Interview

Sheila Wolf jetzt als Pin-up-Girl

22. Dez. 2016

Burlesque-Fürstin Sheila Wolf bringt ihren ersten Kalender heraus und kombiniert dabei Glamour mit Charity: Die Einnahmen gehen zu 100 Prozent an mob e. V. / strassenfeger

22.12.16 – Drag queen Sheila Wolf ist eine Ikone des Berliner Nachtlebens. Ihre Burlesque-Outfits sind Kult, ihre Stil unverwechselbar. Sie hostet internationale Events und präsentiert mit wachsendem Zuspruch ihre Vaudeville-Burlesque-Shows in Berlin. Der Erlös ihres ersten Pin-up-Kalenders geht an das Obdachlosenprojekt mob e.V. / Straßenfeger. SIEGESSÄULE-Autor Frank Hermann hat mit ihr gesprochen.

Wieso fiel die Wahl auf mob e.V. / Straßenfeger?

Die konkrete Idee, meine kulturellen Ergüsse mit ein wenig Charity zu verbinden kam mir, als ich zu meiner ersten Vaudeville-Variety-Burlesque- Revue Preise für eine Tombola gesammelt habe. Im Grunde sollte diese Aktion damals ein wenig die Kosten des Events deckeln. Doch bei der zweiten Revue im TIPI am Kanzleramt wollte ich diese Möglichkeit anders einsetzen. Ich laufe offenen Auges durch die Welt und schaue auch hin,  wenn Menschen am Straßenrand stehen und z.B. Zeitungen verkaufen. Ich verlasse diese Personen so gut wie nie, ohne eine Zeitung zu kaufen oder etwas zu spenden. Deshalb kontaktierte ich die Strassenfeger mob e.V., weil ich das Projekt schon immer wunderbar fand. Es geht einfach darum, Menschen in Not zu unterstützen und das auf eine respektvolle Art und Weise. 

Was gab den Anstoß für dieses Kalender-Projekt?
Die Problematik mit den Vertriebenen und Flüchtenden aus Syrien und aus anderen Krisen- und Kriegsgebieten ist furchtbar. Unsere Regierung versucht ansatzweise, den verlorenen Menschen ein Dach über den Kopf zu verschaffen. Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass die Hilfen für Obdachlose nicht mehr im Vordergrund der Bemühungen stehen, weil man diese politisch nicht so gut verkaufen kann. Ich will das auch nicht gegeneinander aufwiegen, aber ich lese von steigender Einkommensarmut und einer steigenden Zahl von Wohnungslosen. Die Notunterkünfte platzen aus allen Nähten und die wenige finanzielle Unterstützung ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Da meine nächste Revue erst wieder im März stattfindet, brauchte ich eine Idee, die auch außerhalb des halbjährigen Turnus etwas zusammenbringt. Die letzten beiden Veranstaltungen haben immerhin knapp 1.500 EUR eingebracht.
Ich wurde nun schon öfter nach einem Kalender gefragt und auch auf die Gefahr hin, dass es manche Menschen narzisstisch und inflationär finden, war es für mich vor allem eine zeitnahe und stemmbare Möglichkeit der Hilfe. Ausserdem versuche ich, dem queeren „PinUp-Bilderbuch“ auch ein wenig Mehrwert zu verleihen und habe alle wichtigen Event- und Premierendaten meiner Lieblingsspielstätten ins Kalendarium aufnehmen dürfen.

Du hast jede Menge Theater bzw. Bühnen im Boot. War es schwer, sie zu überzeugen?
Im Grunde war es einfach. Ausnahmslos alle Theater, die ich angeschrieben habe, fanden die Idee toll und ein paar werden sogar bei der Verbreitung des limitierten Kalenders helfen. Ich liebe die bunte Kultur in Berlin und fand die Idee toll, mal einen Überblick über alle Daten zu bekommen. Ich werde mir wohl selber einen Kalender ins Büro hängen, um die ganzen tollen Stücke in 2017 nicht zu verpassen.

Und die FotografInnen machen alle mit und treten die Rechte ab? Es sind ja sicher eine Menge in deinen 12 „Amtsjahren“ als Sheila Wolf.
Oh jaa … ich hatte die Ehre und das Vergnügen, vor einigen Objektiven sehr kreativer Menschen zu stehen. Mit fast allen der Fotografen bin ich befreundet. Ein paar der Shootings waren Auftragsarbeiten von mir und ein paar der Bilder Kooperationen. Leider konnte ich nicht alle Werke in den ersten Kalender unterbringen und theoretisch gäbe es sogar noch Pulver für 2018 ... aber mal sehen, wie der erste Kalender überhaupt angenommen wird und wieviel Geld für mob e. V. / Strassenfeger zusammenkommt. 

Was sind außerdem deine Pläne fürs Jahr 2017? Was machst du hier in der Stadt und anderswo?
Das Hauptaugenmerk wird auch 2017 auf meinen Burlesque-Veranstaltungen liegen. Es wird wohl zwei große queere Revuen (am 19.3. und vorraussichtlich am 15.10.) im wunderschönen Wintergarten Variete geben, die ich wie immer mit Burlesque, Boylesque, Travestie, queeren Performances, Varieté und Cabaret füllen werde. Vor allem auf den 19. März freue ich mich besonders, da ich es geschafft habe, erstmalig die Nr. 2 der Burlesque Welt, Miss Immodesty Blaize, auf die Bühne zu bekommen. Darauf bin ich schon ein bisschen stolz. Aber auch das restliche Line up ist sehenswert. Außerdem freue ich mich, im Herbst das erste Burlesque-Festival in der Schweiz zu hosten und demnächst mit einem wunderbaren Designer einen glitzernden Traum aus Nichts zu erschaffen und ihn dann auch noch auszuführen. Und dann mal sehen, was noch so kommt. Auf jeden Fall wird es mich auch im verflixten 13. Jahr noch in meiner Rolle als Sheila Wolf geben. In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern einen wunderbaren Jahreswechsel und viel Glück in 2017.

Interview: Frank Hermann

Der Kalender ist erhältlich über Sheilas Website

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