30 Jahre Vorspiel

Der Vorspiel SSL Berlin e. V. ist Deutschlands zweitgrößter schwul-lesbischer Sportverein mit 1.250 Mitgliedern. Im November feiert Vorspiel sein 30-jähriges Bestehen.
Ist ein schwul-lesbischer Sportverein heute überhaupt noch notwendig? Carsten und Tom zögern keine Sekunde: „Ja!“, platzt es aus beiden gleichzeitig heraus. Sie lachen. Wir sitzen in der Schöneberger Geschäftsstelle des Vorspiel Sportverein für Schwule und Lesben Berlin e. V., unweit der Szeneläden rund um den Nollendorfplatz. Der 1986 – ursprünglich nur für schwule Männer – gegründete Verein ist nach dem Kölner SC Janus der größte seiner Art in Deutschland. Mitte der 90er-Jahre öffnete sich Vorspiel auch für Frauen, die heute ein Achtel der Mitglieder stellen. Zusammen mit Seitenwechsel, dem Berliner Sportverein für FrauenLesbenTrans*Inter* und Mädchen, stellt Vorspiel die meisten Sportangebote für LGBTIs in Berlin zur Verfügung.
Doch warum braucht es Vereine wie diesen? „Viele finden es wichtig, sich nicht erklären zu müssen“, erzählt Vorstandsmitglied Carsten. Er kümmert sich seit 2011 um die Öffentlichkeitsarbeit von Vorspiel. „Unser ehemaliges Vorstandsmitglied Karl-Heinz, der leider vor drei Jahren verstorben ist, kam nach seiner Pensionierung zu uns. Er hatte schon mehrere Sportvereine ausprobiert und war irgendwann genervt von Fragen wie ,Was machen denn Ihre Kinder?‘ oder ,Was macht Ihre Frau?‘ und wollte nicht länger rumdrucksen.“ Der Verein begreift sich als Schutzraum für LGBTIs, als ein Ort „wo man sein kann, wer man ist“, sagt Carsten. Solange es ein gesellschaftliches Klima der Ablehnung gebe, solange wird es auch Vereine wie Vorspiel geben müssen, erklärt er.
Bis zur vollen Anerkennung als Sportverein hatte Vorspiel einen steinigen Weg vor sich. So musste Ende der 80er-Jahre die Aufnahme in den Landessportbund vor Gericht ausgefochten werden. Grund für die Weigerung war der „anstößige Name“ von Vorspiel. Auch die Aufnahme in den Berliner Leichtathletik-Verband (BLV) gestaltete sich schwierig. Einige Mitglieder des BLV sahen in den Vereinsmitgliedern von Vorspiel eine „Gefährdung anderer, besonders jugendlicher Mitglieder, zum Beispiel beim gemeinsamen Duschen“, liest Tom unter Lachen aus einer alten Stellungnahme vor. Heute, betont Carsten, sind die Beziehungen zu allen Verbänden sehr gut, das zeige sich auch in der freundschaftlichen Zusammenarbeit. So organisierte Vorspiel 2016 zusammen mit MANEO – dem schwulen Anti-Gewalt-Projekt in Berlin und unterstützt durch den BLV zum zweiten Mal das Sportfest Setz ein Zeichen.
Über 30 Sportarten bietet der Verein an, von Aerobic bis Yoga. Der neueste Trend heißt Functional Training, aber auch „klassische“ Sportarten wie Volleyball und Tennis werden angeboten. Rein rechnerisch kann man bei Vorspiel rund um die Uhr Sport treiben. Über 70 Trainingstermine gibt es pro Woche.
Abseits aller sportlichen Erfolge erinnert man sich im Verein gern an die Zusammentreffen und Feiern. Tom blieb vor allem die 10-Jahres-Feier im frisch renovierten Abgeordnetensaal im Rathaus Schöneberg im Gedächtnis. Dort tagte bis 1993 das Berliner Abgeordnetenhaus. Als eine der ersten Gruppen durfte Vorspiel den neuen Raum nutzen – und dekorierte die Decke mit hunderten Luftballons in Regenbogenfarben. „Die mussten am nächsten Tag natürlich alle wieder weg“, erinnert sich Tom, „also haben wir die alle zerstochen. Das gab einen Höllenlärm! Und es waren Kinder im Rathaus, die haben dann mitgemacht. Die hatten einen Riesenspaß, das war eins meiner schönsten Erlebnisse.“
Die nächste Party steigt am 11. November: Mitglieder und FreundInnen des Vereins feiern 30 Jahre Vorspiel im SchwuZ mit Karaoke, Show, Wettbewerben, Foto-Ecke, Live-Performances, DJs und anderen Überraschungen. Karten gibt es im Vorverkauf (12 Euro) und an der Abendkasse (15 Euro). Ein Teil des Erlöses geht an soziale Projekte, die an diesem Abend bekannt gegeben werden.
Ronny Matthes
SIEGESSÄULE präsentiert
30 Jahre Vorspiel, 11.11., 21:00, SchwuZ, Show u. a. mit Billa Christe, Herr von Keil, Tigris,
Party ab 23:00
vorspiel-berlin.de
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