SchwuZ am Rollberg: „Der Ort für eine queere Utopie“
SchwuZ-Geschäftsführer Marcel Weber äußerte sich im SIEGESSÄULE-Interview über die ersten drei Jahre des SchwuZ in Neukölln und über die Zukunft des Szeneclubs
Marcel, 2016 feiert ihr 3 Jahre Rollberg, wie fällt deine persönliche Bilanz aus? Ich empfinde die Entwicklung des SchwuZ aus meiner Perspektive als jahrelanger Begleiter manchmal als fast unglaublich. Besonders stolz bin ich auf mein gesamtes Team, ohne das wir das niemals geschafft hätten. Nach 3 Jahren in der neuen Location sind wir nun vollends und ganz bewusst im Rollbergkiez angekommen und es macht unendlich viel Freude, sich an den zahlreichen Möglichkeiten auszuprobieren, die dieser tolle Standort mit sich bringt.
Der jetzige Standort kommt bei vielen in der Szene extrem gut an, dennoch sind die Räumlichkeiten im Vergleich zu früher sehr groß und nicht immer so leicht zu füllen. Liegen hier für dich im Moment die größten Herausforderungen? Viele Formate sind von Anfang an gut gelaufen, andere sind mit der Zeit deutlich in der Gunst unserer Besucher_innen gestiegen. So einen neuen Ort für sich zu erschließen, braucht schon einige Zeit. Die große Herausforderung und unser täglicher Ansporn liegt für uns in erster Linie darin, spannende und inhaltlich ansprechende Veranstaltungen zu kreieren, auch um unserem Anspruch als Kulturzentrum gerecht zu werden. Eine Party lebt ja in erster Linie von der Begeisterung ihrer Gäste – auch wenn wir uns über zahlreiches Erscheinen natürlich sehr freuen.
Ihr seid in diesem Jahr bewusst und offen auf Refugees zugegangen, egal ob homo oder hetero, und habt darüber hinaus politisch einiges geleistet. Ganz reibungslos ging das nicht ab. Wie seid ihr den Konflikten begegnet? Wir sind in den vergangenen 3 Jahren auf sehr viele für uns neue Zielgruppen zugegangen. Auch auf die Menschen, die neu in unserer Stadt sind. Wir begegnen Konflikten, ganz egal mit wem, stets ohne Argwohn und auch mit dem nötigen Respekt für die Menschen, von denen wir ggfs. Feedback erhalten. Daraus ergeben sich auch für einen diskriminierungssensiblen Raum wie das SchwuZ neue Fragestellungen, die uns weiterlernen lassen. Das bedeutet übrigens nicht, dass jede Kritik immer gerechtfertigt ist. Wir bemühen uns weiterhin darum, hier gemeinsam einen Ort ohne Diskriminierung, Hass und Hetze zu schaffen.
Das SchwuZ versteht sich als ein offenes Haus für alle. Aber gibt es auch Pläne, euch wieder ganz konkret an ein queeres Publikum zu wenden und wenn ja, wie? Das SchwuZ versteht sich in erster Linie als Schutzraum für diverse queere Communities. Für Januar 2017 haben wir eine fantastische Party geplant, die es in dieser Form bisher in Berlin noch nicht gibt und die sich explizit an ein queeres, aufgeschlossenes Publikum richtet. So viel sei jetzt schon verraten: Middle Eastern Beats, HipHop, Trap und 'Diva-Pop' stehen im Mittelpunkt der musikalischen Ausrichtung. Wir werden in Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartner_innen (u.a. Berries) großen Wert auf ein diverses Booking bei DJs und Live-Acts legen. Empowerment und Sichtbarmachung von Weiblichkeiten ist hier ein wichtiges Stichwort. Auch werden wir Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen aktiv in die Organisation und Umsetzung miteinbeziehen.
Und ganz generell: Was sind eure Pläne für die Zukunft? Natürlich werden wir uns weiterhin mit aller Liebe und Energie, die wir haben, in die Arbeit stürzen und ein attraktives Programm für unser Publikum anbieten. Darüber hinaus werden wir uns der Frage widmen, wie Menschen noch häufiger, etwa auch mal tagsüber, in den Genuss des SchwuZ kommen könnten. Langfristig sind Stichworte wie ,SchwuZ mal draußen‘ oder Kooperationen mit anderen Locations schon mal ein grober Hinweis, in welche Richtung es gehen könnte. Und da 2017 das SchwuZ-Jubiläumsjahr ist, lässt unser Plan vermuten, dass wir noch mindestens weitere 40 Jahre der Ort für eine queere Utopie sein wollen.
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