Film

Kartell des Schweigens: „Spotlight“, ab 25.02. im Kino

25. Feb. 2016
Das Reporterteam des Boston Globe bei der Arbeit in Tom McCarthys Film „Spotlight“ © 2016 Paramount

„Spotlight“ geht am Sonntag mit sechs Nominierungen ins Rennen um die Oscars. Minutiös schildert das Journalistendrama die Enthüllung eines großen kirchlichen Missbrauchsskandals

Der systematische massenhafte Missbrauch von Kindern unter dem Dach katholischer Kirchen ist noch lange nicht vollständig aufgearbeitet, wie sich beim kürzlich veröffentlichten Zwischenbericht zum Ausmaß der Vorfälle bei den Regensburger Domspatzen zeigte. Wie perfide und ausgeklügelt das Kartell des Kirchenapparates agierte, um die Opfer zum Schweigen zu bringen und die Täter zu schützen, das führt Tom McCarthys „Spotlight“ exemplarisch am Beispiel von Boston vor.

Nur durch hartnäckige jahrelange Recherchen gelang es dem Reporterteam des Boston Globe (gespielt u. a. von Michael Keaton, Mark Ruffalo und Rachel McAdams), das Ausmaß der Missbrauchsfälle und die dahinter liegenden Strukturen in der Kirchenhierarchie bloßzulegen. Gleichzeitig wird auch die Abhängigkeit des Zeitungsverlages von der überwiegend katholischen Leserschaft thematisiert.

McCarthy hat für seinen Film die Form eines betont nüchtern erzählten Dokudramas gewählt, das den Zuschauer detailliert Schritt für Schritt an den Recherchen teilhaben lässt. Den Blick ganz auf das Reporterteam und dessen Ermittlungen fokussiert, arbeitet sich der Film penibel an den belegbaren Fakten entlang und vermeidet bewusst jegliche künstliche Dramatisierung oder Skandalisierung. Was den Jungen angetan wurde, muss nicht ins Bild gesetzt werden. Die inzwischen erwachsenen Opfer es aussprechen zu lassen ist beklemmend und erschütternd genug. Und während in der öffentlichen Debatte um Missbrauch im kirchlichen Umfeld der Zölibat als einzige Ursache für sexuelle Gewalt diskutiert wird und Pädophilie und Homosexualität oft in einen Topf geworfen werden, setzt McCarthy nicht auf solche Vereinfachungen.

Geradezu exemplarisch steht hier die Geschichte eines schwulen Jungen, der in einer homophoben Umgebung aufwuchs und mit seiner sexuellen Orientierung von einem sich verständnisvoll gebenden Priester als ideales Opfer erkannt worden war. Das Gespräch einer Boston Globe-Journalistin mit dem mittlerweile erwachsenen, aber in seinem Selbstwertgefühl dauerhaft beschädigten Mann dauert nur wenige Filmminuten, gehört aber zu den emotionalen Höhepunkten dieses Oscarfavoriten.

Axel Schock

Spotlight, USA 2015, Regie: Tom McCarthy, mit Mark Ruffalo, Michael Keaton, Rachel McAdams, Liev Schreiber, ab 25.02. im Kino

Folge uns auf Instagram

Das Siegessäule Logo
Das Branchenbuch mit Haltung
Queer. Divers. Überzeugend.