitig U-Boote an reaktionäre Staaten wie Ägypten oder die Türkei liefert – also Staaten, in denen queere Menschen massiver Repression und Verfolgung ausgesetzt sind.“

Veranstalter Stuart Cameron sieht das anders: „Wie bei all unseren Partnern arbeiten auch bei der Bundeswehr und ThyssenKrupp queere Leute aus der Community. Die gilt es zu stärken.“ Wenn man Zweifel an der „Aufrichtigkeit“ eines Unternehmens in Sachen LGBTI-Engagement habe, würden Stichproben durchgeführt und „etwas tiefer ins Unternehmen hinein“ geschaut. „Keiner unserer Partner und Arbeitgeber verstößt gegen geltendes Recht und sie unterstützen LGBTI-Mitarbeiter im kleinen oder großen Rahmen.“

NoWar Berlin entgegnet, man wolle „keinen Dialog mit der Bundeswehr. Sie ist kein normaler Arbeitgeber, sondern eine Institution, die Menschen ausbildet um zu töten.“ Würde die Bundeswehr ausgeladen, würden sie dennoch protestieren. „Die Liste der zu kritisierenden Unternehmen auf der Messe ist zu lang.“

„Wir akzeptieren diese Meinungen und natürlich auch das Recht, dies in einer Demonstration zu äußern,“ sagt dazu Stuart Cameron. „Unsere Besucher sind aufgerufen, sich selbst ein Bild zu machen.“

Elliot Zehms 

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