Lesbische AktivistInnen besetzen Räume der Schwulenberatung
AktivistInnen für ein Lesbenwohnprojekt haben heute eine Protestaktion gestartet
„Ein Haus für Lesben jetzt!“ Das forderten heute AktivistInnen gegenüber der Politik und der Schwulenberatung.
Gegen 16 Uhr zog eine Gruppe von 15 Personen, die beschriftete Umzugskartons und ein großes Banner trugen, symbolisch in den Standort der Schwulenberatung in der Wilhelmstraße ein. Nach einem Gang durch die Räumlichkeiten, verließen die AktivistInnen das Gebäude wieder und breiteten Banner und Umzugskartons noch einmal draußen vor dem Eingang aus. Mit der Aktion sollte die Forderung nach einem Wohnhaus für Lesben unterstrichen werden, das der Verein Rad und Tat – Offene Initiative für lesbische Frauen (RuT) in Berlin seit langem umsetzen will.
Hintergrund der Aktion ist der Streit zwischen RuT und Schwulenberatung um ein Grundstück am Südkreuz. RuT will dort das bundesweit erste, inklusive Wohnprojekt für ältere, frauenliebende und queere Frauen errichten, während die Schwulenberatung auf dem Grundstück einen dritten „Lebensort Vielfalt“ bauen möchte.
„Wir wollen, dass es endlich auch ein lesbisches Wohnprojekt in Berlin gibt", sagt Aktivistin Heike Lischewski. „Von den Frauen, die heute dabei sind, würden viele tatsächlich gerne einziehen."
RuT arbeitet schon seit 2009 an der Umsetzung des Wohnprojektes für circa 80 Bewohnerinnen. Ein Konzeptverfahren um den Standort am Südkreuz an der sogenannten Schöneberger Linse, ausgeschrieben vom Land Berlin, hatte RuT bereits gewonnen. Doch die Schwulenberatung akzeptierte das Ergebnis nicht und ließ das Verfahren juristisch prüfen. Der seit Ende 2016 laufende, dreistufige Entscheidungsprozess, wer das Grundstück bekommen soll, wurde auf die zweite Stufe zurückgesetzt. Wer am Südkreuz bauen darf, darüber wird nun nochmal entschieden. Bis heute, Mittwoch, mussten alle BewerberInnen ihr überarbeitetes Konzept einreichen.
Anlässlich der Deadline richtete sich die heutige Aktion nochmal an die EntscheidungsträgerInnen: der „Gender Gap unterm Berliner Regenbogen" solle beseitigt werden, wie es in der Pressemitteilung der AktivistInnen heißt. Mit den Häusern in der Niebuhrstraße und am Ostkreuz betreibe die Berliner Schwulenberatung zwei Wohnprojekte. Am Standort Wilhelmstraße werde zudem Betreutes Wohnen für schwule Männer mit psychischen Beeinträchtigungen und für Menschen mit HIV/Aids/Hepatitis angeboten. Werde nun doch noch zugunsten der Schwulenberatung entschieden, entstehe „an der Schöneberger Linse bald das vierte schwule Wohnprojekt. Die lesbischen Frauen sind dagegen leer ausgegangen."
Bei der Aktion dabei ist auch Grünen-Abgeordnete Anja Kofbinger, Sprecherin der Fraktion für Frauen– und Queerpolitik: „Ich bin dabei, weil ich einfach die Schnauze voll habe. Seid Jahren kämpfen wir um Gelder für das Wohnprojekt von RuT, für ältere Frauen, aber auch generationenübergreifend. Das Geld ist mittlerweile da, das Land Berlin ist jedoch nicht in der Lage, einen adäquaten Bauplatz zur Verfügung zu stellen.“
„Es gibt kein besseres Beispiel für strukturelle Ungleichheit. Altersarmut ist weiblich!," sagt Dr. Karin Nadrowski, Mitglied von RuT und für die Grünen in der Neuköllner Bezirksvollversammlung. Gerade für Lesben sei es „unheimlich wichtig, Zusammengehörigkeit zu haben, aber auch einen Ort an dem sie wohnen können."
Unabhängig davon, ob die juristischen Einwände gegen das Vergabeverfahren stimmten oder nicht, finde sie das Verhalten der Schwulenberatung „unsolidarisch", sagt Heike Lischewski. Sozialen Trägern ein aufwendiges und auch teures Konzeptverfahren aufzulegen, halte sie prinzipiell für falsch. „Wir hatten schon Gespräche mit politisch Verantwortlichen, die sagen sie hätten daraus gelernt – und für kommende Vergabeverfahren würden sie dies auch anders händeln. Aber das nutzt uns jetzt aktuell nichts."
fs
RuT und Schwulenberatung ungewollt im Konkurrenzkampf
Grundsstücksstreit zwischen RuT und Schwulenberatung
Fotos von der Aktion © jackielynn
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