Pride International

Asyl ohne Wenn und Aber für verfolgte LSBTI – Asylrecht muss Wahlkampfthema werden

20. Juni 2013
Boris Dittrich (Leiter des LGBT-Programms von Human Rights Watch, Berlin), Menschenrechtsaktivistin Olga Lenkova (Coming Out, Russland), Moderatorin Ines Pohl (taz-Chefredakteurin), Artiom Zavadovsky (GENDERDOC-M, Moldau), Markus Löning (Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung)

Während draußen vor dem Panoramafenster der niederländischen Botschaft die Schiffe von „CSD auf der Spree“ vorbeituckerten, fand Donnerstag Abend innen eine – übrigens sehr gut besuchte – Podiumsdiskussion zum Thema LSBTI in osteuropäischen Staaten statt. Dort wird die Situation immer schlimmer. Das wird im Westen bedauert und es wird ja auch einiges getan: Die EU schreibt sorgenvolle Noten, auch deutsche PolitikerInnen äußern barmendes Mitleid, nichtstaatliche Organisationen bemühen sich. Aber was will man auch machen?

Gleichstellung: angekommen in der bräsigen national eingezäunten Bürgerlichkeit, die sich selbst genügt?

„Es ist ja nicht leicht, so ein großes Land wie Russland, das auch noch so viel Öl und Gas hat, unter Druck zu setzen“, sagte eine der geladenen osteuropäischen AktivistInnen mit gar nicht mal so leisem Sarkasmus. Recht hat sie: Deutschland hält sich auffällig zurück mit Kritik an Putins neuen Hetz-Gesetzen gegen LSBTI – man will ja die guten Handelsbeziehungen nicht gefährden. „Wie können wir in Deutschland russischen Schwulen, Lesben und Trans* helfen? Einen Fluchttunnel nach Moskau graben?“, fragte die Berliner Aktivistin Chicago Rose aus dem Publikum. Das ist gar nicht nötig: „Demnächst sind in Deutschland ja Wahlen“, kommentierte Moderatorin Ines Pohl.

Das ist nicht zu leugnen – genauso wenig ist zu leugnen, dass es die WählerInnen und damit auch die Schwul-Lesbisch-Bi-Trans*-Intersexuellen sind, die entscheiden, was für ein Asylrecht wir als Recht empfinden. Hinsichtlich der LSBTI, die weltweit verfolgt und teilweise in lebensbedrohlichen Situationen sind, ist das die Frage: Lehnt man sich nun zurück, da die Homo-Ehe in Deutschland so gut wie durch ist? Bedeutet das Erreichen der Gleichstellung die Ankunft in der bräsigen, national eingezäunten Bürgerlichkeit, die sich selbst genügt? Oder sorgt das Kreuz auf dem Wahlzettel dafür, dass Menschenrechte wirklich etwas Universelles werden – bekommen wir endlich ein Asylrecht, dass Homosexualität ohne Wenn und aber als Asylgrund anerkannt wird? Fragen Sie ihren örtlichen Politiker, gehen Sie Ihrer örtlichen Politikerin auf die Nerven mit dieser Frage. Es wird höchste Zeit.
Christian Mentz

Hinweis auf weitere Veranstaltung (FB-Eventseite):

Leben als Geächtete - Homosexuell in Russland, 18 Uhr, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin

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