Performerin Milk: „Drag Race ist totaler Fake“
Milk war Teilnehmerin der sechsten Staffel von „RuPaul’s Drag Race“ und Anfang des Jahres in der „All Stars Edition“. Im Interview spricht sie Klartext über die Show
Die New Yorkerin Milk hat von Anfang an bei „Drag Race“ Aufsehen erregt. Ihre Outfits und Looks sind besonders kreativ. Doch auch als ihr männliches Alter Ego Daniel Donigan ist sie ein ziemlicher Hingucker. Bei den Fans gilt er als einer der attraktivsten Kandidaten, die bei der Show mitgemacht haben. Er wurde bereits für Werbekampagnen von Designlegenden wie Marc Jacobs und Vivienne Westwood gebucht. Im Interview erzählte uns Milk, wie es hinter den Kulissen der Show abgeht
Milk, wer ist deine liebste Queen? Barbra Streisand! Ich hatte gehofft, dass ich sie nach „Drag Race“ treffe. Das ist bisher aber noch nicht passiert.
Du warst dieses Jahr Teilnehmerin von „RuPaul's Drag Race – All Stars Edition“. Eine der Aufgaben war es, eine prominente Künstlerin darzustellen. Du hast dich für Céline Dion entschieden. Warum nicht Barbara Streisand? Bei dieser Lipsync-Performance konnten wir uns nicht selbst aussuchen, wen wir verkörpern wollen. Das wurde uns schon lange vorher von den Produzenten zugewiesen.
Deine Verkörperung von Céline Dion kam ja bei den Jurymitgliedern, und auch bei deinen Konkurrentinnen nicht so gut an. Woran lag's? Ich finde meine Performance nach wie vor ganz gut. Der Auftritt war nicht überragend, aber doch ganz ok. Die Leute hat es nur gestört, dass ich so sehr überzeugt davon war, das ich Celine Dion besonders gut darstellen könnte. Wahrscheinlich wären die negativen Reaktion nicht so extrem ausgefallen, wenn ich mich vorher nicht so von mir selbst überzeugt gegeben hätte.
Auch die Reaktionen der Fans waren sehr negativ. Wie gehst du mit so einer extremen Kritik um? Die Fans spalten sich nunmal in verschiedene Lager. Das ist die Natur der Dinge. Doch „Drag Race“ ist eine Reality-TV-Show, die unterhalten soll. Und als genau das muss man es auch verstehen. Es geht um pures Entertainment und leichten Humor für die Massen. Viele Leute nehmen es viel zu ernst. RuPaul selbst hat schon gesagt, dass man das besser nicht machen sollte.
Wie hast du dich mit den Mädels aus deiner Staffel verstanden? Das gute bei der All Stars-Version ist, dass die meisten sich schon vorher untereinander kannten und zusammen auf Tour waren. Außerdem sind wir ja schon einmal in diesem Format zu sehen gewesen und wissen wie es produziert wird und abläuft. „Drag Race“ ist totaler Fake. Die Produzenten kitzeln bewusst einiges aus uns heraus, um gutes Fernsehen zu machen. Wenn dann eine der Queens vor der Kamera über mich lästert, dann ist mir das total egal, denn ich weiß es geht einfach nur um gutes Entertainment. Und im Grunde sind wir alle mittlerweile alte Showhasen, die wissen, wie das Ganze läuft.
Du bist bekannt für deine sehr künstlerischen, einzigartigen Looks. Wie kommst du auf all die verrückten Ideen? Oft geht es darum, den Leuten einen symbolischen Mittelfinger zu zeigen. Viele haben angenommen, weil ich in der letzten Zeit oft „Boy Looks“ mache, dass ich keinen Bock auf Drag mehr hätte. Daraufhin habe ich mir auf mein Gesicht eine Hand mit langen, bunten Fingernägeln gemalt. Denn meine reizende Kollegin Alaska Thunderfuck singt in einem ihrer bekanntesten Songs: „If you're not wearing nails, you're not doing drag“. Meine Message war: „Ich trage Nägel, also mache ich auch Drag! Ihr Fucker!“
Macht es für dich denn einen Unterschied, ob du einen „Boy Look“ oder einen feminineren Look umsetzt? Nicht wirklich. Mir geht es darum, sehr vielseitig damit umzugehen, was ich alles sein kann. Das habe ich schon von Anfang an so gemacht. Mit Bart und Makeup bin ich Milk. Ohne abgedeckte Augenbrauen und Hüftpolster bin ich Milk. Aber auch wenn ich einen sehr femininen Look trage, bin ich ebenfalls noch Milk.
Du hast mit vielen DesignerInnen gearbeitet. Wer steht noch auf deiner Wunschliste? Thom Browne! Er arbeitet, genau wie ich, viel mit Proportionen und geht gern ins Extreme. Ich selbst bin ja schon sehr groß, aber ich liebe es dazu noch riesige Plateauschuhe zu tragen, oder weit ausgestellte Schultern. Außerdem interessiert Thom Browne sich wenig für ein idealisiertes Weiblichkeits- und Männlichkeitsbild. Das finde ich sehr spannend.
Was können wir in der nächsten Zeit noch von dir erwarten? Ich habe viele Jahre lang Eiskunstlauf gemacht und würde diese Leidenschaft gerne mit meiner Leidenschaft für Drag verbinden. Deshalb arbeite ich an einer Show unter dem Titel „Drag on Ice“. Ich will einfach herausfinden, wie weit Drag sich noch entwickeln kann – ausserhalb von Performances in Nachtclubs und Bars. Das tolle an „Drag Race“ ist ja, dass es mehr Möglichkeiten denn je eröffnet.
Interview: Kaey
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