Bis 2020 soll Aids beendet werden
Rote und Grüne haben ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Und siehe da: In Sachen HIV-Prävention wechselt Berlin auf die Überholspur. Bis 2020 soll niemand mehr an Aids erkranken
Das neue Berliner Dreierbündnis legt die Latte hoch. In ihrem Koalitionsvertrag verkünden SPD, Grüne und Linke „eine neue Strategie zur HIV-Prävention“ und bekennen sich zur „Fast-Track Cities“-Initiative. Das ehrgeizige Ziel: keine neuen Aidserkrankungen ab 2020.
Um das Ziel zu verstehen, muss man wissen: Trotz Topmedikamenten starben 2015 etwa 35 Menschen in Berlin an HIV und seinen Folgen, weil sie zu spät von ihrer Infektion erfahren haben. Im internationalen Vergleich ist das wenig, zeigt aber, dass es Lücken in der Gesundheitsversorgung gibt. Unter dem Slogan „Fast-Track Cities“ haben sich deshalb mehr als 60 Großstädte zusammengetan. Sie wollen eine UN-Zielsetzung früher erreichen als andere Regionen. Die Formel lautet „90 – 90 – 90“ und bedeutet: Spätestens 2020 sollen 90 Prozent der HIV-positiven Menschen von ihrer Ansteckung wissen. 90 Prozent von ihnen bekommen die nötigen Medikamente. Bei 90 Prozent der so Behandelten sind keine Viren mehr im Blut zu finden – und Aids kann nicht ausbrechen. Ein Nebeneffekt: Die Therapie macht auch die Übertragung von HIV sehr unwahrscheinlich.
„Die ,Fast-Track Cities’-Initiative ist spannend, weil die Ziele sehr konkret sind“, sagt Carsten Schatz von der Linksfraktion. In einigen skandinavischen Ländern seien sie schon erreicht. „Das ist auch in Berlin machbar“, so Schatz. „Wir haben ja schon ein tolles Netzwerk: Schwerpunktpraxen, spezialisierte Krankenhäuser, gut aufgestellte Gesundheitsämter und Community-Angebote nicht nur für schwule Männer.“ Die bestehenden Angebote will der neue Senat so ausbauen, dass sie mehr Leute erreichen. „Die vielen bewährten Maßnahmen sollen noch besser zusammenwirken“, sagt Carsten Schatz. Ein Werkzeug ist der anonyme Krankenschein. Selbst wer ohne Aufenthaltserlaubnis in Berlin lebt, soll mit ihm eine HIV-Therapie erhalten. Zudem könnten Beratungsstellen zu „Checkpoints“ ausgebaut werden. Neben HIV-Test und Beratung gibt es dort gleich ärztliche Hilfe, etwa ein PrEP-Rezept oder eine Hepatitisimpfung.
Zugleich will der Senat die Ausgrenzung von Menschen mit HIV verhindern. „Zu ,90 – 90 – 90‘ gehört für mich eine Null dazu, nämlich null Diskriminierung von HIV-Positiven“, betont Carsten Schatz. HIV sei kein rein medizinisches Problem, auch die gesellschaft- lichen Umstände spielten eine Rolle. Darum wolle der kommende Senat die „Initiative sexuelle Vielfalt“ vorantreiben. „Es geht nicht nur um Technika und viele Angebote“, so Carsten Schatz. „Wenn wir es nicht schaffen, Menschen zu motivieren, die Angebote auch zu nutzen, werden wir keinen Erfolg haben.“
Philip Eicker
fast-trackcities.org
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